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Josef F.: Ein Psychogramm

Josef F. in jungen Jahren
Josef F. in jungen Jahren
Was geht im Kopf von Josef F. vor? Diese Frage wird einiges entscheiden. Verteidiger Mayer will seinem Mandanten die Regelhaft ersparen und ihn in eine Psychiatrie eingewiesen sehen.

Josef F. war als Vergewaltiger vorbestraft – eine Strafe, die verjährt und aus den Akten gelöscht war, als er begann, seine eigenen, durch Inzest gezeugten Kinder zu adoptieren. “Wenn ich gewusst hätte, dass Herr F. wegen eines Sexualdelikts vorbestraft ist, hätte er kein einziges Kind bekommen”, schwört Bezirkshauptmann Heinz Lenze, in dessen Zuständigkeit auch die Adoptionen fielen.

“Prototyp des Psychopathen

Doch unabhängig davon: F. ist kein “typischer” Sexualstraftäter.

Fritz Lackinger, der Leiter der psychotherapeutischen Ambulanz am Forensisch-Therapeutischen Zentrum Wien, der schon mehr als ein paar Sexualstraftäter begutachtet hat, hält den Fall F. für “einzigartig”.

F. hat als “Prototyp des psychopathischen Täters” nicht nur seiner eigenen Tochter 24 Jahre ihres Lebens gestohlen, er hat ihr auch noch eingeredet, dass sie an ihrer Lage selbst schuld sei. Ein Umstand, den F. auch freimütig zugibt: Er habe ihr immer wieder gesagt, dass ihre Einkerkerung ihre Schuld sei, weil sie Drogen genommen habe, sagte F. in den Verhören.

Der Hintergrund: F. glaubt, sie beim Schnüffeln von Lösungsmitteln erwischt zu haben, seine Tochter leugnet diese Behauptung. So oder so: 24 Jahre Kerker und sexuelle Dienste sind keine Strafe für den Missbrauch einer Flasche Lösungsmittel, selbst wenn dieser stattgefunden haben sollte.

Kein Einfühlungsvermögen, nur Macht

“Ein Psychopath”, sagt Lackinger, “handelt ohne Schuldgefühl.” Er verfügt nicht über das Einfühlungsvermögen anderer, sondern konzentriert sich darauf, Macht auszüben, und auf die Einschätzung von Menschen in Bezug auf diese Machtausübung. Wer akzeptiert sie, wer kämpft dagegen an?

“F. war ein Einzelgänger, der nur seiner Macht vertraut hat. Die anderen, die für ihn Bedeutung hatten, mussten schwach und kontrollierbar sein.” Psychopathen halten “die Guten” stets für schwach – “und wer schwach ist, der lässt sich beherrschen.” Aus dieser Sicht richtig gedacht, denn gerade “die Guten” sind immer wieder bereit, ihrem Gegenüber eine neue Chance zu geben und lassen sich so wieder und wieder auf die gleiche Weise ausnutzen.

Psychopathen legen Schwäche allerdings auch so aus, dass “jemand, der schwach ist, der wird sich abwenden”: Illoyalität! Diese Vorstellung erzeugt bei Psychopathen Verachtung und Wut, gerichtet gerade gegen jene, die sie als “ihnen Anvertraute”, von ihnen Abhängige, erleben.

Reue ist im Einzelfall möglich, eine Änderung selten. Eine Argumentation, die auch Anwalt Mayer nützt, denn wo eine Besserung durch Haft nicht anzunehmen ist, da wird die angestrebte Einweisung in eine psychiatrische Anstalt als Option wahrscheinlicher.

Josef F. rechnet mit lebenslanger Strafe
Anwalt fordert Psychiatrie statt Haft

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