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Jeder stirbt für sich allein - Trailer und Kritik zum Film

Wiederveröffentlichungen und Neuübersetzungen haben den 1947 erschienenen Anti-Nazi-Roman "Jeder stirbt für sich allein" zuletzt weltweit erneut zum Bestseller gemacht.

Der Schweizer Regisseur Vincent Perez setzt in seiner Adaption weniger auf die Kraft der Geschichte als auf die Präsenz von Schauspielstars wie Emma Thompson und Daniel Brühl. Das wirkt kraftlos und flach.

Jeder stirbt für sich allein – Die Handlung

Die für den Film notwendigerweise verkürzte Geschichte hält sich im Kern an die Vorlage: Das Berliner Arbeiterehepaar Anna (Emma Thompson) und Otto Quangel (Brendan Gleeson) beginnt nach dem Soldatentod des Sohnes gegen den Faschismus zu kämpfen. Mitten im Krieg schreiben die beiden Postkarten mit Aufrufen zum Widerstand gegen Hitler und legen sie an öffentlichen Plätzen ab. Kommissar Escherich (Daniel Brühl) und die Gestapo sind ihnen auf der Spur. Die beiden wissen um die Gefahr, doch sie geben nicht auf.

Jeder stirbt für sich allein – Die Kritik

Am überzeugendsten ist Daniel Brühl als Polizeikommissar. Glaubhaft porträtiert er einen Mann, der auf der Suche nach den Quangels mehr und mehr in einen Gewissenskonflikt gerät. Wenn er am Ende für sich eine dramatische Entscheidung fällt, ist das absolut nachzuvollziehen. Präsenz und Authentizität des mit Hits wie “The First Avenger: Civil War” auch international erfolgreichen deutschen Stars dürften dessen Karriere weiter beflügeln. Die Regie hält Emma Thompson (“Bridget Jones’ Baby”) und Brendan Gleeson (“Suffragette – Taten statt Worte”) zu grobem Spiel an. Man nimmt den beiden Charakterdarstellern in keinem Moment die von ihnen verkörperten Figuren ab. Die Quangels wirken wie Bilderbuch-Proletarier, ihre Dialoge aufgesagt, emotional aufgeheizte Momente muten durchweg theatralisch an. Spannung oder gar Anteilnahme kommen deshalb nicht auf.

Zudem riecht der Film nach Pappmaché-Kulissen. Auch die Zeichnungen des Milieus sind schematisch: Im Mietshaus der Quangels gibt es so gut wie keine Nazis. Dadurch entwirft der Film das falsche Bild einer Arbeiter- und Mittelschicht in Hitlers Deutschland, die den Wahn des Faschismus’ durchweg abgelehnt hat und nur nicht so mutig war wie die Quangels, Widerstand zu wagen. Hans Fallada hielt in seinem Roman den Mitläufern den Spiegel vor. Hier werden sie fälschlicherweise pauschal entschuldigt. Inszenatorisch erreicht der Film lediglich Mittelmaß. Vincent Perez (“In deiner Haut”) setzt zu oft aufs Grobe. Da springt zum Beispiel eine verfolgte Jüdin in den Tod und sofort wird gezeigt, wie ein Gauner der Gestorbenen das Armband vom Handgelenk reißt. Mit grellen Momenten wie diesem wird das überwiegend von Feigheit, Anpassung und Ohnmacht gezeichnete Leben unter Hitler nicht differenziert erfasst. Wie hier, so kommt der Film nie übers Holzschnittartige hinaus.

Fallada wurde zu seinem Roman von einer wahren Geschichte angeregt: Das Berliner Ehepaar Otto und Elise Hampel hat zwischen 1940 und 1942 tatsächlich Postkarten gegen Hitler ausgelegt. Beide wurden 1943 von den Nazis hingerichtet. Helden wie sie haben einen besseren Film verdient als diesen. Wer sie kennenlernen will, sollte das Buch zur Hand nehmen. Es ist nach wie vor lesenswert.

>> Alle Filmstartzeiten zu “Jeder stirbt für sich allein”

(APA)

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