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Jazz Fest Wien: Scofield findet Frohbotschaften in der "Piety Street"

©Nick Suttle
Mit einem musikalischen Kaleidoskop von sanft bis psychedelisch, von glatt bis schräg, vom Funk bis zum Rock-Zitat huldigte Gitarren-Vorarbeiter John Scofield am Dienstagabend beim Jazz Fest Wien dem Gospel.

“Piety Street” (Emarcy/Universal) heißt das jüngst erschienene Album mit Gospel-Klassikern, das der Gitarrist nun live präsentiert. Und Gospel in den Händen von Scofield, das hat nicht unbedingt etwas mit dem Klischee der mitklatschenden Dauerfröhlichkeit zu tun, wie sich im Wiener WUK zeigte.

Das ehemalige Wiener Fabriksgelände wurde ein überkonfessionelles Gebetshaus des Klanges, und dort herrschte (neben Saunatemperaturen) wahrlich kein Ein-Gott-Glaube: Reichhaltig wie die Knallchargen der antiken griechischen Götterwelt waren die rasch wandelnden Charaktere, die Scofield seiner Gitarre abrang. In den Soli, die mit sattem Klang und manchmal durchdringender Lautstärke aufgeboten wurden, tauchten abgeklärte Emotionen ebenso auf wie Witzfiguren, pure Blues-Gefühle wie augenzwinkernde Zitate aus dem 70er-Jahre-Rock.

Und dabei warb Scofield abseits von auftrumpfender Virtuosität stark um Zugänglichkeit – der Gospel war, angenehmerweise, nicht zur Vorlage für gitarristische Selbstbeweihräucherung degradiert. Was Scofield an Obertönen, Rückkoppelungen, Klangexperimenten und unterspielten Noten aufbrachte, hatte Sinn und Seriosität. Von letzterem etwas zu viel – Kanten oder Aufregendes suchte man vergeblich.

“Ninety Nine And A Half” Prozent sind nicht genug, war das Thema der gleichnamigen Nummer kurz vor der Pause. Dass Scofield so gut wie jeden Stil von Bebop bis Funk mit 200 Prozent Intensität und ebenso viel musikalischer Wandelbarkeit spielen kann, hat er auch bei seinem Flanieren entlang der “Piety Street” bewiesen. Zu bedauern war aber eine spürbare Unverbindlichkeit der Band, die sich mit dem Charme von weit überqualifizierten Hochzeitsmusikern durch die Gospelnummern spielte. So war man zurückgeworfen auf Scofield, der sein redlichstes tat.

Das Resultat war durchaus unterhaltsam. Nicht mehr, nicht weniger.

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