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IT-Konkurrenz zwingt Autobauer zum Umdenken

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Die IT-Giganten sitzen der Automobilindustrie im Nacken: Um im Rennen um selbstfahrende Autos und neue Mobilitätsdienste vorne dabei zu sein, gehen Autobauer und ihre Lieferanten reihenweise Partnerschaften mit Technologiefirmen und Start-ups ein.

Daimler arbeitet an einer neuen Konzernstruktur, um sich bei Bedarf leichter mit anderen zu verbünden – oder weniger zukunftsträchtige Bereiche abgeben zu können. Continental denkt darüber nach. Der Umbau der PS-Branche dürfte nach Meinung von Experten in den nächsten Jahren an Fahrt gewinnen, auch weil der Schwenk in die Elektromobilität die Unternehmen viel Geld kostet.

Um das nötige Kapital und Know-how für den technologischen Wandel zu bekommen, schlagen Experten den Autofirmen vor, den Konkurrenzgedanken zurückzustellen und stärker zusammenzuarbeiten. Dafür kämen sowohl branchenübergreifende Partnerschaften als auch Zusammenschlüsse infrage.

“Autohersteller werden an Fusionen nicht vorbeikommen”

“Autohersteller werden an Fusionen nicht vorbeikommen, wenn sie den Kampf mit den großen Technologiekonzernen um die Vorherrschaft nicht verlieren wollen”, ist Dieter Becker von der Unternehmensberatung KPMG überzeugt. Vor allem für Massenhersteller führe kein Weg an Zusammenschlüssen vorbei. Der Experte rechnet vor, dass die 50 größten Autohersteller an der Börse heute zusammen nur noch etwa ein Fünftel der 15 größten Technologiekonzerne wert sind. Vor acht Jahren seien sie noch auf 40 Prozent gekommen. Investoren könnten daraus ihre Schlüsse ziehen und Autofirmen künftig meiden.

Andere Fachleute halten es auch für möglich, dass der Druck auf Unternehmen steigen könnte, sich aufzuspalten und Teile zu verkaufen oder an die Börse bringen. Die Ratingagentur Moody’s befürchtet, dass die Bonität wegen des enormen Kapitalbedarfs beim Umbau der Branche leiden könnte. Dazu trage auch bei, dass mit rein batteriebetriebenen Autos bis Anfang des nächsten Jahrzehnts voraussichtlich kaum Geld verdient werde.

Die Autobranche befindet sich im Wandel

Axel Schmidt von der Beratungsfirma Accenture schätzt, dass sich die Autobranche in den kommenden Jahren stark verändern wird: “Neue Spieler treten auf. Einzelne, vor allem kleinere, etablierte Firmen suchen Unterstützung – siehe Opel, siehe Volvo.” Opel gehört seit kurzem zum PSA-Konzern. Volvo ist im Besitz des chinesischen Autobauers Geely. “Die neuen Technologien verändern sich schnell und machen Experimente nötig. Das verlangt nach einer Flexibilität, die Fusionen nicht bieten – Partnerschaften dagegen schon”, sagt Schmidt. “Ein Mega-Konsortium wird niemand mehr kaufen oder zusammenkaufen. Man wird sich in wechselnden Partnerschaften aneinander binden.”

Große Konzerne mit vielen Töchtern und Beteiligungen stehen auch in anderen Branchen nicht mehr hoch im Kurs. Siemens etwa will einen flexiblen “Flottenverbund” unter einer gemeinsamen Marke schaffen, um bei Krisen Bereiche abstoßen zu können. Eine gemeinsame Dachmarke als Klammer für einen Verbund mit Firmen aus der IT-Industrie könnte auch Modell für die Autoindustrie sein. Volkswagen hat die zentrale Steuerung seiner zwölf Marken von Wolfsburg aus gelockert, um schneller entscheiden zu können.

“Die Autobauer sollten stärker zusammenrücken und Wertschöpfungsketten untereinander aufteilen”, schlägt KPMG-Experte Becker vor. Die Unternehmen müssten sich auf ihre Kernkompetenzen besinnen, nicht jeder müsse mehr alles selbst entwickeln und bauen. “Sie sollten sich überlegen, wer welche Kompetenz hat, vielleicht auch zum Teil zum Komponentenfertiger werden.” Das verlangt ein Umdenken in einer Industrie, in der jeder seinen eigenen Weg verfolgt. “Die Westeuropäer kämpfen noch eher gegeneinander und merken gar nicht, dass um sie herum eine ganz andere Welt entsteht”, sagt Becker. In China sei man schon weiter – auch weil der Staat dort die Entwicklung lenkt.

(APA/Red)

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