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Ist die Mindestsicherung zu niedrig?

Johannes Huber schreibt in seinem heutigen Gastkommentar über die Mindestsicherung.
Johannes Huber schreibt in seinem heutigen Gastkommentar über die Mindestsicherung. ©APA/Barbara Gindl
Gastkommentar von Johannes Huber. Bei der Sozialhilfe würde es einigen Politikern gut anstehen, von der Almosenidee wegzukommen.

Warum sich die Wiener ÖVP noch nicht den Freiheitlichen angeschlossen hat, ist schwer zu sagen. Inhaltlich ist sie von diesen jedenfalls kaum zu unterscheiden, seit Gernot Blümel vor zwei Jahren die Führung unternommen hat. Zusammengefasst erweckt auch sie den Eindruck, dass die Bundeshauptstadt exakt drei Probleme hat: Zu viele Autofahrerschikanen, Ausländer und Sozialschmarotzer.

Letzteres kam diese Woche wieder einmal bei den schwarz-blauen Reaktionen auf die geplante Mindestsicherungsreform zum Ausdruck: Generelle Kürzungen würden ausbleiben, so die Kritik. Die Stadt bleibe ein Magnet für Zuwanderer, die sich derzeit in den übrigen Bundesländern aufhalten. Das heißt im Umkehrschluss, dass man nur darauf achten muss, dass möglichst viele möglichst wenig bekommen. Dann hört sich das mit der Anziehungskraft der Donaumetropole auf. Und überberhaupt!

Das ist jedoch genauso daneben wie der naiv-linke Ansatz, wonach man jedem, der behauptet, Geld zu brauchen, einen Anspruch auf ein paar Scheine geben muss; und zwar unbefristet. Grüne und Sozialdemokraten haben bei der vorliegenden Reform jedoch bewiesen, dass sie weiter sind: Gerade bei Jungen soll demnach endlich mit dem Ansatz ernst gemacht werden, dass die Mindestsicherung keine Dauer-, sondern eine Start- oder Überbrückungshilfe ist. Das Arbeitsmarktservice und der Magistrat sollen sich zusammenschließen und sich gemeinsam um die Leute kümmern. Und wenn einer meint, er könne ihre Angebote ignorieren, dann soll er bestraft werden.

Das ist gut. Entscheidend ist jedoch, dass das auch umgesetzt wird: Das größte Problem zurzeit ist ja, dass die Mindestsicherung mehr oder weniger ungeschaut ausbezahlt wird. Und dass nicht weiter darauf geachtet wird, ob sich jemand bemüht, auf eigene Beine zu kommen, oder nicht.

Wenn man dieses Problem nun wirklich überwindet, dann könnte man irgendwann sogar darüber reden, ob es nicht sinnvoll wäre, Leistungen wie die Mindestsicherung zu erhöhen, aber stärker zu befristen: Das nämlich wäre ein echter Anreiz, schneller zu einem ordentlichen Job zu kommen; im besten Fall wäre dann finanziell auch eine vernünftige Weiterbildung drinnen. Was letzten Endes naturgemäß zum Vorteil aller gereichen würde.

Wer Hilfsbedürftige dagegen von vornherein beschneidet, erntet eine Verarmung größerer Bevölkerungsteile. Und er wird nebenbei auch die Zuwanderung nicht eindämmen: Dass die meisten, die nach Österreich kommen, irgendwann in Wien landen, ist ja weniger auf rot-grüne Politik zurückzuführen. Es ist vielmehr ein ganz gewöhnliches Phänomen, dass die einzige Metropole des Landes die mit Abstand meisten Fremden anzieht. Grund: Wenn, dann stoßen sie hier auf Landsleute und finden so am ehesten Anschluss.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.

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