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Israel: Chaos auf allen Ebenen

Der israelisch-palästinensische Konflikt steuert angesichts der bevorstehenden beiderseitigen Wahlen auf einen neuen Höhepunkt zu. Ariel Sharon will "Roadmap" aufkündigen.

Israels Regierungschef Ariel Sharon will nach Informationen der Tageszeitung „Maariv“ den internationalen Nahost-Friedensfahrplan („Roadmap“) aufkündigen und sich um die Unterstützung der US-Regierung für die Annexion von Teilen des besetzten Westjordanlandes bemühen. Im Gaza-Streifen entgleitet der palästinensischen Regierung immer mehr die Kontrolle. Rund 200 palästinensische Polizisten haben am Montag vorübergehend mehrere Regierungsgebäude in Rafah besetzt. Sie wollten nach eigenen Angaben gegen das Versagen der Führung unter Präsident Mahmoud Abbas bei der Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung protestieren.

Wie „Maariv“ ohne Quellenangabe am Montag meldete, wolle Sharon sein einseitiges Vorgehen mit dem Versagen der palästinensischen Führung bei der Eindämmung radikaler Gruppen begründen. Dazu sind die Palästinenser im Rahmen des vom so genannten Nahost-Quartett (USA, UNO, EU, Russland) ausgearbeiteten Friedensfahrplanes verpflichtet, der einen unabhängigen und existenzfähigen palästinensischen Staat zum Ziel hat. Laut dem Zeitungsbericht, den ein Sprecher des Ministerpräsidenten in Jerusalem nicht kommentieren wollte, möchte Sharon, der sich am Donnerstag einer Herzoperation unterzieht und im März zur Wiederwahl stellt, seine neuen Pläne nach den palästinensischen Parlamentswahlen Ende Jänner publik machen. Auch Sharons Abzugspläne aus dem Gaza-Streifen waren im vergangenen Jahr auf ähnliche Weise erstmals öffentlich bekannt geworden.

Erste Gespräche mit Vertretern der US-Regierung hätten bereits stattgefunden, hieß es in dem „Maariv“-Bericht. Konkret wolle Sharon Dutzende von Siedlungen im Westjordanland aufgeben, um im Gegenzug große Teile des besetzten Gebietes zu annektieren. Die israelische Armee hat unterdessen mit der Verstärkung der Truppen an der Grenze zu Ägypten begonnen, um nach eigenen Angaben Waffenschmuggel in den Gaza-Streifen zu bekämpfen. Innenminister Gideon Ezra sagte im Rundfunk, die Palästinenser hätten zahlreiche Flugabwehrraketen aus Ägypten in den Gaza-Streifen geschmuggelt. Israel müsse unbedingt sicherstellen, dass die Waffen nicht in das Westjordanland gelangten.

Die israelische Luftwaffe hat am Montag wieder Angriffe gegen mutmaßliche Stützpunkte palästinensischer Extremisten im Gaza-Streifen geflogen. Ziel war unter anderem ein Gebäude der regierenden Fatah nahe Khan Younis. Mehrere Fatah-Mitglieder haben eine Verschiebung der Parlamentswahlen gefordert. Präsident Abbas hat dies bisher abgelehnt. Grund für die Forderung seien die chaotische Sicherheitslage und die Drohung Israels, eine Abstimmung in Ostjerusalem zu verhindern, teilten etwa 20 Fatah-Kandidaten am Sonntag mit. Abbas hatte ihnen zuvor nicht erlaubt, ihre Kandidatur zurückzuziehen. In jüngsten Umfragen liegt die Fatah derzeit vor der radikalen Hamas in Führung.

In den palästinensischen Gebieten trafen am Montag 36 Delegierte der Europäischen Union ein. Sie sollen die Wahlen beobachten. Unter ihnen seien auch zwei Sicherheitsexperten, sagte die Chefbeobachterin, die Europaabgeordnete Veronique de Keyser. Um Entführungen vorzubeugen, seien strikte Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden. Die Beobachter seien unbewaffnet und würden von palästinensischen Sicherheitskräften geschützt. „Es wäre ein schlechtes Signal, nicht nach Gaza zu gehen“, sagte de Keyser. Die EU-Beobachter bezogen ihre Büros in Ramallah, Hebron und Nablus im Westjordanland sowie im Gaza-Streifen.

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