In Island genügt eine einfache Mehrheit zum Wahlsieg. “Ich hätte nicht gedacht, dass es zwischen mir und Halla so knapp würde”, sagte Johannesson am Sonntag in Reykjavík. Er hatte als klarer Favorit gegolten.
Der fünffache Vater hatte neben dem Wahlerfolg noch einen Grund zum Feiern: Am Sonntag wurde er 48 Jahre alt. Die isländische Sängerin Johanna Vigdis Arnardottir brachte dem frisch gewählten Präsidenten ein Ständchen und sang in Anlehnung an Marilyn Monroes Song für US-Präsident John F. Kennedy “Happy Birthday, Mr. President”.
Wegen des sensationellen Erfolgs der Isländer bei der Fußball-EM hatten Experten mit einer geringen Wahlbeteiligung gerechnet. Laut vorläufigen Zahlen stimmten aber mehr als 185.000 von 245.000 Wahlberechtigten ab – mehr als erwartet. Damit auch die Inselbewohner wählen konnten, die zur EM in Frankreich sind, hatte das Innenministerium ein Wahllokal im Camp des Nationalteams in Annecy eingerichtet. Als großer Fußballfan wollte Johannesson mit seiner Familie nach Nizza reisen, um das Achtelfinalspiel “unserer Fußballjungs” gegen England am Montag zu sehen.
Nach den Enthüllungen der Panama Papers über Briefkastenfirmen in Steueroasen, die Islands Regierungschef Sigmundur David Gunnlaugsson zum Rücktritt gezwungen hatten, war das Vertrauen der Isländer in ihre Politiker geschwunden. Viele Landsleute hatten Johannesson bestärkt, sich für den Präsidentenposten zu bewerben. Der Historiker war mit seinen Auftritten als Experte im Fernsehen bei einem breiten Publikum auf der Nordatlantik-Insel beliebt.
Am 1. August folgt Johannesson auf Präsident Olafur Ragnar Grimsson. Grimsson hatte nach 20 Jahren und fünf Amtszeiten nicht mehr antreten wollen. Seine erste große Aufgabe hat Johannesson, wenn im Herbst das neue Parlament gewählt wird. Der Präsident hat repräsentative Aufgaben, kann aber auch ein Veto gegen Gesetzentwürfe einlegen und spielt eine entscheidende Rolle bei der Regierungsbildung.