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Iran: Gang zum Sicherheitsrat?

Im Streit über das iranische Atomprogramm zeichnet sich ein Gang vor den UN-Sicherheitsrat ab. Iran jedoch sieht dafür keine Basis. Iran: Wenig vertrauenswürdig

Bei einem Treffen der fünf Vetomächte in London sprachen sich überraschend auch Russland und China dafür aus, den Konflikt vor das höchste UN-Gremium zu bringen. Der Iran warnte am Dienstag, ein solcher Schritt würde das „Ende der Diplomatie“ bedeuten. Die endgültige Entscheidung über eine Anrufung des UN-Sicherheitsrats liegt beim Gouverneursrat der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO/IAEA), der am Donnerstag zu einer Sondersitzung zusammentritt.

„Das iranische Dossier an den UN-Sicherheitsrat weiterzuleiten, wäre nicht konstruktiv und das Ende der Diplomatie“, sagte der iranische Chefunterhändler Ali Larijani laut einem Bericht des staatlichen Fernsehens. Er kritisierte insbesondere, dass auch die bisherigen Verhandlungspartner Teherans – Deutschland, Frankreich und Großbritannien – für eine Einschaltung des Sicherheitsrats eintraten. Frankreich und Großbritannien unterzeichneten gemeinsam mit den übrigen Vetomächten USA, Russland und China eine entsprechende Erklärung, auch der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier war bei dem Treffen zugegen.

„Die Europäer sollten aufmerksamer sein. Der Iran hat zum Dialog aufgerufen und bewegt sich in die Richtung einer Vereinbarung auf friedlichem Wege“, sagte Larijani. Der iranische Vizepräsident Gholamresa Aghasadeh kritisierte laut einem Bericht der Studenten-Nachrichtenagentur ISNA, es gebe „keine rechtliche Basis dafür, den Iran vor den UN-Sicherheitsrat zu bringen“. Noch sei nicht sicher, ob der IAEO-Gouverneursrat der Empfehlung der fünf Vetomächte folgen werde.

In ihrer am Montagabend in London unterzeichneten Erklärung empfehlen die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats, das Gremium solle sich im März mit dem iranischen Atomprogramm befassen – nach Veröffentlichung eines IAEO-Berichts zu den atomaren Aktivitäten Teherans.

Bisher hatten sich China und Russland, die wirtschaftlich eng mit dem Iran zusammenarbeiten, gegen eine Anrufung des Weltsicherheitsrats gesperrt. Bei dem Treffen in London konnten die Außenminister der beiden Staaten nach Aussage französischer Diplomaten jedoch von der Notwendigkeit eines geschlossenen Auftretens gegenüber dem Iran überzeugt werden. Ob Moskau und Peking auch UN-Sanktionen gegen den Iran unterstützen würden, blieb offen.

Nach der Einigung der fünf Vetomächte im Weltsicherheitsrat zum iranischen Atomprogramm hat Russland die Entscheidung herunterzuspielen versucht. Die Außenminister von Russland, China, Großbritannien, Frankreich und der USA hätten sich nur darauf verständigt, den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen über das Ergebnis der Sondersitzung bei der Internationalen Atomenergieorganisation zu informieren, zitierte die Nachrichtenagentur ITAR-TASS den russischen Außenamtssprecher Michail Trojanski am Dienstag. Falls der Sicherheitsrat der UNO überhaupt in Aktion treten solle, dann frühestens im März, „wenn der Gouverneursrat der IAEO sich erneut trifft“.

Der libysche Ölminister Fathi Hamed Ben Shatwan warnte vor einem Anstieg des Ölpreises, sollte die IAEO tatsächlich eine Anrufung des Weltsicherheitsrats beschließen. Der Iran ist der zweitwichtigste Produzent innerhalb der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC), deren Vertreter am Nachmittag zusammentreffen wollten. „Alle befürchten, dass etwas passieren wird“, sagte Shatwan.

Der Iran hat allerdings nicht vor, seine Öl-Exporte zu stoppen. Dazu habe das Land keinen Grund, sagte Öl-Minister Kasem Wasiri am Dienstag. Zwischen dem Atomstreit und den iranischen Öl-Exporten bestehe keine Zusammenhang, fügte er hinzu. Die diplomatischen Bemühungen zur Lösung des Konflikts um das iranische Atomprogramm würden andauern, sagte Wasiri zudem.

“Militärische Lösung muss die letzte sein”

Bei einem Militärschlag gegen den Iran wegen des Atomprogramms könnte Teheran weltweit zurückschlagen. Davor warnte Walid Phares, Politikexperte von der Washingtoner Stiftung für Verteidigung und Demokratie, am Dienstag bei einem Pressegespräch in Wien. Deshalb sei die Militäroption die absolut letzte Option in der iranischen Atomkrise.

Reuel Gerecht vom Washingtoner „Enterprise Institute“ betonte, die Änderung des Regimes im Iran sei zwar die langfristigste, jedoch die beste Option. Wenn ein Militärschlag durchgeführt werden müsste, dann so schnell wie möglich. Gerecht befürchtet, eine iranische Atombombe könnte den nuklearen Wettlauf in Saudiarabien, Ägypten und der Türkei einleiten. Deshalb sei die iranische Atombombe gefährlicher als die nordkoreanische. Der Iran unter Präsident Mahmoud Ahmadinejad wolle den kompletten Atomzyklus beherrschen. „Das ist total klar“, sagte Gerecht.

Der Iran würde angesichts der politischen Veränderungen in Afghanistan, im Irak und im Libanon den Bau der Atombombe forcieren, sagte Phares. Die Gefahr gehe von der Demokratisierung dieser Staaten aus, die für die Bevölkerung als Vorbild fungieren könnte.

Die USA hätten nach der offiziellen Aufdeckung des iranischen Atomprogramms 2003 der EU die Verhandlungen überlassen, da sie selbst mit dem Irak beschäftigt gewesen seien und nicht erneut mit EU-Staaten in Konflikt geraten wollten. Präsident Ahmadinejad habe nun jedoch die kosmetischen Verhandlungen zwischen der EU und dem Iran zerstört.

Deshalb gehöre Frankreich gemeinsam mit Israel bezüglich des iranischen Atomprogramms derzeit zu den pessimistischsten Staaten. Eine französische Studie habe ergeben, dass wirtschaftliche Sanktionen anders als zunächst angenommen sehr wohl dem Regime in Teheran schaden würden. Doch Berlin reagiere derzeit „allergisch“ auf eine solche Aktion. Die USA und Großbritannien würden zudem Verhandlungen noch gerne mehr Zeit einräumen.

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