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Innen Leben - Trailer und Kritik zum Film

Bevor man ihn sieht, hört man ihn - den Krieg. Er klingt nach Hubschraubern, Schüssen, Explosionen. Dann in ein bläuliches Licht getauchte Bilder einer zerstörten Straße, von Schutt und Trümmern. Schließlich blickt die Kamera in eine Wohnung, in der sich eine syrische Familie verbarrikadiert hat. Eine eindringliche Anfangssequenz.

Der Spielfilm “Innen Leben” (“InSyriated”) des Belgiers Philippe van Leeuw (Regie und Drehbuch), der nun in den Kinos startet, erzählt vom Überlebenskampf der Bewohner, für die ihr Zuhause der letzte sichere Ort und gleichzeitig ein Gefängnis ist. Ein beklemmendes Kammerspiel, das einen so schnell nicht wieder loslässt. Auf der diesjährigen Berlinale gewann “Innen Leben” den Publikumspreis der Nebenreihe Panorama.

Innen Leben – Die Handlung

Mitten im Bürgerkrieg in Syrien versucht die Hausherrin (Hiam Abbas), eine Art Alltag aufrechtzuerhalten. Mittags trifft man sich am Esstisch, der Enkel lernt mit dem Opa und bringt ihm einen Tee. Das Dienstmädchen soll das Bad putzen und frisches Wasser organisieren. In einem der Zimmer sitzen Halima und ihr Mann Samir mit ihrem Baby, sie wollen das Land verlassen. Samir muss noch einiges organisieren. Draußen trifft ihn ein Schuss, er bleibt liegen, wie die Hausangestellte Delhani beobachtet und der Madame erzählt. Die verdonnert sie zum Schweigen. Sie findet es zu gefährlich, tagsüber aus dem Haus zu gehen.

Innen Leben – Die Kritik

“Innen Leben” zeigt Menschen in einer extremen Situation. Nichts ist mehr sicher, Gewalt und Tod sind allgegenwärtig, Hoffnung und Zuversicht nur leere Worte. Wie sagt der Großvater, als die Hausherrin durch die zugezogenen Vorhänge nach draußen schaut, um zu sehen, was mit Samir geschehen ist: “Vergiss die Welt da draußen, sie zählt nicht mehr.” Die Bewohner sind auf sich allein gestellt, niemand hilft ihnen. Sie hören, wie drei Männer in der über ihnen gelegenen zerbombten Wohnung nach etwas suchen, wie sie an der Tür klopfen und drohen und es schließlich schaffen, hereinzukommen. Alle verstecken sich in der Küche – bis auf Halima, die aus Angst um ihr Baby im Wohnzimmer bleibt und vergewaltigt wird.

Der Regisseur verzichtet auf explizite Gewaltszenen und Spezialeffekte. “Ich denke, dass man anfälliger ist für einen gewissen Realismus und Emotion, wenn man anstatt wegzuschauen, versucht zu sehen, aber nichts oder so wenig erkennen kann, so dass man die fehlenden Bilder im Kopf ergänzen muss. Nur dann kann jede Art von Emotionen einschließlich Terror wirklich über die Leinwand erlebt werden.” Das gelingt Van Leeuw und seinen großartigen Darstellern – die abgesehen von der Mutter und Halima alle syrische Flüchtlinge sind, wie es auf der Webseite zum Film weiter heißt.

Die Niedertracht und das Böse im Menschen werden allzu deutlich. Aber auch die Größe und das Gute sind zu sehen, etwa wenn Kareem und eines der Mädchen den schwer verletzten Samir zurück in die Wohnung holen. Berührend auch die Szene, in der sich eine der beiden Schwestern bei Halima entschuldigt und so deutlich wird, wie traumatisiert die Bewohner sind. “Innen Leben” zeigt einen Tag im Leben der Eingeschlossenen – wie es nach den 24 Stunden der Enge, der Angst und der Bedrohung weitergeht, bleibt offen.

Der Film, im Libanon gedreht, ist auch eine Anklage: Die Politik hat es bislang nicht geschafft, den Krieg in Syrien zu beenden. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen starben bereits deutlich mehr als 400.000 Menschen. Der Bürgerkrieg zähle damit zu den opferreichsten Konflikten seit 1945. Jeder zweite Mensch aus Syrien hat demnach seine Heimat verlassen oder ist als Binnenflüchtling an einen anderen Ort im Land geflohen.

>> Alle Filmstartzeiten zu “Innen Leben”

(APA)

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