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Altkanzler Schüssel wusste im U-Ausschuss wenig über Hypo

Bei Spaziergang mit FMA-Chefs will sich Schüssel nur allgemein informiert haben
Bei Spaziergang mit FMA-Chefs will sich Schüssel nur allgemein informiert haben ©APA
Einen selbstsicheren Auftritt hat Altkanzler und Ex-ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel am Mittwoch als Auskunftsperson im parlamentarischen Hypo-Untersuchungsausschuss hingelegt. Er sagte, die Hypo sei vor allem zu Beginn seiner Amtszeit noch eine Erfolgsgeschichte gewesen. Mit Bekanntwerden der Swapverluste 2006 habe sich das gedreht. Schüssel redete nur im Ausschuss, aber nicht mit Journalisten.
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Schüssel-Zitate: "Für Sie Herr Doktor"

Im Ausschuss hatten die Regierungsparteien SPÖ und vor allem die ÖVP wenige Fragen an den früheren Regierungschef – und wenn, dann eher allgemeine. Schüssels Partei, die ÖVP, sprach im Vorfeld in Sachen seiner Ladung von einer “Show”. Für manche Beobachter auffallend zurückhaltend gab sich heute auch die FPÖ.

Grüne, NEOS und Team Stronach hatten mehr Aufklärungsinteresse bei Schüssel. Sie brachten diesen dazu, mit Blick auf die Aufsichtsbehörden – von denen die FMA in Schüssels Amtszeit gegründet worden war – zu sagen: “Ich will das nicht heiligsprechen. Es sind auch absolute Fehler passiert.” Der Ex-Kanzler fügte aber auch an: “Erstverantwortlich sind aber Wirtschaftsprüfer und Aufsichtsrat.”

Schweigsamer Startschuss für Schüssel-Show:

Im Ausschuss hatten die Regierungsparteien SPÖ und vor allem die ÖVP wenige Fragen an den früheren Regierungschef – und wenn, dann eher allgemeine. Schüssels Partei, die ÖVP, sprach im Vorfeld in Sachen seiner Ladung von einer “Show”. Für manche Beobachter auffallend zurückhaltend gab sich heute auch die FPÖ.

Schüssel: “Es sind auch absolute Fehler passiert”

Grüne, NEOS und Team Stronach hatten mehr Aufklärungsinteresse bei Schüssel. Sie brachten diesen dazu, mit Blick auf die Aufsichtsbehörden – von denen die FMA in Schüssels Amtszeit gegründet worden war – zu sagen: “Ich will das nicht heiligsprechen. Es sind auch absolute Fehler passiert.” Der Ex-Kanzler fügte aber auch an: “Erstverantwortlich sind aber Wirtschaftsprüfer und Aufsichtsrat.”

Dass die BayernLB Kaufinteresse an der Hypo hegte, hieß der Ex-Kanzler gerade wegen der Swapverluste willkommen, wie er ausführte. Nach Schüssels Amtszeit, die im Jänner 2007 endete, kauften die Bayern die Kärntner Skandalbank Mitte 2007 schließlich auch – Ende 2009 folgte die Notverstaatlichung.

Erinnerung an Spaziergang nur allgemein

An einen Spaziergang 2006 mit den früheren FMA-Vorständen erinnerte sich Schüssel nur allgemein. Dass ihm Ex-FMA-Vorstand Heinrich Traumüller gesagt habe, die Hypo sei “wie ein Sportflugzeug im Nebel unterwegs”, wusste Schüssel nicht mehr. Er habe sich nur allgemein über die Situation in der heimischen Bankenlandschaft erkundigt. Traumüller und sein Vorstandskollege Kurt Pribil hätten Schüssel nur gesagt, sie hätten “alles unter Kontrolle”, es gebe “Probleme mit einzelnen Banken und ein Amtsenthebungsverfahren gegen Hypo-Vorstände”. “Mehr war nicht”, so Schüssel zu Verfahrensrichter Walter Pilgermair.

In Abrede stellte Schüssel, dass er in seiner Funktion als ÖVP-Chef den früheren Kärntner ÖVP-Chef Georg Wurmitzer zum Rücktritt gebracht habe, weil dieser gegen eine Hypo-Wandelschuldanleihe war und die Landeshaftungen kritisch sah. Wurmitzer hatte seinen Nachfolger als Kärntner ÖVP-Chef, Josef Martinz, später als “Mehrheitsbeschaffer” für den früheren Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider und dessen FPÖ, mit der Schüssel im Bund koalierte, bezeichnet.

“Für Sie Doktor Schüssel”

Einige Male wirkte Schüssel auch etwas belehrend – auch gegenüber Verfahrensrichter Pilgermair. Von diesem wollte der Ex-Politiker, dass er präzisere Fragen stellen möge. Zu Team-Stronach-Mandatar Robert Lugar sagte Schüssel, als dieser ihn mit “Herr Schüssel” anredete: “Für Sie Doktor Schüssel.”

HYPO-U-AUSSCHUSS: BERLIN
HYPO-U-AUSSCHUSS: BERLIN ©Der als Zeuge geladene Ex-Hypo-Vorstandsvorsitzende Tilo Berlin im Rahmen einer Sitzung des parlamentarischen HYPO-Untersuchungsausschusses am Mittwoch. Foto: APA

Gleich in seiner Erstbefragung hielt der frühere Hypo-Investor und -Chef Tilo Berlin fest, dass er alles, was er zu Protokoll gebe, unter den “Erinnerungsvorbehalt” stelle – dies mit Blick auf frühere U-Ausschuss-Aussagen und wohl auch Vernehmungsprotokolle. Er habe von der Hypo-“Bad-Bank” Heta auch “viele Klagen am Hals”. “Freunde sind das leider nicht zur Zeit”, so Berlin Richtung Heta.

Von Verfahrensrichter Walter Pilgermair zu den Kontakten zur Aufsicht befragt, die Tilo Berlin nach seinem Einstieg mit seiner Berlin & Co S.a.r.l. und seiner Tätigkeit als Hypo-Chef hatte, meinte Berlin, dass man sich einmal vorgestellt habe, nach dem Anteilserwerb. Einmal sei er in recht rauem Ton von FMA-Vorstand Heinrich Traumüller am Telefon wegen “unserer Investorenliste” angerufen worden, weil sich in der Liste einige Veränderungen ergeben hätten.

Nach dem Einstieg der BayernLB, eingefädelt von Berlin & Co, sei Berlin mit BayernLB-Chef Schmidt unverzüglich zu FMA und Nationalbank um sich vorzustellen. Der Einstieg der Bayern sei jedenfalls positiv aufgenommen worden, sagte Berlin heute. “Nicht mitgegeben wurden die zahlreichen Bedenken, die im Ausschuss hier genannt wurden – etwa von dem Sportflugzeug im Nebel”, sagte Berlin. Angesprochen auf kritische Aufsichtsberichte zur Hypo Alpe Adria meinte Berlin, dass es bei jeder Bank kritische Berichte gebe.

Berlin: Mit Haider nur einzelne Kontakte

Mit dem früheren Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider habe er nur einzelne Kontakte gehabt, die mit seiner Arbeit als Banker und später als Vermögensberater zu tun gehabt hätten. Er sei ja nur “Gast” gewesen in Österreich, so Berlin.

Der Kaufpreis der Bayern Mitte 2007 sei einer gewesen, den die Berlin & Co gerade noch als attraktiv gewertet habe. Die Münchner bezahlten für 50 Prozent und eine Aktie an der Kärntner Hypo-Bank 1,625 Mrd. Euro. Berlin bewertete die ganze Hypo mit 3,5 bis 4 Mrd. Euro. Auch innerhalb der Berlin & Co hätten unterschiedliche Meinungen zum Verkauf geherrscht. Jener Mehrbetrag, den Bayern im Vergleich zu Berlin beim Einstieg bezahlte, sei eine Mehrprämie für den Erwerb der Mehrheit an der Hypo gewesen. Mit dem mehrheitlichen Einstieg sei auch klar gewesen, dass die Bayern die wirtschaftliche Führung in der Hypo übernehmen, so Berlin.

Teils widersprüchliche Aussagen von Berlin

Berlin sorgte mit teils widersprüchlichen Aussagen zu seiner Rolle als Hypo-Investor im U-Ausschuss für Aufsehen. Er verneinte zunächst auf Nachfrage des NEOS-Abgeordneten Rainer Hable, dass er beim von ihm eingefädelten Hypo-Einstieg selbst investierte hätte, verwies dann aber auf ein Investment der Berlin & Co, an der er 30 Prozent hielt.

“Haben Sie in den Deal selbst investiert oder eine Firma von ihnen?”, fragte Hable. “Nein”, antworte Berlin. Nach Vorlage eines Mails von Berlins Geschäftspartner im Hypo-Deal, Matthias Hink, korrigierte er seine Aussage. “Es kann sein, dass die Berlin & Co. investiert hat”. In dem Mail von Hink wird als Investor eine Berlin AG Invest mit 16 Mio. Euro und eine Berlin AG mit 2,5 Mio. Euro angeführt. Dieses Mail sei “nichts fertiges” gewesen, betonte Berlin. “Was war die letzte Aufstellung”, wollte der NEOS-Mandatar wissen. Berlin konnte sich an Details des Deals nicht erinnern, bestätigte aber die Zahl von 2,5 Mio. Euro.

Hable wollte wissen, warum bei der dritten Tranche des Hypo-Deals im Juni 2007 nur ein “exklusiver Kreis” von 18 von 70 Investoren dabei war, der von der BayernLB finanziert wurde. Verfahrensrichter Walter Pilgermair unterbrach, um die Auskunftsperson auf ihr Entschlagungsrecht hinzuweisen, auch wenn ihn die Antwort persönlich auch “sehr interessieren” würde. Berlin wies die Aussage von Hable zurück, dass es sich um ein “risikoloses Geschenk” für Investoren gehandelt habe, weil es damals schon klar gewesen sei, dass die BayernLB kurz darauf einsteige. Die kroatische Nationalbank wollte damals die Übernahme der Hypo Alpe Adria durch die BayernLB verhindern, erinnerte Berlin.

“Sondierungsgespräch” mit Grasser im Herbst 2006

Der Grüne-Fraktionsführer Werner Kogler befragte Berlin zu seinem Kontakt mit dem damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Er habe “im Herbst 2006” ein “Sondierungsgespräch” mit Grasser geführt um vorzufühlen, ob es politischen Widerstand gegen einen Hypo-Einstieg der Investorengruppe Berlin gegeben würde. Der Termin hat laut Berlin rund 20 Minuten gedauert. Grasser habe “nicht gesagt, Finger weg von der Sache, sondern why not?”. Ein weiteres Mal sei er vor Weihnachten 2006 bei Grasser gewesen, als die Berlin-Investorengruppe bei der Hypo eingestiegen sei und habe erläutert, was man vorhabe.

Kogler hielt dem Ex-Vermögensverwalter ein Schreiben im Namen von Berlin an Grasser vor, in dem der damalige Finanzminister Grasser als Hypo-Investor geködert hätte werden sollen. Berlin wollte das Schreiben mit dem Hinweis auf das Geschäftsgeheimnis nicht kommentieren. “War Herr Grasser ein Kunde von ihnen?”, wollte Kogler wissen. Berlin verweis auf seine Nicht-Entbindung vom Geschäftsgeheimnis der Berlin & Co, an der er keine Anteile mehr hält.

“Ja damals war mein Ruf noch intakt”, sagte Berlin, als er auf das Vertrauen der BayernLB in ihn angesprochen wurde, die Hypo als Tochter ab Mitte 2007 in den Münchener Bankkonzern zu integrieren – als Vorstandschef der früheren Hypo Alpe Adria, nachdem er in diese investiert und Anteile weiterverkauft hatte.

Berlin: Hatte nicht den Plan, Bankchef zu werden

Grundsätzlich hätten die Bayern “mit der Hypo einen Wachstumsplan gekauft, basierend rein auf Ertragswerten”. Er selbst habe nicht den Plan gehabt, Bankchef zu werden. Vielmehr habe ihm das tendenziell gar nicht ins Konzept mit seiner eigenen “kleinen” Firma gepasst, die er verlassen habe müssen, so Berlin am Mittwoch im U-Ausschuss. Schon vor seinem Einstieg als Investor sei ihm die Hypo als “Wachstumsstory” präsentiert worden. “Uns wurde gesagt, die Bank ist eine Wachstumsmaschine”, gab sich Berlin eigentlich leichtgläubig. Die Swap-Affäre sei als “Ausrutscher” dargelegt und die Hypo als “bestgeprüfte Bank Österreichs” dargestellt worden.

Später sei er dann auf Wunsch der BayernLB Vorstandschef geworden. Als solcher stellte sich Berlin im Hypo-U-Ausschuss beim Erlangen des staatlichen Partizipationskapitals 2009 als von den Bayern benutzt dar. Auch hinter seinem Rücken hätten die Bayern das Aus der Balkanstrategie geplant, ihn und den weiteren Vorstand Wolfgang Peter praktisch vorgeschickt, um zu verhandeln.

Erst nach dem Jahreswechsel 2008/2009 habe er, Berlin, vom BayernLB-Chef Michael Kemmer erfahren, dass es Strategieänderungen geben solle. Die Bayern hätten eine “knallharte Notbremse” geplant, die Berlin so nicht goutierte. Es habe einen “tiefen Dissens” zwischen ihm und den Bayern gegeben über die weitere Wachstumsstrategie der Hypo. Ab Februar 2009 habe er dokumentiertermaßen Widerstand gegen Kemmers Kurs geleistet. “Ich wollte Feingefühl beim Anpassen der Märkte”, sagte Berlin heute. Im Zweifelsfall wäre es besser für die Bayern, die Hypo ganz loszuwerden als zu verstümmeln, habe er damals nach Bayern ausgerichtet. (APA)

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