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Hitler, Huhn und Hölle! Das neue Album von Christoph & Lollo

Ihre Schispringerlieder kennt mittlerweile fast jeder. Das von Wien aus wirkende Duo Christoph & Lollo setzt sich geistig leichtfüßig und spielerisch über die Grenzen von Kleinkunst und Musik hinweg...

So souverän, dass die Frage ob Christoph und Lollo jetzt Musiker oder Kabarettisten sind, schon lange – sie tun das, was sie tun, jetzt auch schon wieder seit 1995 – keine Rolle mehr spielt.

Christoph und Lollo spielen in ihrer eigenen Liga, werden dabei 2007 zunehmend ebenso vom klassischen Kabarett-Publikum akklamiert, wie ihnen ihre angestammte Fan-Basis, die sie sich nach ihrem Auftauchen in der Radio FM4-Sendung „Salon Helga“ von Stermann & Grissemann erspielt haben, gerne treu bleibt.

„Hitler, Huhn und Hölle!“, das fünfte Album, bietet allen Zuhörerschichten des Duos 11 neue potentielle Lieblingslieder. Vom eröffnenden „In der Hölle brennen“, das sich – dramaturgisch korrekt! – mit dem Thema „Türsteher“ auseinandersetzt, bis zum abschließenden „Selbstbehalt“, einer längst überfälligen musikalischen Annäherung an das Thema „Versicherung“. Trotz aller negativen Implikationen, die dabei mitschwingen mögen, übrigens durchaus zum Mitsingen!

Überhaupt „Mitsingen“: Die Lieder von Christoph & Lollo eignen sich hervorragend dazu, nicht selten funktionieren einzelne Zeilen als kleine Mantras in alltäglichen Situationen. Wie sie auch mehr als genügend Stoff zum oft herzhaften Lachen bieten. Gerne – leider – wird allerdings übersehen, dass sich über die Jahre eine Menge Lieder und Worte angesammelt haben, die, ohne dass dabei die allzeit bedeutungsschwere Sinn- und Emotionskeule „ernsthafter“ Singer / Songwriter geschwungen wird, das Nachdenken und „Ernstnehmen“ lohnen. Lollo folgt dabei dem kreativen Ansatz „Lieder über Themen zu schreiben, über die es noch keine Lieder gibt“ und schreibt das Material in ständigem Austausch mit Christoph – „er muss das schließlich alles singen“.

Schon mit der Schöpfung des eigenen Genres „Schispringerlieder“, von dem sich das Duo mit dem 2005 erschienen Album „Trotzdemtrotz“ verabschiedete, war klar, dass Lollo Lieder macht, in denen sich eine Menge Welt- und Medien-Beobachtungen, eigene Lebenserfahrung(en) sowieso, in pointierter, wortwitziger, aber eben nicht ausschließlich witziger Form widerspiegeln. „Hitler, Huhn und Hölle!“ hat mit „Hitler war am Opernball Teil 1 und 2“ unter anderem ein kleines Stück (Gesellschafts-) Zeitgeschichte zu bieten. Die Reime, die sich Christoph & Lollo auf jenes kuriose Ereignis machen, bei dem ein als Gröfaz verkleideter Schauspieler den Wiener Opernball besuchte, sind nicht nur köstlich, es zeigt sich auch, dass, obwohl das alles schon im Jahr 2000 (!!!) passiert ist, die Geschichte immer noch sehr gegenwärtig ist. Und das auch bei den deutschen Nachbarn, „wo bei jedem Auftritt mindestens ein Mensch über die damaligen Vorkommnisse Bescheid weiߓ.

Viel unmittelbarer vor dem Studiotermin ist „Sponsoren“ entstanden, ein weiterer Höhepunkt dieses Albums von Christoph & Lollo, mit dem sie ein Thema aufgreifen, dass geradezu auf der Straße liegt: Die fortschreitende Durchwirkung der Populärkultur mit Produktplacement und der Umstand, dass „einem so viele Popstars unbedingt etwas verkaufen wollen.“ Es wären nicht Christoph & Lollo wenn sie sich einfach nur darüber lustig machen oder moralisierend erheben würden. Der Song bringt die eigenen Ambivalenzen zum Thema „Marketing“ herrlich auf einen breiten, diskussionswürdigen Punkt. Dahinter steht unter anderem die Frage, warum eigentlich die Kulturtechnik, die Signale dieser speziellen Kommunikationsform lesen zu lernen nicht mehr gefördert wird.

Nicht nur thematisch leichtgewichtiger kommt „Das glücklichste Huhn der Welt“ daher, zum Klavier entfalten Christoph & Lollo ein fast klassisch anmutendes Kabarett-Chanson, das man sich gut vom seligen Bronner gesungen vorstellen kann. Mit vielen anderen Glanztaten wie einem tatsächlich aufklärerischen Lied über Sex („Wir brauchen ein Lied“), der Positionierung an der Seite der Hebammen gegen die Götter in Weiß („Hebammen-Lied“) und überfälligen Anmerkungen zur E-Card („Krankenschein“) füllt das ein kurzweiliges Album aus, dessen knapp 40 Minuten mehrmaliges Hören geradezu fordern – , um sich auch das Lied noch zu erschließen, das man bislang noch nicht so genau gehört hat.

„Ein wenig besser vorbereitet“ seien sie diesmal ins Studio gegangen, gibt Lollo zu Protokoll. Das manifestiert sich in dem schon erwähnten Klavier, ein paar launigen Chören, einer Flöte (!) und noch ein paar ja, wirklich hübschen Details. Ohne dass das Ergebnis aber von der unvergleichlichen Unmittelbarkeit verliert, die ein aktuelles Album dieses Duos immer zur hochwillkommenen Gelegenheit macht, sich ihren Witz, ihre Klugheit, ihre spielerische Musikalität in komprimierter (live kann das ja bekanntlich bis zu drei Stunden dauern …) Form nach Hause zu holen. Zum Immer-wieder-Hören.

www.christophundlollo.com

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