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Hiroshima-Jahrestag - Hitler hätte die Bombe als erster haben können

Im Dezember 1938 entdeckte Otto Hahn die Kernspaltung, im Juli 1945 explodierte die erste Atombombe.
Im Dezember 1938 entdeckte Otto Hahn die Kernspaltung, im Juli 1945 explodierte die erste Atombombe. ©EPA
Dem deutschen Chemiker Otto Hahn gelang im Dezember 1938 in seinem Labor im Kaiser-Wilhelm-Institut in Berlin etwas, das er ursprünglich gar nicht gewollt hatte: Beim Versuch, mit Neutronen auf Uran zu schießen, entstand - statt wie von ihm erhofft - kein schweres "Transuran", sondern Barium - nur halb so schwer wie Uran. Damit hatte Hahn als erster einen Atomkern gespalten.
Historische Bilder aus Hiroshima

Das ihm seltsam erscheinende Ergebnis seines Experiments teilte er seiner vor den Nationalsozialisten nach Schweden geflohenen Forscherkollegin, der österreichischen Physikerin Lise Meitner, in einem Brief mit. Diese erkannte sofort die Brisanz von Hahns Entdeckung. Die Spaltung von Atomkernen setzt ungeheure Energien frei. Sollten die Nazis diese Kraft beherrschen, hätten sie eine Vernichtungswaffe in der Hand, mit der sie die ganze Welt bezwingen könnten.

Einsteins berühmter Brief an Roosevelt

Als die Nachricht von Hahns Kernspaltungs-Experiment die Exil-Wissenschaftergemeinde in den USA erreichte, schrillten dort die Alarmglocken. Albert Einstein informierte im August 1939 US-Präsident Franklin D. Roosevelt in einem Brief über die Möglichkeit, Uran als mögliche Energiequelle sowie für den Bau neuartiger Waffen zu verwenden. Diesen Brief sollte Einstein später als “Fehler” bezeichnen. Die US-Regierung hatte nämlich umgehend beschlossen, selbst mit Hochdruck an einer Atombombe zu arbeiten.

Dass dagegen die Nazis nicht in den Besitz dieser Waffe gelangten, lag unter anderem an der Tatsache, dass sie zahlreiche der besten deutschen Wissenschafter – von denen viele Juden waren – umgebracht oder ins Exil getrieben hatten. Außerdem hegten die braunen “Herrenmenschen” eine tiefe Abneigung gegen die “krankhaften Fantastereien” des Juden Einstein. Relativitätstheorie, Raum-Zeit-Krümmung, Umwandlung von Materie und Energie – dafür hatten Hitler und Co. kein Verständnis.

Angriffsziel Norwegen

Doch unter den im Nazi-Reich verbliebenen Wissenschaftern war man im Bereich der Atomphysik durchaus auf dem Laufenden. Allerdings fehlten im Gegensatz zu den USA die gewaltigen Mittel und personellen Ressourcen, wie sie beim Manhattan-Projekt zum Einsatz kamen, bei dem die erste Atombombe entwickelt wurde.

Den Deutschen war etwa die strategische Bedeutung von Schwerem Wasser bekannt, das für die Produktion von Plutonium benötigt wird. Damit kann man ebenso wie mit hoch angereichertem Uran 235 eine Atombombe herstellen. So versuchten die Nationalsozialisten, an im norwegischen Kraftwerk Vemork hergestelltes Schweres Wasser zu gelangen. Sabotageaktionen des norwegischen Widerstandes und der Alliierten vereitelten dies.

Die Bedeutung von “E=mc2”

Hätten die deutschen Waffenkonstrukteure Einsteins Formel “E=mc2” für ihre praktische Arbeit zur Anwendung gebracht, hätten sie deren unermessliches Potenzial für die Kriegsführung erschließen können. Die Formel besagt nämlich, dass die Energiemenge, die man etwa aus einem Gramm Materie gewinnen kann, so gewaltig ist, dass sie dem Quadrat der Lichtgeschwindigkeit (rund 300.000 km/s) entspricht. Aus einem Gramm Uran 235 lässt sich somit die gleiche Energiemenge erzeugen wie aus 2,7 Tonnen Steinkohle.

Um die Sprengkraft der am 6. August 1945 über Hiroshima gezündeten Bombe zu erzielen, wären 12,5 Kilotonnen des chemischen – “konventionellen” – Sprengstoffs TNT nötig gewesen. Die Bombe, die 140.000 Menschen tötete, enthielt tatsächlich nur etwa 15 Kilogramm hoch angereichertes Uran 235.

Kein Nobelpreis für Österreicherin Meitner

Hahn bekam übrigens für die Entdeckung der Kernspaltung 1944 den Chemie-Nobelpreis. Seine österreichische Kollegin Meitner, die seine Messungen korrekt interpretiert und erst so verständlich gemacht hatte, ging dagegen leer aus.

(APA)

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