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"Herr Dr. Schüssel, bereuen Sie den Kauf der Eurofighter?“

Schüssels ausweichende Antwort
Schüssels ausweichende Antwort ©Faceboo/ZiB2
"Herr Dr. Schüssel, bereuen Sie den Kauf der Eurofighter?“ – diese Frage wurd dem ehemaligen Bundeskanzler bei einem seiner seltenen öffentlichen Auftritte gestellt. Sehen Sie hier seine Antwort:
Kern ruft Sicherheitsrat ein
Republik zeigt Airbus an
Republik sieht 1,1 Mrd. Euro Schaden
Debatte um U-Ausschuss

Eurofighter – Das lange Trudeln in Österreich

Der Ankauf der Eurofighter war nicht nur der teuerste, sondern auch einer der umstrittensten Beschaffungsvorgänge der Zweiten Republik. Von der Ankaufentscheidung in Zeiten der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung über die zweimalige Reduktion der Stückzahl bis zur nunmehrigen Anzeige gegen Airbus reichen die Turbulenzen, gespickt mit Korruptionsvorwürfen und einem U-Ausschuss.

2000:

Schwarz-blaue Regierung beschließt Anschaffung neuer Abfangjäger.

2001:

Oktober: Angebotseinholung für die Beschaffung von 24 einsitzigen Fliegern inklusive Option auf sechs Doppelsitzer.

2002:

2. 7.: Entscheidung für Eurofighter als Draken-Nachfolger, Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) beziffert die Kosten für 24 Jets mit 1,791 Mrd. Euro.

14. 8.: Regierung beschließt wegen des Jahrhundert-Hochwassers eine Reduktion von 24 auf 18 Stück.

2003:

16. 5.: Die Regierung beziffert die Kosten für die 18 Eurofighter mit 1,969 Mrd. Euro inklusive Finanzierung und allem Zubehör. Die Gegengeschäfte sollen einen Wert von vier Mrd. Euro ausmachen.

1. 7.: Der Eurofighter-Vertrag wird unterzeichnet.

2005:

Juli: Luftraumüberwachung mit 12 von der Schweiz angemieteten F-5 Tiger II.

Jahresende: Österreich stellt als letztes Land die Saab Draken außer Dienst.

2006:

1. 10.: Die SPÖ wird Erste bei der NR-Wahl. Im Wahlkampf hatte sie unter dem Motto “Keine Eurofighter unter einem Kanzler Gusenbauer” den Ausstieg aus dem Vertrag versprochen.

30. 10.: Der Nationalrat setzt mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und Grünen einen Untersuchungsausschuss ein. Gleichzeitig wird die Regierung aufgefordert, die Ausstiegskosten zu eruieren. Die ÖVP unterbricht die Regierungsverhandlungen mit der SPÖ.

2007:

8. 1.: Die Regierungsverhandlungen enden mit der SP-VP-Einigung. Das Thema Eurofighter bleibt im Regierungsprogramm ausgespart. Der neue Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) bekommt von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) den Auftrag, mit EADS über Ausstieg oder Verbilligung zu verhandeln.

6. 4.: Eine 87.600-Euro-Zahlung vom EADS-Lobbyisten Erhard Steininger an die Firma der Frau des für die Eurofighter-Einführung zuständigen Generalmajors Erich Wolf wird bekannt. Darabos zeigt Wolf, der im Firmenbuch als Kommanditist sowie Prokurist des Unternehmens aufscheint, wegen “des Verdachts der falschen Zeugenaussage und verbotener Geschenkannahme” an.

10. 4.: “Airchief” Erich Wolf wird vorläufig vom Dienst suspendiert.

15. 4.: Der Jet-Hersteller lehnt einen Vertragsausstieg oder eine Stückzahl-Reduzierung ab.

6. 5.: Eurofighter unterbricht vorübergehend die Verhandlungen mit Darabos. Auseinandersetzungen – bis hin zu Neuwahlspekulationen – innerhalb der Koalition.

25. 6. Koziol-Gutachten wird veröffentlicht: Problemloser Ausstieg ohne Kosten nicht möglich. Darabos deutet Reduzierung der Stückzahl an.

26. 6.: Darabos bestätigt Vergleich mit der Eurofighter GmbH. Die Stückzahl wird von 18 auf 15 reduziert. ÖVP will dem neuen Deal nicht zuzustimmen.

3. 7.: SPÖ verlässt im Ausschuss die rot-grün-blaue Allianz und vereinbart mit dem Koalitionspartner ein paar Empfehlungen. Der geplante Mehrheitsbericht von SPÖ, Grünen und FPÖ kommt nicht zustande.

12. 7.: Der erste österreichische Eurofighter mit der Kennung 7L-WA landet am steirischen Fliegerhorst Hinterstoisser in Zeltweg. Darabos verreist demonstrativ nach Mazedonien.

2008:

Juli: Mit Ende der Fußball-Europameisterschaft übernehmen die Eurofighter die Luftraumüberwachung; geleaste F5-Tiger II werden der Schweiz zurückgegeben.

22. 8.: RH-Bericht relativiert von Darabos genannte Einsparungen durch den Jet-Vergleich und kritisiert scharf Vorgänge bei der Verhandlungsführung.

30. 9.: Bei Alfons Mensdorff-Pouilly, dem Ehemann der früheren Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat (V), werden wegen Verdachts der Bestechung und der Geldwäscherei in Zusammenhang mit dem Ankauf der Eurofighter Hausdurchsuchungen durchgeführt.

18. 10.: Die Staatsanwaltschaft will die Vorkommnisse rund um den 2002 erfolgten Ankauf der Eurofighter neu aufrollen. Darabos sagt seine Unterstützung zu.

2009:

24.9.: Der letzte der 15 gekauften Eurofighter landet am Fliegerhorst Hinterstoisser in Zeltweg.

2011:

29. 3.: Staatsanwaltschaft Wien stellt das Strafverfahren gegen den vom Dienst suspendierten, mittlerweile pensionierten “Airchief” Wolf, dessen Ehefrau, den EADS-Lobbyisten Erhard Steininger und das Ehepaar Gernot und Erika Rumpold ein.

9.5. Beginn erneuter Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien.

2012:

Juni: Die Staatsanwaltschaft Wien setzt in den Ermittlungen zur Causa Eurofighter weitere Schritte und stellt an mehrere europäische Länder Rechtshilfeersuchen.

November: In Österreich, der Schweiz und Deutschland findet eine Welle an Hausdurchsuchungen statt. Drei EADS-Standorte im Großraum München werden durchsucht. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (V) ortet bei der seinerzeitigen Typenentscheidung für die Eurofighter eine Serie von Merkwürdigkeiten.

29.11.: Einsetzung der Task Force Eurofighter-Vertrag im Verteidigungsministerium sowie der Task Force Gegengeschäfte im Wirtschaftsressort.

Dezember: Die Staatsanwaltschaft ermittelt in der Eurofighter-Causa in zwei Richtung: Ob es Bestechung gegeben hat, um den Ankauf der Eurofighter zu beeinflussen, und ob bei den nach der Typenentscheidung vereinbarten Gegengeschäften “angeschoben” worden sei.

2013:

11.3.: Der Rechnungshof kritisiert den von Darabos geschlossenen Vergleich mit der Eurofighter GmbH, aber auch die mangelnde Einsatztauglichkeit von Flugzeugen und Piloten.

26.3.: Der neue Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) hat beim Eurofighter-Ankauf im Moment “keine Wahrnehmung dazu, dass Korruption im Spiel gewesen wäre”.

28.5.: Die Einstellung der Ermittlungen im Verfahren gegen die Ehepaare Wolf und Rumpold sowie den EADS-Lobbyisten Erich Steininger rund um die Eurofighter-Beschaffung war nach Ansicht des Rechtsschutzbeauftragten im Justizministerium, Robert Jerabek, eine “unerträgliche Fehlentscheidung” der Staatsanwaltschaft.

24.8.: FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache vermutet, dass die frühere Parteispitze der Freiheitlichen beim Kauf der Eurofighter mitkassiert hat.

23.10.: Das Upgrade-Programm für die 15 österreichischen Eurofighter ist abgeschlossen.

2014:

13.2.: Die Airbus Group, vormals EADS, hat ihre interne Prüfung zu angeblichen Schmiergeldzahlungen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Eurofighter an Österreich abgeschlossen. Über den Inhalt des Berichts – er umfasst 400 Seiten und über 1.000 Anhänge – gibt es keine Information. Laut Medienberichten soll eine britische Firma namens “City Chambers Limited” in den Jahren 2003 bis 2009 rund acht Mio. Euro für Lobbying in Österreich kassiert haben.

15.5.: Für die 15 Eurofighter stehen aus Spargründen nur mehr zwölf Piloten zur Verfügung.

September: Deutsche Inspektoren entdecken bei einer Qualitätskontrolle einen Produktionsfehler beim Eurofighter, es geht um Bohrungen am Rumpfhinterteil. Flugbetrieb und Sicherheit seien “in keiner Weise eingeschränkt, heißt es in Österreich.

30.9.: Bezahlung der letzten Rate der Kaufpreiszahlung durch die Republik Österreich.

2015:

Das Wirtschaftsministerium folgt einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) und veröffentlicht alle Eurofighter-Gegengeschäfte.

2016:

August: Der Grüne Peter Pilz erhebt neue Vorwürfe zur Eurofighter-Beschaffung. Die SPÖ und Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer hätten den versprochenen Ausstieg aus dem Vertrag hintertrieben, behauptet er. Darabos kontert, die Anschuldigungen seien “rein parteipolitisch motiviert”. Der 2007 erzielte Vergleich mit der Firma Eurofighter sei “ein Erfolg”, habe er doch den Steuerzahlern eine Ersparnis von 370 Mio. Euro gebracht.

2017:

26.1.: Die Staatsanwaltschaft München I schließt das Ermittlungsverfahren in der Causa Eurofighter möglicherweise im ersten Halbjahr 2017 ab, erklärt eine Sprecherin. Die Anklage gegen frühere Airbus-Manager könnte dabei laut der “Süddeutschen Zeitung” auf Veruntreuung von Konzernvermögen lauten, denn die Empfänger anrüchiger Zahlungen konnten nicht ausfindig gemacht werden. Es geht um dubiose Zahlungen in Höhe von 90 Mio. Euro im Zusammenhang mit dem österreichischen Eurofighter-Deal.

16.2.: Veröffentlichung des Berichts der Task Force Eurofighter-Vertrag. Das Verteidigungsministerium erstattet Strafanzeige gegen Airbus. Es geht um den Verdacht auf arglistige und betrügerische Täuschung unter anderem beim Kaufpreis der Jets. Die Republik Österreich schließt sich außerdem dem Strafverfahren als Privatbeteiligte an und verlangt Schadenersatz in Millionenhöhe.

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