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Hafen: EU lehnt Liberalisierungspläne ab

Das Europaparlament hat die von den Gewerkschaften heftig bekämpfte EU-Hafenrichtlinie mit großer Mehrheit abgelehnt. Die umstrittenen Liberalisierungspläne sind somit vorerst vom Tisch.

Die umstrittene Liberalisierung von Hafen-Dienstleistungen in der Europäischen Union (EU) ist vorerst vom Tisch. Nach den teils gewaltsamen Protesten von Hafenarbeitern lehnte das Europäische Parlament in Straßburg am Mittwoch einen entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission mit großer Mehrheit ab. Die deutsche Bundesregierung und die Gewerkschaft ver.di begrüßten das Votum. EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot kündigte an, er wolle nach Konsultationen mit allen Beteiligten einen neuen Vorschlag vorlegen.

Das Parlament lehnte den Vorschlag mit 532 zu 120 Stimmen ab. Mit „Nein“ stimmten sowohl die Abgeordneten von Linken, Grünen und Sozialdemokraten als auch mehrere Parlamentarier der Liberalen und Chritsdemokraten. Der SPD-Abgeordnete Willi Piecyk begrüßte das Votum mit den Worten „Treffer, versenkt“. Der FDP-Abgeordnete Willem Schuth sprach von einem „guten Tag für die norddeutschen Küstenländer“.

Kritik kam vom CDU-Abgeordneten Georg Jarzembowski, der als Berichterstatter für das Gesetz zuständig war. Er kommentierte die Abstimmung mit den Worten: „Europa knickt ein vor Lobby der Besitzstandswahrer“. Er sei mit Änderungsvorschlägen auf die Bedenken eingegangen. „Eine Blockadeallianz angeführt von den Sozialdemokraten hat sich aber jeglichen Kompromissen verweigert“, sagte Jarzembowski. Den Gewerkschaften warf er vor, „mit sachlich falschen Argumenten gearbeitet“ zu haben.

Der deutsche Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee zeigte sich indes hoch zufrieden mit dem Ergebnis: „Das ist ein guter Tag für unseren Hafen- und Logistikstandort sowie die Beschäftigten in der maritimen Wirtschaft.“ Die klare Position gegen Port Package II habe sich ausgezahlt. „Statt Wettbewerb zu fördern, wären durch Port Package II die maritimen Standorte und damit Arbeitsplätze nicht nur in Deutschland gefährdet worden.“ Der Zentralverband der Deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) betonte, mit dieser Entscheidung habe sich die Vernunft durchgesetzt.

„Die Hafenarbeiter in Europa sind glücklich und zufrieden“, betonte Manfred Rosenberg, Fachgruppenleiter Hafen bei der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Bis auf weiteres seien Arbeit und soziale Sicherheit in europäischen Häfen gesichert. Die jahrelangen Proteste hätten sich ausgezahlt. Am Montag hatten rund 6.000 Hafenarbeiter aus ganz Europa vor dem Parlament in Straßburg teils gewaltsam gegen die geplante Richtlinie protestiert.

Dabei kam es zu Festnahmen. Noch am Mittwoch sollten acht Festgenommene in Straßburg einem Richter vorgeführt werden. Laut Jarzembowski entstand am Gebäude des Parlaments ein Sachschaden von mehreren 100.000 Euro. Zudem seien Polizisten zum Teil schwer verletzt worden. Der Vorlage der EU-Kommission zufolge sollten Schiffsbesatzungen künftig selbst die Ladung löschen können. Außerdem sollte es Reedern ermöglicht werden, eigene Abfertigungsanlagen zu betreiben. Die Gewerkschaften fürchteten den Verlust Tausender Arbeitsplätze und die Aushebelung sozialer Standards.

Kommissar Barrot bedauerte, dass es nicht zu einem Kompromiss gekommen sei. Er wäre mit Jarzembowskis Änderungsvorschlägen, nach denen die Möglichkeit der Selbstabfertigung gestrichen worden wäre, einverstanden gewesen. Er werde jetzt einen neuen Anlauf nehmen, eine europäische Hafenpolitik zu entwickeln, kündigte der französische Kommissar an.

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