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Gutachter soll 13 falsche Befunde erstellt haben: Prozess

Ein ehemaliger Gerichtsgutachter hat sich am Dienstag wegen falscher Beweisaussage vor einer Einzelrichterin am Landesgericht Salzburg verantworten müssen. Der Psychologe, der seine Unschuld beteuerte, soll in Obsorge- und Pflegschaftsverfahren in Salzburg und Oberösterreich 13 falsche Befunde erstellt haben. Die Verhandlung wurde auf unbestimmte Zeit vertagt.


Bei dem Prozess handelt es sich bereits um den zweiten Rechtsgang. Der 53-jährige, bisher unbescholtene Angeklagte wurde mit denselben Anschuldigen wie bei dem ersten Prozess in Salzburg im März 2015 konfrontiert. Die damalige Richterin fällte ein Unzuständigkeitsurteil. Sie war zu der Ansicht gekommen, dass möglicherweise auch ein Betrug vorliegen könnte. In diesem Fall wäre aber ein Schöffengericht zuständig gewesen. Doch das Oberlandesgericht Linz gab der Berufung von Staatsanwaltschaft und Verteidigung statt und hob das Unzuständigkeitsurteil auf. Deshalb musste das Verfahren wieder zurück an den Start.

Den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft Linz zufolge, die den Strafantrag erstellt hatte, habe der Angeklagte im Zeitraum von 2005 bis 2008 durch zweifelhafte Methoden falsche Gutachten und Befunde erstellt. So habe er in bezirksgerichtlichen Pflegschaftsverfahren, in denen es auch um für das Kindeswohl geeignete Besuchs- und Obsorge-Regelungen nach der Trennung der Eltern ging, “fallunabhängig willkürlich diagnostische Erhebungsverfahren aufgelistet”, erläuterte Sitzungsvertreter Staatsanwalt Michael Schindlauer.

Der selbstständige Psychologe hat laut Strafantrag, der sich auf ein Gerichtsgutachten des Berliner Rechtspsychologen Max Steller stützt, eine vollständige und neutrale Aktenanalyse für die Gutachtenerstellung unterlassen und keine Trennung von Datenerhebung und Interpretation vorgenommen. Akteninhalte seien willkürlich dargestellt worden, der Psychologe habe Routineschemata verwendet. Mindeststandards seien nicht eingehalten worden, “die Gutachten sind formal und inhaltlich völlig unzureichend”, kritisierte Steller. In zentralen Teilen der Gutachten seien immer wieder die gleichen Textbausteine verwendet worden. Zugleich ortete der Experte eine Ungleichbehandlung von Kindsvater und Kindsmutter zum Nachteil der Väter.

Der Angeklagte, der bis Ende 2009 als Sachverständiger tätig war, bestritt heute erneut alle Vorwürfe. “Ich habe nie ein falsches Gutachten erstellt oder einen falschen Befund erhoben”, sagte er zu Richterin Gabriele Glatz. “Mir ist bis heute der Inhalt des Strafantrages unverständlich.” Verteidiger Mathias Kapferer, der von Rechtsanwalt Wolfgang Moringer unterstützt wurde, erläuterte, dass sein Mandant zum Zeitpunkt der Erstellung der Gutachten wie auch heute fest überzeugt gewesen sei, dass die Tatsachenbehauptungen in den Gutachten richtig gewesen seien und er keine Tatsachen vorsätzlich unterschlagen hätte. Es handle sich hier um einen Methodenstreit.

Kapferer beantragte die Einholung eines neuerlichen Gutachtens durch einen anderen Sachverständigen, denn Steller sei befangen und zudem aus einem anderen wissenschaftlichen Fachgebiet, das sich nicht mit familienpsychologischen Gutachten beschäftige. Zudem sollten die Privatbeteiligten als Zeugen einvernommen werden. Die Richterin vertagte die Verhandlung schließlich noch vor Mittag auf unbestimmte Zeit. Sie muss noch über die zwei Beweisanträge des Verteidigers eine Entscheidung treffen.

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