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Grüne kritisieren Raumplanung

Die Vorarlberger Raumplanung hat vier wesentliche Schwächen: Die Gemeinden sind mit der Entscheidungskompetenz für Widmungen für Handelsbetriebe überfordert und neues Raumplanungsgesetz hat schwerwiegende Mängel.

Die Verkaufsflächen und der Begriff „autoaffine Güter“ sind nicht klar definiert Die Verantwortung für die Kontrolle wird nicht wahrgenommen Auf Shoppingcenter-Abgaben wird verzichtet 3. Damit begünstigt das Land unter dem Deckmantel der Gemeindeautonomie die großen Handelsketten. 4. Das Land verzichtet auf seine Steuerungsfunktion und fördert das herrschende Kirchturmdenken.

Kirchturmdenken statt regionaler Planung

Der Rechnungshofbericht über den Vollzug des Raumplanungsgesetzes bestätigt die langjährige Kritik der Grünen. Das Land nimmt seine wichtige Steuerungsfunktion zuwenig wahr und fördert damit das Prinzip des Kirchturmdenkens der Gemeinden, die sich in einem sinnlosen und ruinösen Konkurrenzkampf um Betriebsansiedlungen befinden.

Bei den Handelsansiedlungen hat die Landesregierung verabsäumt, rechtzeitig die notwendigen Rahmenbedingungen so zu setzen, dass der herrschende Wildwuchs tatsächlich eingedämmt werden kann. Wer mit offenen Augen durchs Land fährt sieht das Ergebnis: Überall schießen Lebensmittel- und Diskontmärkte völlig unberührt von den Bestimmungen der Raumplanung wie Pilze aus dem Boden.

Zulange hat der politisch verantwortliche Landesrat Rein die Problem ignoriert und schöngeredet. Die Vorarlberger Wirtschaftskammer hat sich schon im Jahr 2001 mit einem Hilferuf an die Landesregierung gewandt und die Problematik dargestellt. Erst im Sommer letzten Jahres hat die Landesregierung zum ersten Mal zugegeben, dass die entsprechenden Regelungen im Raumplanungsgesetz grundlegend reformiert werden müssen. Jetzt liegt – nach einem Dreivierteljahr – endlich ein Entwurf für die Novellierung des Raumplanungsgesetzes vor, ein Entwurf, der nur in Teilbereichen Verbesserungen bringt.

Zu wenig Steuerung

Das aktuelle Beispiel in Schwarzach hat gezeigt, wie stark die Gemeinden von potentiellen Betreibern von Lebensmittel-, Diskont- und Fachmärkten unter Druck gesetzt werden können. Wenn die Gemeinden für die Widmung von Verkaufsflächen zwischen 300 und 600 m² verantwortlich gemacht werden, verzichtet das Land auf seine wichtige Steuerungsfunktion für eine regionale Planung. Damit wird weiterhin das Kirchturmdenken vorherrschen und dort wo Bürgermeister oder Gemeindevertretung eine kritische Haltung einnehmen, werden sie einem Druck ausgesetzt, dem sie kaum standhalten können.

Zu wenig Klarheit

Auch in diesem Punkt bestätigt der Rechnungshofbericht unsere Kritik, wenn kritisiert wird, dass die gesetzlichen Bestimmungen sehr komplex sind und große Schwierigkeiten im Vollzug aufwerfen. Die Definition der Verkaufsflächen die fehlende klare Regelung bei den autoaffinen Güter boten in der Vergangenheit viele Möglichkeiten der Gesetzesumgehung und waren immer wieder Anlass für Rechtstreitigkeiten. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, warum diese Fragen mit der geplanten Novellierung nicht geklärt werden.

Zu wenig Kontrolle

Die Baubehörden in den Gemeinden sind mit der Kontrolle der Einhaltung der Vorgaben durch die Raumplanung restlos überfordert und kommen dieser Aufgabe nicht nach. Nach dem Motto „Wo kein Kläger, da kein Richter“ werden die gesetzlichen Bestimmungen nach der Inbetriebnahme in den meisten Fällen völlig ignoriert. In den wenigen Fällen, wo Anzeigen erstattet werden, zeigt sich wie krass die Verstöße bei den Verkaufsflächen und bei den Sortimenten sind.

Kein finanzieller Ausgleich

Zur Verminderung der negativen Begleiterscheinungen – Verkehrsaufkommen, Nahversorgung, Ortskerne – sind die Gemeinden seit 1. 1. 2000 berechtigt, flächenbezogene Verkehrsanschlussabgaben zur Deckung der mit dem Anschluss von öffentlichen Verkehrsmitteln verbundenen Kosten einzuheben.

Im Parkabgabegesetz könnte den Gemeinden das Recht eingeräumt werden, zukünftig auch ohne Zustimmung der Grundbesitzer auch außerhalb von Kurzparkzonen Parkabgaben vorzuschreiben. Dazu gibt es eine Empfehlung des Landesrechnungshofes.

Im Rahmen eines Forschungsprojektes hat das Institut für politökonomische Forschung (IPF) ein Modell einer „Shoppingcenterabgabe“ entwickelt, das auf Landesebene eingeführt werden könnte. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sollen eine weitere Ausdünnung der Nahversorgung verhindern und die Ortskerne stärken.

Tatsache ist: Bisher hat keine Gemeinde eine Verkehrsanschlussabgabe eingeführt, im Entwurf zum Parkabgabegesetz, das in der nächsten Landtagssitzung beschlossen werden soll, wird die Empfehlung des Landesrechnungshofs ignoriert und im Entwurf zur Novelle des Raumplanungsgesetzes ist von einer Shoppingcenterabgabe keine Rede

EKZ Schwarzach: Ein deutliches Warnsignal

Am 5. Oktober 2005 beschloss die Schwarzacher Gemeindevertretung einstimmig, dass die Ansiedlung von Lebensmittel- und Fachmärkten am Ortsrand von Schwarzach mittels einer Bausperre und einer nachfolgenden Zonierung des Betriebsgebietes („BB 1“) verhindert werden soll. In der Gemeindevertretungssitzung am 22. 12. 2005 wurde die Bausperre für ein neues EKZ am Ortsrand mit 16 : 8 Stimmen wieder aufgehoben.

Zwischen den beiden Beschlüssen gingen Projektbetreiber und Liegenschaftsverwerter mit allen Mitteln auf die Gemeindevertretung los.

Die Schwarzacher Gemeindevertretung begründete die Bausperre mehrfach: „Die als Betriebsgebiet gewidmeten Flächen der Gemeinde Schwarzach sind nahezu aufgebraucht, die Möglichkeit zur Widmung neuer Betriebsflächen ist praktisch nicht gegeben, die noch vorhandenen letzten Reserven sollen Produktionsbetrieben vorbehalten werden.“ „Die Gemeinde Schwarzach unternimmt große Anstrengungen, ein neues belebtes Dorfzentrum zu schaffen und die bestmögliche Nahversorgung der örtlichen Bevölkerung durch im Dorf ansässige Handelsbetriebe zu erhalten und auszubauen. Durch die Ansiedlung größerer Handelsbetriebe an der Peripherie ist davon auszugehen, dass im Siedlungsgebiet ansässige, branchenverwandte Betriebe schließen oder abwandern und der Ortskern dadurch verödet.“ „Die Situierung von Handelsbetrieben für Waren des täglichen Bedarfs außerhalb des Siedlungsgebietes am Ortsrand führt zwangsläufig zu einer Steigerung des motorisierten Individualverkehrs und steht daher im Widerspruch zu den Raumplanungszielen.“ Weiters wird berichtet, dass Dr. Hämmerle, der Abteilungsvorstand der Landesraumplanung, die Gemeindevertretung in Kenntnis setzte, dass sich die Zonierung innerhalb der Kategorie BB 1 vollends mit den Intentionen des Landes übereinstimmt, nachdem es sich bei den verbleibenden Grundreserven im Betriebsgebiet „Pfeller“ um hochwertigstes Betriebsgebiet handle. Bereits in diesem Protokoll wird aber auch festgehalten, „dass auf die Gemeinde in nahezu unvergleichbarer Weise massiver Druck ausgeübt wurde.“

Klagsdrohungen lassen Bürgermeister einknicken

Als Reaktion auf diesen Beschluss gibt es massivste Drohungen mit Schadenersatz- und Amtshaftungsklagen von den Verwertern der Liegenschaften und von den Eigentümern der angrenzenden Grundstücke. Die Verwerter der Liegenschaften kündigen die mit dem Land bestehenden Verträge betreffend der Verlegung der L 200/L 3-Straßen-Anbindungsspange. In der Folge wird die Gemeinde Schwarzach von mehreren benachbarten Unternehmen unter Druck gesetzt und zur Freigabe des geplanten Projektes EKZ-Achrain genötigt. Die Betreiber des geplanten Lebensmittelmarktes teilen am 12. 12. 2005 unverblümt mit, dass sie sich nach den Verkehrsströmen zu richten hätten, welche durch den Bregenzerwald-Tunnel geschaffen werden, und drohen damit, dass der bestehende Standort in Schwarzach keine Zukunft haben könnte. Die Verwerter der Liegenschaften kündigen am 15. 12. 2005 an, dass sie sich mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zur Wehr setzen werden und dass sie sich, falls die diesbezüglichen Verfahren nicht die gewünschten Erfolge erzielen, gezwungen sehen erhebliche Entschädigungsansprüche geltend zu machen.

Im nächsten Schritt geben die Verwerter der Liegenschaften am 16. 12. 2005 bekannt, dass sie auf alle Ansprüche verzichten und in verschiedenen Fragen sehr gerne mit Gemeinde und Land kooperieren werden – natürlich nur unter der Voraussetzung, dass die einstimmig gefassten Beschlüsse der Gemeindevertretung aufgehoben werden. Der Druck hatte Erfolg, die Schwarzacher Gemeindevertretung hob Bausperre nicht einmal drei Monate nach ihrem Beschluss auf.

Dasselbe Gremium hatte vor zwei Monaten einstimmig die Zonierung der betreffenden Grundstücke beschlossen, da ein EKZ am Ortsrand der Stärkung des Ortszentrums, in das die Gemeinde Schwarzach zur Zeit riesige Summen investiert, völlig zuwider läuft. Durch das Abwandern eines der beiden Lebensmittelgeschäfte wird ein ganzer Ortsteil ohne Nahversorgung sein und der Verkehr durch den Ortskern wird zunehmen, da die neuen Geschäfte an der L200 natürlich nur mit dem Auto erreichbar sind. Auch das Vorhaben, neue Geschäfte im Ortskern anzusiedeln, werde dadurch gänzlich unterlaufen. Der Verlauf der Sitzung führt zu mehreren Aufsichtsbeschwerden und zum angekündigten Rücktritt eines UWG-Gemeinderats und Umweltausschussobmanns.

Neben den beschriebenen negativen Auswirkungen in der Gemeinde Schwarzach führt diese Entscheidung auch zu einer starken Konkurrenzierung des Handels im Bregenzerwald. Damit ist eine weitere Ausdünnung der Versorgung in der Region Bregenzerwald zu befürchten. Auch im Rahmen des Projekts „vision rheintal“ wurde die Bedeutung dieses Gebiets für die räumliche Entwicklung im unteren Rheintal aufgezeigt. (Quelle: Grüne Vorarlberg)

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