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Großer Bahnhof zum Abschied von Bundespräsident Heinz Fischer in Wien

Heinz Fischer (M.) bei der Verabschiedung im Parlament
Heinz Fischer (M.) bei der Verabschiedung im Parlament ©APA/HERBERT NEUBAUER
Alles, was in Österreich Rang und Namen hat, ist am Freitag ins Parlament geeilt, um sich von Bundespräsident Heinz Fischer zu verabschieden, der heute nach zwölf Jahren aus seinem Amt scheidet. Zur festlichen Sitzung im historischen Sitzungssaal fanden sich Regierung, Abgeordnete und Landeshauptleute ein.
Beim Festakt im Parlament
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Ein Tag mit Heinz Fischer

Auch die Alt-Kanzler sowie die noch lebenden Präsidentschaftsgattinnen wohnten dem Abschied bei. Elisabeth Waldheim und Margit Klestil-Löffler waren in der Loge direkt neben den ehemaligen Regierungschefs wie Werner Faymann (SPÖ) positioniert, der seinen ersten größeren öffentlichen Auftritt nach seinem Rücktritt hatte und Zeit zum Plaudern mit Wolfgang Schüssel (ÖVP) fand. Auch Franz Vranitzky (SPÖ) nahm an dem Festakt teil.

“Sie werden uns ein leuchtendes Vorbild bleiben”

Ebenso vertreten waren die Kirchen und Religionsgemeinschaften, etwa durch Kardinal Christoph Schönborn. Die Höchstrichter ließen sich den Abschied des populären Staatsoberhaupts ebenfalls nicht entgehen.

Jene beiden, die noch die Chance haben, Fischers Nachfolge anzutreten, konnten sich schon einmal anhören, was am Ende ihrer Amtszeit im besten Fall über sie gesagt werden wird. Alexander Van der Bellen, der bei seinem Eintreffen im Parlament übrigens zufällig quasi in die Regierungsspitze hineinlief, folgte dem Geschehen von einer Loge aus. Norbert Hofer als noch aktiver Parlamentarier lauschte den Reden in den Abgeordneten-Bänken.

Über mangelndes Lob musste sich der scheidende Bundespräsident wahrlich nicht beklagen. Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) meinte in Richtung ihres langjährigen Parteifreunds: “Sie werden uns ein leuchtendes Vorbild bleiben.”

Lob für Bundespräsident Heinz Fischer

Fischer habe als Bundespräsident der Republik im besten Sinne des Wortes gedient. Er sei ein Präsident nicht nur für die Mehrheit, sondern im besonderen Ausmaß auch für die Minderheit, die Schwachen und Schwächsten der Gesellschaft gewesen.

Der Bundespräsident habe immer die Nähe der Menschen gesucht und mit seiner Offenheit und Wärme auch die Herzen erreicht: “Als Staatsoberhaupt haben Sie immer die richtige Balance gefunden zwischen der Würde, die ein Bundespräsident auszustrahlen hat, und der Ungezwungenheit, die den Menschen und Menschenfreund Heinz Fischer zum Vorschein gebracht hat.”

Das Video von der Abschiedsfeier im Parlament

Kompromisse suchendes Staatsoberhaupt geehrt

Dass die Worte des Staatsoberhaupts großes Gewicht hätten, habe Fischer immer gewusst: “Als Bundespräsident hat er sie maßvoll eingesetzt und mit Bedacht gewählt – niemals mit der Faust auf den Tisch, sondern immer alle Argumente sorgsam abwägend und Kompromisse suchend.”

Nicht vergessen wurde von Bures auch auf die Rolle von Margit Fischer, die ihren Mann bei seinem letzten offiziellen Auftritt im Amt wie stets begleitete. Deren liebenswürdige Persönlichkeit habe das harmonische Bild der Hofburg wesentlich mitgeprägt, schwärmte die Nationalratspräsidentin.

Festworte sprechen durfte auch der frisch gebackene Bundesratspräsident Mario Lindner (SPÖ), der sich erinnerte, als Bundesjugendsekretär der sozialdemokratischen Gewerkschafter schon im ersten Fischer-Wahlkampf mitgearbeitet zu haben. Besonders würdigte der Steirer den Respekt des Präsidenten für sein jeweiliges Gegenüber und die Ablehnung absoluter Wahrheiten. Daran würden sich Fischers Nachfolger messen lassen müssen.

Fischer verteidigte zum Abschied Machtbefugnisse

Bundespräsident Heinz Fischer hat in seiner Abschiedsrede am Freitag im Parlament die Machtbefugnisse des Staatsoberhaupts verteidigt: Wenn von diesen kein Gebrauch gemacht wurde, “dann spricht das nicht gegen die Verfassung, sondern für die Reife und Stabilität unseres politischen Systems”. Zudem forderte er Humanität im Umgang mit Flüchtlingen und Fairness im kommenden Wahlkampf ein.

Auch auf die im Wahlkampf seiner potenziellen Nachfolger entflammte Diskussion über die Kompetenzen des Staatsoberhaupts ging Fischer ein. “Ich hatte bei der Wahrnehmung meiner Aufgaben immer das gute Gefühl, dass unsere Verfassung eine solide Grundlage für die Tätigkeit des Bundespräsidenten bietet”, meinte er dazu – was auch für den Verfassungsgerichtshof gelte, der eben erst die Stichwahl für seinen Nachfolger aufgehoben hat.

Scheidender Bundespräsident verteidigte Wahlanfechtung

Die vom VfGH stattgegebene Wahlanfechtung verteidigte Fischer abermals. Es sei “schmerzlich”, dass eine Vielzahl von Regelverletzungen festgestellt worden sei, zudem gehöre es zu den Grundregeln des demokratischen Systems, derartige Entscheidungen zu respektieren. Die Aufhebung der Wahl sei letzten Endes ein wesentlicher Beitrag dazu, “jedweden Zweifel an der Korrektheit der Wahl des nächsten Bundespräsidenten auszuschließen”.

An seine nun wieder werbenden Nachfolgekandidaten appellierte Fischer, “dass Stil und Inhalt der bevorstehenden Wahlwerbung vernünftigen Ansprüchen in puncto Redlichkeit und Fairness gerecht werden”. Davon unabhängig zeigte er sich besorgt, was aufkeimenden Populismus betrifft. “Veränderung ist oft unbequem, schmerzhaft, anstrengend und kann Unbehagen oder sogar Angst auslösen”, meinte er – “aber auf Veränderung zu verzichten kann noch viel schmerzhafter werden”.

Flüchtlingsthema beim Abschied thematisiert

Auch dem Flüchtlingsthema räumte Fischer in seiner Abschiedsrede Raum ein. Argumenten gegen eine unbegrenzte Aufnahme müsse der Satz hinzugefügt werden: “Wir sind aber bereit, im Rahmen unserer Möglichkeiten und nach besten Kräften zu helfen und die Menschenwürde von Flüchtlingen hoch zu halten und ihnen ohne Vorurteilen zu begegnen”. Flüchtlingspolitik sollte, so Fischer, sowohl durch Rationalität als auch durch Humanität geprägt sein. “Nur eines der beiden wäre zu wenig.”

Der scheidende Präsident verabschiedete sich nicht ohne ein Bekenntnis zu Europa. Die in Großbritannien erfolgte “Weichenstellung in Richtung eines Austritts aus der EU” – Stichwort “Brexit” – erscheine “sehr bedauerlich und kurzsichtig”. Für Österreich müsse die weitere aktive Mitarbeit an den Zielen und Werten einer Europäischen Friedenspolitik und am Projekt der Europäischen Zusammenarbeit ein zentraler Punkt unserer Politik bleiben. Fischer: “Die Europäische Union ist verbesserungsbedürftig, aber für Europa unersetzlich.”

Halbstündige Rede von Heinz Fischer

Fischer resümierte in seiner rund halbstündigen Rede bei der Festsitzung von Nationalrat und Bundesrat auch seine 12-jährige Amtszeit, in der er versucht habe, objektiv und unparteiisch auszuüben. “Heute, zwölf Jahre später, darf ich vom gleichen Rednerpult aus sagen, dass ich mich um die Beachtung dieser Grundsätze und Ziele aufrichtig bemüht habe”, schlussfolgerte der scheidende Präsident. Das letzte Urteil darüber liege aber bei der österreichischen Bevölkerung.

Zuletzt bedankte sich Fischer noch bei Mitarbeitern, Funktionsträgern aller Parteien und Religionsgemeinschaften, ausländischen Staatsoberhäuptern, allen Österreicherinnen und Österreichern sowie seiner Familie – nicht zuletzt bei seiner Frau Margit. Seinem Nachfolger als Bundespräsidenten wünschte er “den besten Erfolg bei der Erfüllung dieser wichtigen und schönen Aufgabe”.

Nach der Intonierung der Bundeshymne verabschiedete sich das Präsidium des Nationalrats, bestehend aus Doris Bures (SPÖ), Karlheinz Kopf (ÖVP) und dem freiheitlichen Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer, von Fischer im Halbrund des Historischen Sitzungssaales. Bis zur Angelobung des neuen Präsidenten übernimmt dieses die Geschäfte Fischers.

(apa/red)

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