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Griechenland verlässt nach acht Jahren Rettungsschirm

Das dritte Kreditprogramm des Euro-Rettungsschirms endet am Montag
Das dritte Kreditprogramm des Euro-Rettungsschirms endet am Montag ©APA/dpa (Archiv)
Das hoch verschuldete Griechenland muss erstmals seit mehr als acht Jahren ohne internationale Finanzhilfen auskommen.

Das Kreditprogramm des Euro-Rettungsschirms ESM – das dritte Hilfspaket für Athen seit 2010 – endet am Montag. In Athen sind keine größeren Feierlichkeiten dazu geplant. Mit Spannung wird jedoch eine Rede des griechischen Regierungschefs Alexis Tsipras erwartet.

Eurogruppen-Chef Mario Centeno ist zuversichtlich, dass Griechenland ohne weitere Hilfsprogramme finanziell auf eigenen Beinen stehen kann. Ziel der Rettungsmaßnahmen und Reformen der vergangenen acht Jahre sei eine neue Grundlage für gesundes Wirtschaftswachstum gewesen, erklärte Centeno. “Es hat viel länger gedauert als gedacht, aber ich glaube, wir haben es geschafft.” Die griechische Wirtschaft wachse, es gebe Haushalts- und Handelsüberschüsse, und die Arbeitslosigkeit sinke stetig.

Finanzminister: Land noch nicht gerettet

Griechenlands ehemaliger Finanzminister Yannis Varoufakis sieht sein Land noch nicht als gerettet an. “Griechenland steht am selben Punkt, im gleichen schwarzen Loch und es versinkt jeden Tag tiefer darin. Auch, weil die Sparvorgaben der Gläubiger Investitionen und den Konsum behindern”, sagte Varoufakis der “Bild”-Zeitung (Montag). Der Staat sei noch immer pleite, die privaten Leute seien ärmer geworden, Firmen schlitterten noch immer in den Bankrott, und das Bruttosozialprodukt sei um 25 Prozent gesunken.

Seit 2010 hatten die EU-Partner und der Internationale Währungsfonds das überschuldete Griechenland mit insgesamt 289 Milliarden Euro an vergünstigten Krediten vor der Staatspleite bewahrt. Im Gegenzug musste Athen harte Reformen, Sozialkürzungen sowie Steuererhöhungen durchsetzen und sich verpflichten, daran festzuhalten. Damit konnte ein Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone verhindert werden. Zudem wurden zahlreiche Banken in der Eurozone gerettet. Dorthin flossen nämlich die meisten Gelder, die zur Rettung Griechenlands ausgezahlt wurden.

Auswirkungen der Sparprogramme gravierend

Nach mehreren Streitigkeiten über die Zweckmäßigkeit der Sparprogramme setzte Athen in den vergangenen rund zweieinhalb Jahren die Vorgaben weitgehend reibungslos um. Das Land hatte zuletzt Ende Juni eine letzte Hilfstranche in Höhe von 15 Milliarden Euro zugesprochen bekommen. Damit erhöhte sich der Kapitalpuffer auf rund 24 Milliarden Euro. Im äußersten Fall kann Griechenland sich damit knapp zwei Jahre lang selbst finanzieren.

Doch die Auswirkungen der Sparprogramme sind gravierend: Die Wirtschaftskraft des Landes hat deutlich abgenommen. Viele Einwohner spüren bisher nichts von der Stabilisierung des Landes. Die meisten Menschen haben rund ein Viertel ihres Einkommens verloren. Noch immer ist jeder Fünfte arbeitslos, rund 400.000 gut ausgebildete meist junge Menschen, darunter viele Ärzte und Ingenieure, sind ausgewandert. Die Staatsverschuldung beträgt rund 180 Prozent der Wirtschaftsleistung – der höchste Wert in Europa.

Athen wird auch nach dem Ende des Programms verstärkt von den Euro-Partnern überwacht. Bis 2022 muss Griechenland im Haushalt einen jährlichen Primärüberschuss – also ohne Zahlungen für den Schuldendienst – von 3,5 Prozent erreichen. Daran sind weitere Schuldenerleichterungen geknüpft. Zudem muss Athen bis 2060 einen Primärüberschuss von 2,2 Prozent erzielen – ein Ziel, dessen Umsetzung viele Experten als sehr schwierig bewerten.

Juncker: “Charakteristischer Mut und Hingabe”

Auch die EU Kommission zeigte sich erfreut darüber, dass Griechenland das dreijährige Stabilisierungsprogramm im Rahmen des Euro-Rettungsschirms ESM verlässt. Das hoch verschuldete Land muss nun erstmals seit über acht Jahren ohne internationale Finanzhilfen auskommen. Dies sei ein wichtiger Moment für Griechenland und die Welt, sagte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

“Während die europäischen Partner ihre Solidarität demonstriert haben, haben die Griechen auf jede Herausforderung mit charakteristischem Mut und Hingabe geantwortet”, so Juncker. Er habe immer dafür gekämpft dafür, dass Griechenland im Herzen Europas bleibe. Das griechische Volk beginne ein neues Kapitel und werde in ihm immer einen Alliierten, Partner und Freund haben, erklärte Juncker.

Auch der EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici, zeigte sich erfreut. “Für Griechenland und seine Bevölkerung beginnt nach acht schwierigen Jahren ein neues Kapitel. Für die Eurozone wird ein symbolischer Schlussstrich unter eine existenzielle Krise gezogen.” Aus dem dritten Hilfsprogramm für Griechenland seien 61,9 Mrd. Euro an Athen gezahlt worden.

Finanzhilfen für Griechenland
Finanzhilfen für Griechenland ©APA

(APA/dpa)

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