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Girlhood - Bande de filles - Trailer und Kritik zum Film

Unter sich sind Marieme und ihre Football-Mannschaftskolleginnen aufgeweckt, laut und frei, zuhause hingegen der Willkür dominanter Männer ausgeliefert.

Erst als sich Marieme einer Mädchengang anschließt, findet sie neues Selbstbewusstsein und mögliche Auswege aus ihrer Lage. Die äußerliche wie innerliche Verwandlung zeigt Regisseurin Celine Sciamma eindrücklich in “Girlhood” (ab Freitag im Kino).

Girlhood – Bande de filles: Geschichte

Es ist ein von rigorosen Regeln und Verboten bestimmtes Leben, das die 16-jährige Marieme gemeinsam mit ihren zwei jüngeren Schwestern in einem Plattenbau am Stadtrand von Paris führt. Der Vater ist weg, die Mutter meist arbeiten, der ältere Bruder Djibril führt ein strenges Regiment und erhebt bei Widerrede nicht selten seine Hand. Als Marieme aufgrund ihrer schlechten Noten der Aufstieg in die nächste Schulklasse verwehrt wird, scheint der Ausweg aus ihrer trostlosen Lage verbaut – bis sie die ungewöhnlichen, exzentrischen Mädchen Lady, Adiatou und Fily kennenlernt und sich ihrer Gang anschließt.

Von ihnen erhält sie einen neuen Namen – “Vic” für “Victory”, also: “Sieg” – und neues Selbstbewusstsein, und lernt erstmals wahre Freundschaft und Freiheit kennen. Als sie einen verlorenen Kampf von Anführerin Lady rächt, ändert sich die Dynamik in der Gruppe, was ist ihr nicht zuletzt den Respekt ihres Schwarms Ismael, dem besten Freund ihres Bruders, einbringt. Die Annäherung ist folgenreich und zwingt Marieme, ihre leibliche wie neu gewonnene Familie verlassen.

Frei von Sentimentalität und Vorurteilen, stattdessen mit einer ehrlichen Neugier und eindrücklichen Bildern fängt Celine Sciamma in “Girlhood” (im Original: “Bande de filles”) die Wandlung ihrer Hauptprotagonistin ein. Wie schon in ihren Coming-of-Age-Filmen “Water Lilies” (2007) und “Tomboy” (2011) stellt die Französin dabei die Suche eines Mädchens nach seiner Identität in den Mittelpunkt und festgefahrene, weibliche Rollenbilder infrage. Ohne “Girlhood” augenscheinlich in Kapitel einzuteilen, blendet Sciamma bei Wendepunkten ins Schwarze, lässt Marieme danach äußerlich wie innerlich gereifter zurückkehren und illustriert so ihren Übergang vom Mädchen zur Erwachsenen. Erst am Schluss wird Marieme ganz sie selbst sein – frei von jeglicher sozialen Gruppe, wenn auch mit ungewisser Zukunft.

Girlhood – Bande de filles: Kritik

Mitunter sind es die dialogfreien, meist mit Elektropop des französischen Musikproduzenten Para One unterlegten Bilder, die bis zu diesem Punkt am stärksten wirken: Wenn sich Marieme etwa beim Abwaschen das noch tropfende Messer einsteckt, anstatt es zurückzulegen – und damit ihren Wechsel auf eine so verführerische, nicht ungefährliche Seite vollzieht. Oder wenn sie und ihre neuen Freundinnen ein Hotelzimmer mieten und in gestohlenen Kleidern, in blaues Licht getaucht, die Lippen zu Rihannas Song “Diamond” bewegen und sich ihre Sorgen wegtanzen (“You and I, we’re like diamonds in the sky”). Sciamma scheut nicht vor harten Szenen zurück, lässt ihre Figuren in Gang-Kämpfen rohe Gewalt ausüben und Marieme eine Mitschülerin bedrohen – aber nicht, ohne nachher die Angewidertheit an dem eigenen Verhalten zu zeigen.

Dem ausnahmslos schwarzen Cast aus Laiendarstellern steht dabei die fantastische Karidja Toure als Marieme vor, die die katastrophalen wie auch heldenhaften Entscheidungen ihrer Figur nachvollziehbar scheinen lässt und bei all der gewonnen Stärke stets eine gewisse Zerbrechlichkeit erhält. Sciamma ist selbst in einem Vorort von Paris aufgewachsen, war von den schwarzen Teenagern in ihren Gangs stets fasziniert. “Wenn man diese Mädchen trifft”, so die Regisseurin zu “Cineuropa”, “strahlen sie so viel Energie aus, so viel Intelligenz, Humor und Charisma, obwohl sie nicht viel zum Träumen haben und ihr Land ihnen keine Aussicht darauf gibt, was sie einmal werden oder tun können.” Das Ergebnis ihrer Beobachtungen ist ein bewegendes Coming-of-Age-Drama, das noch lange nachwirkt – und den Vergleich mit Richard Linklaters namensverwandtem Mammut-Projekt des Jahres, “Boyhood”, in keinster Weise scheuen muss.

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(APA)

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