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Gewaltvideo-Prozess: Urteil für fünf Angeklagte gefällt

Für fünf Angeklagte setzte es im Prügelvideo-Prozess teilbedingte Haftstrafen.
Für fünf Angeklagte setzte es im Prügelvideo-Prozess teilbedingte Haftstrafen. ©APA
Am Mittwoch wurden im Prozess gegen jene Prügel-Bande, die am 9. November 2016 eine 15-Jährige zusammenschlug, Urteile gefällt.
Video: Mädchen verprügelt
Alle Verdächtige ausgeforscht
Bilder vom Prozess

Fünf Angeklagte – drei Mädchen im Alter zwischen 16 und 17, ein 16-jähriger Bursch und ein 21-jähriger Mann – wurden wegen schwerer Körperverletzung zu teilbedingten Freiheitsstrafen verurteilt.

Urteile im Gewaltvideo-Prozess in Wien

Die 16 Jahre alte Hauptangeklagte, die sich in ihrer Einvernahme selbst als “treibende Kraft” bezeichnet hatte, erhielt 18 Monate, davon sechs Monate unbedingt. Ihre beiden Freundinnen fassten jeweils zwölf Monate aus, die ihnen zur Gänze bedingt nachgesehen wurden. Der 16-Jährige erhielt 18 Monate, davon ebenfalls sechs Monate unbedingt. Der 21-Jährige, der mit einem finalen Faustschlag letztlich die schwere Körperverletzung bewirkt haben dürfte, bekam zwei Jahre, davon acht Monate unbedingt.

Entgegen der Anklage wurde die jugendliche Prügel-Bande nicht wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung, sondern lediglich im Sinne des Paragraf 84 Absatz 4 Strafgesetzbuch (StGB) verurteilt. Der Schöffensenat ging nicht davon aus, dass die fünf Jugendlichen es vorsätzlich darauf angelegt hatten, der 15-Jährigen bewusst eine schwere Körperverletzung zuzufügen.

15-Jährige bekam Schmerzensgeld zugesprochen

Die 15-Jährige bekam ein Schmerzengeld von 3.960 Euro zugesprochen. Der Hauptangeklagten und den beiden schuldig erkannten Burschen wurde die Weisung erteilt, sich einem Anti-Gewalt-Training zu unterziehen. Bewährungshilfe wurde angeordnet. Die 16 Jahre alte Hauptangeklagte und ihr gleichaltriger Komplize müssen sich außerdem einer psychotherapeutischen Behandlung unterziehen. Dem 16-jährigen und dem 21-Jährigen wurden offene bedingte Vorverurteilungen wegen Raubes bzw. zweifacher Körperverletzung nicht widerrufen – die Probezeiten wurden dafür auf fünf Jahre verlängert.

Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Die Burschen waren mit den Entscheidungen einverstanden, die Hauptangeklagte erbat Bedenkzeit. Die Staatsanwältin gab zu sämtlichen Urteilen keine Erklärung ab. Der mitangeklagte jüngere Bruder des 21-Jährigen, der bei der Prügel-Szene dabei gestanden war, wurde vom Vorwurf der Unterlassung der Verhinderung einer mit Strafe bedrohten Handlung freigesprochen.

Die Aussagen beim Prozess:

Man habe der 15-Jährigen “Respektschellen” bzw. “Watschen” geben wollen, lautete die Verantwortung der weiblichen Angeklagten. Rädelsführerin des Ganzen war die 16-Jährige, die mit der Jüngeren ursprünglich befreundet war, sich dann aber mit ihr zerstritten hatte, weil diese ihr ein iPhone nicht zurückgegeben, Geld geschuldet und verbale Beleidigungen von sich gegeben haben soll. Sie habe das bei einem Treffen beim Donauplex “klären” wollen, zu dem sie mit ihrer Clique erschien, gab die Hauptangeklagte zu Protokoll.

Die 15-Jährige wurde von der Gruppe umzingelt und alsbald gingen die 16-Jährige und die beiden anderen weiblichen Angeklagten auf die Jüngere los, die sich – augenscheinlich aufgrund der Übermacht ihrer Kontrahentinnen – nicht wehrte. Die Schlägerinnen versetzten ihr allesamt mehrere teilweise äußerst heftige Ohrfeigen, welche die 15-Jährige über sich ergehen ließ. Eines der Mädchen brachte dann auch noch ihren damaligen Freund zum Hinschlagen, indem sie ihm “Zeig was du kannst”, “Demolier’ sie” und “Mach mich stolz, Schatz” zurief.

“Ich bin leicht zu überreden”, erklärte der 16-Jährige dem Gericht, der dem Mädchen darauf zwei weitere kräftige Ohrfeigen versetzt hatte. Seit wenigen Tagen sitzt der Bursch übrigens wegen mehrerer Hass-Postings in U-Haft, nachdem er wüste Drohungen gegen Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) ausgestoßen hatte.

Bereits zwei Vorstrafen wegen Körperverletzung – es handelte sich dabei jeweils um Faustschläge ins Gesicht, in einem Fall wurde das Opfer zusätzlich mit einem gezückten Messer bedroht – hat ein 21-jähriger gebürtiger Tschetschene auf dem Kerbholz, der laut Anklage der 15-Jährigen den finalen Faustschlag versetzte. Erwiesenermaßen hatte sich der Älteste zunächst zurückgehalten, wurde dann aber von den weiblichen Angeklagten regelrecht bedrängt, der 15-Jährigen auch noch eine zu verpassen. “Ich war damals so dumm. Ich hätte weggehen und Hilfe holen sollen”, sah er auf der Anklagebank spät, aber immerhin doch ein. Er habe “zugeschlagen, weil ich genervt wurde, dass ich sie schlagen soll”, stellte er fest. “Warum haben sie die Faust genommen?”, wollte die Vorsitzende wissen. – “Ich wollte sie nicht verletzen. Ich wollte ihr wehtun.”

Der letzte Schlag hatte es in sich. Die 15-Jährige erlitt einen zweifachen Bruch des Unterkiefers. Sie verlor auch einen Zahn. Weiters wurden im Spital, in dem sie behandelt werden musste, eine Schädelprellung, Prellungen und Blutunterlaufungen beider Gesichtshälften diagnostiziert. Auf die Frage der Richterin, weshalb sie nicht weggelaufen sei, bemerkte das als Zeugin geladene Mädchen: “Das wäre aussichtslos gewesen. Ich wäre noch stärker verprügelt worden.” Die Hauptangeklagte habe sie zu Beginn wissen lassen: “Jetzt kriegst du das, was du verdienst, weil du so frech gewesen bist.”

Die Clique hatte die Prügel-Szenen mitgefilmt und das Video zunächst über WhatsApp verbreitet. In weiterer Folge landete der Mitschnitt auf Facebook, wo er drei Millionen Mal angeklickt wurde. Das Gewalt-Video war über Tage hinweg abrufbar. Erst nach Kritik am US-amerikanischen Unternehmen und entsprechenden Aufrufen wurde der Beitrag gelöscht.

Nur einen Tag nach diesem Vorfall hatte die Clique eine weitere “Bestrafungsaktion” durchgeführt. Die 16 Jahre alte Hauptangeklagte trat einem 14 Jahre alten Mädchen ins Gesicht, wobei der 21-Jährige das Opfer festhielt und der 16-Jährige die Szenen mitfilmte. Auf dem Video ist zu hören, wie ein Zuseher lautstark “Kieferbruch!” fordert. Dieses Mädchen kam vergleichsweise glimpflich davon, so dass die zweite Gewalttat vom Schöffensenat lediglich als leichte Körperverletzung (Paragraf 83 StGB) gewertet wurde.

(APA/Red)

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