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"Geschummelt, dass sich die Balken biegen": Grüne mit heftiger Kritik an Sebastian Kurz

ÖVP-Chef Sebastian Kurz wird vom grünen Verkehrssprecher Georg Willi scharf kritisiert.
ÖVP-Chef Sebastian Kurz wird vom grünen Verkehrssprecher Georg Willi scharf kritisiert. ©APA/Herbert Neubauer
Der grüne Verkehrssprecher Georg Willi wirft Sebastian Kurz vor, "unsachlichen Wahlkampflärm" zu erzeugen. Der ÖVP habe bei den Zahlen über die Verfahrensdauer der dritten Piste geschummelt.

Heftige Kritik an dem Vorschlag von ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz, eine zeitliche Beschränkung für Verwaltungsverfahren einzuführen, gibt es von den Grünen. Der grüne Verkehrssprecher Georg Willi wirft Kurz vor, bei den Zahlen über die Verfahrensdauer der dritten Piste geschummelt zu haben. Die Grünen fordern bessere Behörden-Ausstattungen und mehr Amtssachverständige statt zeitlichen Fristen.

Willi wirft Kurz vor, mit falschen Zahlen zur Verfahrensdauer der dritten Piste am Flughafen Schwechat “unsachlichen Wahlkampflärm” zu erzeugen. “Da wird geschummelt, dass sich die Balken biegen”, heißt es in einer Aussendung. Laut der Datenbank der Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) des Umweltbundesamtes stamme der Antrag auf Genehmigung der Piste vom 13.3.2007, so Willi. Die Unterlagen wären demnach erst am 22.8.2011 vollständigen gewesen. “Wir reden also nicht von 17, sondern knapp sechs Jahren Verfahrensdauer”, betonte Willi in einer Aussendung. Das Mediationsverfahren, das von der Flughafen Wien AG durchgeführt wurde, zähle “dezidiert nicht zum UVP-Verfahren.”

Eine Verfahrensdauer von sechs Jahren möge lang erscheinen, sie stelle aber in der durchschnittlichen Betrachtung einen Ausreißer dar, betonte Willi. Der jüngste UVP-Bericht von 2015 weise von der Einreichung bis zur Entscheidung der Landesregierung durchschnittlich 23,4 Monate Verfahrensdauer nach, ab Vollständigkeit der Antragsunterlagen durchschnittlich 13 Monate (2014).

Kritik an Sebastian Kurz: Georg Willi spricht von “Schnapsidee”

Eine “Fallfrist für UVP-Verfahren” einzuführen, bezeichnete Willi als eine “Schnapsidee”, die dem Rechtstaats-Prinzip widerspreche. Die Grünen fordern hingegen eine bessere Behörden-Ausstattung und mehr Amtssachverständige. “Wir Grüne stehen für effizientere Genehmigungsverfahren, aber sicher nicht für einen Abbau von Umwelt- und Beteiligungsstandards. Ich erwarte mir vom ÖVP-Chef, dass er dem überlauten Fluglärm den Kampf ansagt und nicht unsachlichen Wahlkampflärm erzeugt”, so Willi.

Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) stellte sich indes hinter Kurz. “Wenn – so wie beim Projekt “dritte Piste” in Wien – ein Verfahren 17 Jahre lang dauert und mehr als 100 Millionen Euro verschlingt, dann läuft etwas gravierend falsch”, meinte Platter in einer Aussendung. Man müsse Investoren Klarheit bieten, damit sie nicht “entnervt das Handtuch werfen” und dadurch Österreichs Standortqualität und Innovationskraft beschädigt werde. Platter betonte, dass auch die Landeshauptleute sich bei ihrer letzten Konferenz in Alpbach für effizientere Genehmigungsverfahren ausgesprochen hätten. “Wir müssen deshalb gemeinsam versuchen, die Verfahren schneller und unbürokratischer zu machen”, sagte Platter.

Flughafenvorstand bestätigt Verfahrensdauer von 17 Jahren

Der Flughafenvorstand Günther Ofner stellt sich in der Diskussion um die Verfahrensdauer bezüglich der dritten Piste am Wiener Flughafen hinter ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Das Projekt befinde sich derzeit im 18. Jahr, so Ofner gegenüber der APA. Es sei “pure Polemik”, diese Jahresanzahl zu verkürzen.

Seine Kritik richtete sich an den grünen Verkehrssprecher Willi, der zuvor behauptet hatte, dass das Verfahren bisher nur sieben Jahre gedauert habe. Gegenüber der APA erklärte Ofner, dass das Projekt seit 1999 verfolgt werde. 2001 habe das Mediationsverfahren begonnen, das 2005 seinen Abschluss in einem Mediationsvertrag zwischen Bürgerinitiativen, Anrainergemeinden und den Ländern Wien und Niederösterreich gefunden habe. 2007 wurde dann ein Antrag auf Genehmigung der Piste eingereicht. Daher befinde sich das Projekt derzeit im 18. Jahr und “man müsse ein Prophet sein, um zu wissen, wie lang es dauern wird, da derzeit noch nicht einmal die Entscheidung zweiter Instanz vorliegt”, sagte Ofner im Gespräch mit der APA.

Ofner betonte außerdem, dass es in Zukunft nicht so weiter gehen könne. Solche Verfahren würden monströse Kosten für Projektwerber und die öffentliche Hand verursachen. Zweistellige Millionenbeträge müssten ausgegeben werden bevor Rechtssicherheit gewährt werden würde. Dies würde dem österreichischen Wirtschaftsstandort immens belasten und beschädigen. Die verfahrensverlängernden Faktoren seien laut Ofner in Österreich und nicht auf EU-Ebene zu finden. Er sprach in diesem Zusammenhang von einem “Gold-plating von EU-Normen durch zusätzliche österreichische Bestimmungen”, das dringend beseitigt gehöre.

(APA, Red.)

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