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Geschichte der Winterspiele: 1988 - 2010

CALGARY 1988: Zehn Medaillen für Österreich. Was für eine Wohltat nach dem Desaster von Sarajevo. Die Alpinen rehabilitierten sich eindrucksvoll für die Blamage von 1984.

Dreimal Gold – Anita Wachter und Hubert Strolz in der Kombination, Sigrid Wolf im erstmals ausgetragenen Super G – und dreimal Silber. Je einmal Silber und Bronze ging auf das Konto der Nordischen Kombinierer (Klaus Sulzenbacher bzw. Mannschaft) und des Eisschnellläufers Michael Hadschieff. Die herausragendsten Akteure in einem olympischen Monsterfeld von 1.423 Athleten (57 Nationen) waren die niederländische Eisschnellläuferin Yvonne van Gennip und der finnische Skispringer Matti Nykänen, die jeweils dreimal als Sieger geehrt wurden. Im Duell Sowjetunion gegen DDR hatten diesmal – und zum letzten Mal – die UdSSR-Athleten die Nase vorn.

ALBERTVILLE 1992:
Das Traumjahr für Österreich und das Jahr der Veränderungen. 21 Medaillen eroberten Patrick Ortlieb, Petra Kronberger, Ernst Vettori und Co, davon sechs in Gold, sieben in Silber und acht in Bronze. Das Team der früheren Sowjetunion trat unter der Bezeichnung “GUS“ (Gemeinschaft Unabhängiger Staaten) an, Ostdeutschland wurde nahtlos in die gesamtdeutsche Mannschaft integriert. Die GUS kam und gewann die Nationenwertung mit 26 Medaillen (10 Gold, 10 Silber, 6 Bronze). Erfolgreichste Athletin war Langläuferin Ljubow Jegorowa, die neben drei Goldmedaillen auch noch zweimal Silber holte. Die Teilnehmerzahl stieg nochmals rapide auf 1.801, 64 Nationen beteiligten sich in Savoyen. Zur Erinnerung: 1924 in Chamonix waren es 258 Sportler aus 16 Nationen gewesen.

LILLEHAMMER 1994:
Ausnahmsweise gab es nur zwei Jahre Pause, weil das IOC die Winter- und Sommerspiele nicht mehr im selben Jahr austragen wollte. Es wurde ein riesiges Volksfest, Freundlichkeit und Begeisterungsfähigkeit der angeblich so “kühlen“ Norweger steckten alle an. Getrübt wurde ihre Freude allerdings durch ein Defizit von etwa sieben Milliarden Schilling (509 Mio. Euro).

Viele Athleten nutzten den verkürzten Zyklus und verteidigten ihre Titel erfolgreich. Für Österreich gab es mit neun Medaillen ein durchschnittliches Ergebnis. 30 Jahre nach Pepi Stiegler holte Thomas Stangassinger wieder Slalomgold für Rot-Weiß-Rot, Eisschnelllauf-“Gräfin“ Emese Hunyady sorgte über 1.500 m für den zweiten Erfolg und fügte noch eine Silberne über 3.000 m hinzu. Zudem gab es zwei Silberne und vier Bronzene. In der Nationenwertung teilte sich die GUS zwar auf viele Einzelstaaten auf, dennoch gewann Russland mit elfmal Gold, achtmal Silber und viermal Bronze. Am erfolgreichsten war wie schon zwei Jahre davor Langläuferin Ljubow Jegorowa mit einer Bilanz von 3-1-0. Auch der norwegische Eisschnellläufer Johann Olav Koss glänzte mit drei Titeln, bei den Alpinen überraschte der Deutsche Markus Wasmeier mit zwei Goldenen.

NAGANO 1998:
Die olympische Geburtsstunde des “Herminators“. Hermann Maier war der Star der Alpinen, die mit elf Medaillen (neuer Rekord für die Alpinen) maßgeblich am zweitbesten Ergebnis für Österreich bei Winter-Olympia beteiligt waren. Mit 17 Medaillen – drei Goldene, fünf Silberne und neun Bronzene – kehrte die ÖOC-Abordnung heim. Zwei Goldene eroberte Hermann Maier. Nur drei Tage nach seinem “Jahrhundertsturz“ in der Abfahrt raste er zu Gold im Super G, dem er auch noch Gold im Riesentorlauf folgen ließ. Für die dritte Goldmedaille sorgte Mario Reiter in der Kombination. Österreich landete auf Rang acht der Medaillenbilanz, beste Nation war Deutschland mit 29 Mal Edelmetall. Pech hatten die ÖSV-Damen. Michaela Dorfmeister verfehlte Gold im Super G nur um eine Hundertstelsekunde, dem knappsten Rückstand in der Olympia-Geschichte. Auch die ÖSV-Langläufer schrieben Geschichte: Markus Gandler (Silber über 10 km) und Christian Hoffmann (Bronze über 50 km) am Abschluss-Tag sorgten für die ersten Langlauf-Medaillen Österreichs.

Erfolgreichste der 2.177 Athleten aus 72 Ländern – erstmals waren mehr als 2.000 Sportler am Start –  bei den XVIII. Spielen war die Russin Larissa Lasutina mit dreimal Gold und je einmal Silber und Bronze. Der Norweger Björn Dählie stockte sein Olympia-Konto mit drei Goldenen und einer Silbernen auf acht Goldene und vier Silberne auf und avancierte damit zum erfolgreichsten Olympia-Teilnehmer der Geschichte.

SALT LAKE CITY 2002:
Fritz Strobl (Abfahrt), Stephan Eberharter (RTL) und Christian Hoffmann (30-km-Langlauf) holten drei Goldmedaillen für das ÖOC-Aufgebot, das mit 17 Stück Edelmetall ex aequo mit Nagano das zweiterfolgreichste der Geschichte nach Albertville 1992 (21) war. Norwegen führte die Medaillenbilanz mit 13 Goldenen vor Deutschland (12) an.

Entscheidungen des Obersten Sportgerichts in Lausanne sorgten für Verschiebungen. So wurde u.a. der gedopte Langläufer Johann Mühlegg disqualifiziert – Christian Hoffmann rückte dadurch auf Rang eins, Michail Botwinow auf Platz zwei vor – ebenso wurden die Russinnen Larissa Lasutina und Olga Danilowa sowie der Schotte Alain Baxter (Slalom-Bronze ging an Benjamin Raich) aus der Wertung genommen.

TORINO 2006:
Die XX. Olympischen Winterspiele wurden vom 10. bis 26. Februar 2006 in Turin, der Hauptstadt der italienischen Region Piemont, ausgetragen. Nach den Winterspielen 1956 in Cortina d’Ampezzo fanden damit zum zweiten Mal Olympische Winterspiele in Italien statt. Mit 80 teilnehmenden Nationen stellten die Spiele von Turin zudem einen neuen Teilnehmerrekord auf.

Der erfolgreichste Athlet dieser Winterspiele war mit drei Goldmedaillen und einer Bronzemedaille der südkoreanische Shorttrack-Läufer Ahn Hyun-soo, erfolgreichste Teilnehmerin die ebenfalls aus Südkorea kommende und im Shorttrack startende Jin Sun-yu mit drei Olympiasiegen.

Österreich holte insgesamt 23 Medaillen, neun davon in Gold, jeweils sieben in Silber und Bronze.

VANCOUVER 2010:
Hunderttausende Gäste in der westkanadischen Metropole Vancouver und die Leistungen der Athletinnen und Athleten haben die XXI. Olympischen Winterspiele zu einem echten Fest des Sports werden lassen. Verstärkt wurde die gute Stimmung durch die Erfolge der Kanadier, die erstmals über den ersten Platz in der Medaillenwertung jubeln durften. Das “Höher, weiter und schneller” wurde allerdings beim Bau mancher Sportstätte übertrieben. Der Tod des geogischen Rodlers Nodar Kumaritaschwili nach einem Sturz im Eiskanal in Whistler überschattete das weltgrößte Wintersportfest.Das 81-köpfige österreichische Aufgebot erreichte mit 16 Medaillen (4-6-6) das drittbeste Ergebnis der Geschichte, übertraf bei den Nordischen (2-2-3) und den Rodlern (1-1-0) die Erwartungen. Dass die Alpin-Herren erstmals leer ausgingen, schmerzte jedoch sehr. In Summe holten die Alpinen zehn Medaillen weniger als vor vier Jahren in Turin. Dafür stand im Gegensatz zu 2002 diesmal alleine der Sport im Mittelpunkt, das Thema Doping blieb in Kanada insgesamt ausgeblendet.

Dafür wurde gefeiert, nicht nur bei den abendlichen Siegerehrungen in Vancouver und Whistler vor Tausenden Fans. “Die Spiele haben unser Land mehr vereint”, freute sich John Furlong, der Präsident des Organisationskomitees VANOC schon vor dem Ende der Spiele. Zu deren Erfolg haben nicht zuletzt die Freundlichkeit der Kanadier und das Lächeln der mehr als 20.000 freiwilligen Helfer beigetragen.

Das VANOC wollte Spiele für die Athleten ausrichten und das ist bei den Quartieren vollauf gelungen. Das Olympische Dorf in Vancouver war von der Lage und der Ausstattung her wohl das schönste, in dem Olympia-Teilnehmer bei Winterspielen – in Kanada war es die Rekordzahl von 2.621 – je gewohnt haben. Die Mehrzahl der ÖOC-Aktiven war im Dorf in Whistler auch gut untergebracht – die Skispringer und der eine oder andere Alpin-Rennläufer profitierten sogar von Privatquartieren.

Die Sportstätten, in denen insgesamt 86 Entscheidungen fielen, waren auf drei Zentren aufgeteilt – Vancouver, Cypress Mountain und Whistler. Trotz der großen Distanz von 125 Kilometern zwischen der Host City am Pazifik und dem Schauplatz in den Bergen gab es kaum Transportprobleme – an lange Busfahrten sind Medienvertreter bei Winterspielen ohnehin gewöhnt. Und auch an ständige Sicherheitskontrollen an den Schauplätzen.

Für Olympia-Veranstalter nimmt das Thema Sicherheit mittlerweile einen enormen Teil des Budgets in Anspruch. Rund 16.000 Polizisten und Soldaten waren im Einsatz, die vom VANOC ursprünglich vorgesehenen Kosten explodierten auf umgerechnet 610 Millionen Euro. Die Olympischen Spiele haben mittlerweile auch im Winter Dimensionen erreicht, die die Möglichkeiten eines kleinen Landes in manchen Bereichen sprengen würden.

In puncto Sportstätten hätte Salzburg 2010, das gegen Vancouver und danach auch bei der Wahl der Olympia-Stadt 2014 gescheitert ist, freilich keinen Vergleich mit Vancouver zu scheuen gebraucht. Denn da wurde in Kanada mehrfach über das Ziel hinausgeschossen. Die Strecke für Snowboard Cross sowie die Halfpipe haben nicht wenige Teilnehmer überfordert. Der olympische Eiskanal bedeutete sogar eine Gefahr für die Gesundheit. Die Strecke, bei der die Höchstgeschwindigkeit von berechneten 137 km/h in der Realität auf rund 150 km/h schnellte, stellte ab den ersten Fahrten bei den Homologierungen Rodler und Bob-Piloten vor enorme Probleme.

Stürze und Verletzungen waren auch nach Adaptierungen an der Tagesordnung. Es kam noch ärger: Erstmals wurden Winterspiele mit dem schlimmstmöglichen Zwischenfall konfrontiert. Am Tag der Eröffnungsfeier trug der Sport Trauer, der 21-jährige Rodler Kumaritaschwili erlag nach einem Trainingsunfall seinen Verletzungen.

Dennoch wurden die Bewerbe fortgesetzt, wenn auch für die Rodler auf verkürzten Strecken. In den Bob-Bewerben kam es zu zahlreichen Stürzen, von denen sogar Olympia-Medaillengewinner betroffen waren (und auch der Österreicher Wolfgang Stampfer), und auch zu Verletzungen.

Für das Wetter konnten die Gastgeber freilich nichts. Es war nicht so schlimm wie bei früheren Alpin-Ereignissen in Japan, die Aktiven mussten sich aber auf Verschiebungen und teilweise ungewohnte Pisten- und Streckenverhältnisse einstellen. Die Herren-Abfahrt musste verschoben werden und das führte zu weiteren Änderungen im Programm. Nebel erzwang eine Austragung des Damen-Riesentorlaufs an zwei Tagen, Langläufer kämpften sich über vom Regen aufgeweichte Loipen. Den Ärger der besten Athleten zog sich die Jury im Großschanzen-Bewerb der Nordischen Kombination zu, als sie die fünf Topstars im Springen antreten ließ, obwohl diese angesichts der Bedingungen von Haus aus chancenlos waren.

Doch das soll das Gesamtbild der Winterspiele in British Columbia nicht trüben. Rund drei Milliarden TV-Zuschauer weltweit verfolgten das weltgrößte Wintersportereignis, bei dem Kanada finanziell pari auszusteigen hofft. Vancouver, das in der Wertung der lebenswertesten Städte der Welt (wie Wien) stets einen Spitzenplatz einnimmt, habe seine Position weiter gestärkt, glaubt Furlong. “Die Stadt strahlt jetzt noch mehr Stärke, Selbstvertrauen und Zuversicht aus.”

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