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Geplatzter Rouhani-Besuch: Präsident wäre allen BP-Kandidaten willkommen

Hassan Rouhanis Besuch wird wahrscheinlich im September nachgeholt
Hassan Rouhanis Besuch wird wahrscheinlich im September nachgeholt ©APA/AFP/AAMIR QURESHI
Der geplatzte Besuch des iranischen Präsidenten Hassan Rouhani ist nach Experten-Einschätzung einer innenpolitischen Krise des Landes geschuldet. Sein Staatsbesuch könnte womöglich im September 2016 nachgeholt werden - er wäre jedem der Bundespräsidenten-Anwärter willkommen.
Reduziertes Event in Wien
Spekulationen nach Absage

Allerdings würde Rouhani dann nicht mehr Bundespräsident Heinz Fischer, sondern einer der sechs Kandidaten, die sich um seine Nachfolge bewerben, empfangen. Derzeit wäre er bei allen Präsidentschaftskandidaten willkommen, wie eine APA-Umfrage ergab.

Khol und Hundstorfer über Hassan Rouhani

Andreas Khol (ÖVP) würde sich zwar zuerst über die “wahren Gründe der Absage Rouhanis informieren lassen”, wenn diese aber “nachvollziehbar” seien, würde er die Einladung wiederholen. “Ich habe keine persönliche Bekanntschaft mit Herrn Rouhani, ich kenne nur seine Stellung im iranischen Staatsgefüge und seine Rolle bei der Beilegung des Atomstreites, wo es auch um die Lebensrechte von Israel ging. Ich unterstütze die Politik der Liberalisierung und einer Demokratisierung des iranischen Regimes. Für mich ist Präsident Rouhani augenscheinlich der Exponent eines Weges zu einer Reform im Iran und daher unterstütze ich auch die derzeitige Bundesregierung und den Herrn Bundespräsidenten dabei, diese Reform und die Menschenrechtselemente zu stärken”, so Khol.

Auch Rudolf Hundstorfer (SPÖ) ließ über seine Pressesprecherin verlauten, dass ein womöglich geplanter Besuch im September auch sinnvollerweise abgehalten werden sollte. “Wir würden das jetzt nicht anders handhaben als der amtierende Präsident. Bei Diplomatie und dem Austausch von Beziehungen geht es immer um Gespräche. Wenn man internationale Beziehungen ablehnt, lehnt man letztlich auch jede Möglichkeit ab, auch schwierige Themen – wie zum Beispiel Menschenrechtsverletzungen – anzusprechen, sich darüber auszutauschen und gegebenenfalls auch zu kritisieren”, so die Sprecherin.

Hofer und Van der Bellen würden Irans Präsidenten empfangen

Norbert Hofer (FPÖ) würde den iranischen Präsidenten Rouhani ebenso in Empfang nehmen. “Aber ich würde darauf hinweisen, dass das Existenzrecht Israels anzuerkennen ist. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ein Gesprächspartner auf internationaler Ebene besonders geschätzt wird, wenn er auch klare Positionen vertritt. Rouhani muss wissen, dass das bei einem Empfang mit mir Thema sein wird”, stellte Hofer klar.

Alexander Van der Bellen meint, dass es “schwer voraus zu sagen” sei, wie die “Situation im Herbst” sein werde. “Wenn die Situation unverändert ist, steht einem Besuch Rouhanis nichts im Wege. Man kann sich die Regierungen nicht aussuchen – nicht in China, nicht im Russland und nicht im Iran. Im Gespräch zu bleiben ist in der Regel besser als nicht im Gespräch zu sein. Wenn Fischer im Iran war, erfolgt automatische eine Gegeneinladung an den iranischen Präsidenten. Eine Ausladung wäre ein diplomatischer Fauxpas ohne Grund – die Einladung steht ja”, erklärte Van der Bellen.

Auch Griss und Lugner für Rouhani offen

Ähnlich reagierte Irmgard Griss: “Irans Präsident hat eine gewisse Liberalisierung und Demokratisierung angestoßen. Das könnte sich auf die gesamte Region positiv auswirken. Ob die Einladung an Hassan Rouhani erneuert werden soll, kann derzeit nicht endgültig beurteilt werden. Das hängt von den dann gegebenen Umständen im Iran und im Nahen Osten und auch ganz entscheidend davon ab, ob der Besuch angesichts dieser Umstände im Interesse Österreichs liegt.”

Richard Lugners Pressesprecher erklärte, dass der “Dialog und die Kommunikation” auch mit “solchen Herrschern” sehr wichtig sei. “Herr Lugner kritisiert sehr stark die Haltung vom iranischen Präsidenten, vor allem im Bezug darauf, dass Rouhani ein Holocaust-Leugner ist und das ist etwas, was Herr Lugner ablehnt. Die Linie von Herrn Fischer, keinem den Handschlag zu verwehren, findet Herr Lugner selbst auch gut und er würde auch selbst so handeln. Man sollte auf diplomatische Art und Weise Lösungen finden”, so der Pressesprecher Lugners.

Grüne Anfrage nach Rouhani-Absage

Die Grünen bringen nach der überraschenden Absage des Wien-Besuches des iranischen Präsidenten am Freitag eine Anfrage an das Außenministerium und das Bundeskanzleramt ein. Es gehe darum, welche Gründe die kurzfristige Absage hat und “welche Forderungen im Vorfeld gestellt wurden – und wie Österreich darauf reagierte”, teilte die außenpolitische Sprecherin Tanja Windbüchler der APA mit.

Platzen von Rouhani-Besuch wegen “innenpolitischer Krise”

Das Platzen des Wien-Besuchs von Irans Präsidenten Hassan Rouhani ist nach Experten-Einschätzung einer innenpolitischen Krise des Landes geschuldet. “Die politischen Auseinandersetzungen in Teheran sind viel stärker als man geglaubt hat”, sagte der österreichische Iran-Experte Walter Posch in einem APA-Interview. Diese “extreme Krise” erfordere die “persönliche Anwesenheit Rouhanis vor Ort”.

Nach der Einigung im Atomstreit und den Parlamentswahlen im Februar, bei der Rouhanis Reformer starke Zugewinne verzeichnen konnten, haben sich die Fronten in Teheran verhärtet. Die von Rouhani forcierte wirtschaftliche, aber auch kulturelle Öffnung des Iran gegenüber dem Westen ist den Konservativen ein Dorn im Auge – allen voran dem obersten geistlichen und politischen Führer des Iran, Ayatollah Ali Khamenei.

“Eindeutiges Zeichen von Khamenei”

Als “eindeutiges Zeichen von Khamenei” wertete Posch in diesem Zusammenhang auch die jüngsten Raketentests. Die Revolutionsgarden, die Elitearmee der Islamischen Republik, hatten nach offiziellen Angaben Anfang März Kurz-, Mittel- und Langstreckenraketen getestet, um das “Abschreckungspotenzial” des Landes vorzuführen. Die Truppen sind Khamenei zugeordnet.

Rund ein halbes Jahr nach der Einigung im Atomdeal ist Khamenei dem Iran-Experten zufolge “frustriert”. Es sei nicht das eingetreten, was Khameneis Ansicht nach das Nuklearabkommen bringen hätte sollen – nämlich der “Aufschwung der Wirtschaft” sowie die “Auflösung der Sanktionen im Bankenwesen”. Dabei geht es um den erhofften Anschluss an den internationalen Zahlungsverkehr (Swift). Als Warnung an Rouhani gerichtet, wollte Khamenei mit den Raketentests auch gegenüber der internationalen Gemeinschaft laut Posch deutlich machen: “Wir haben ein Abkommen. Haltet euch an unser Versprechen”.

Geschäfte mit dem Iran

Nach der Einigung im Atomstreit hatten die EU und die USA im Jänner die meisten Sanktionen gegen die Islamische Republik aufgehoben. Europäische Finanzinstitute fürchten jedoch noch immer juristische Probleme, weil einige US-Strafmaßnahmen in Kraft blieben – so das Verbot für US-Banken, direkt oder indirekt mit dem Iran Geschäfte zu machen. Zuletzt beklagte die iranische Notenbank ein zögerliches Bankgeschäft.

Hinzu kommen die durch die Parlamentswahlen entstandenen innenpolitischen Spannungen. Verlierer der Wahlen und Gegner des Nuklearabkommens fürchten laut Posch nun, dass “sie ihre Schlüsselposition im Sicherheitsbereich verlieren” sowie ihren “Zugang zu wirtschaftlich lukrativen Jobs”. “Das einzige Druckmittel, das diese Leute nun gegen Rouhani haben – nachdem er ihnen ideologisch und intellektuell überlegen ist – liegt im Bereich der Wirtschaftspolitik”, erklärt Posch. Rouhanis Reisen in EU-Länder – bisher Frankreich und Italien – sind dabei ein gefundenes Fressen. “Rouhani ist bisher in so viele Länder gefahren und nichts ist dabei rausgekommen”, lautet dem Iran-Experten zufolge ihre Kritik.

Innenpolitische Krise?

Als Indiz für eine innenpolitische Krise und keinen bilateralen Grund für die Verschiebung des Besuchs wertet Posch auch die Absage der Reise Rouhanis in den Irak. Dort hätte er den führenden schiitischen Geistlichen, Großayatollah Ali al-Sistani, treffen sollen.

Posch war in den vergangenen Jahren unter anderem als Wissenschafter beim “European Union Institute for Security Studies in Paris” und der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin tätig. Seit vergangenem Jahr arbeitet er wider am Institut für Friedenssicherung und Konfliktmanagement (BLMVS) der Landesverteidigungsakademie in Wien. Seine Forschungsschwerpunkte sind “Islamistischer Fundamentalismus und Terrorismus”, die “Irak-Krise” und “Machtstrukturen der islamischen Republik Iran”.

(Das Gespräch führte Elisabeth Hilgarth/APA)

(Alternative Schreibweise: Hassan Rohani)

>>Nach Rouhani-Absage: Iran-Wirtschaftsforum reduziert

(apa/red)

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