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Geheime Schnatterei auf Reisen: Bianca Gusenbauer im Interview

Bianca Gusenbauer hat von ihren Reisen Rezepte als Souvenirs mitgebracht.
Bianca Gusenbauer hat von ihren Reisen Rezepte als Souvenirs mitgebracht. ©Jürgen Pletterbauer
Ein Jahr lang nicht arbeiten und stattdessen die Welt bereisen - diesen Traum haben viele. Bianca Gusenbauer hat sich diesen Traum erfüllt und von ihren Reisen ganz besondere Souvenirs mitgebracht: Rezepte. VIENNA.at hat die Autorin des Reisekochbuchs "Geheime Schnatterei auf Reisen" zum Interview getroffen.

Bianca Gusenbauer war in der Wirtschaft tätig. Nachdem sie neben ihrer Arbeit ein Kochbuch im Eigenverlag herausgebracht hatte, wollte sie sich den “Luxus gönnen”, ein Jahr Pause zu machen. Dieses Jahr wollte sie aber nicht “verpuffen” lassen, wie sie sagt, sondern danach “etwas in der Hand halten”. So beschloss sie, ein zweites Kochbuch zu schreiben – über ihr “kulinarisches Wanderjahr”. “Das Leben ist zu kurz und die Welt zu aufregend, entschied ich, um dort zu bleiben, wo es sicher ist”, schreibt sie in “Geheime Schnatterei auf Reisen”. Der ungewöhnliche Titel kommt übrigens daher, dass sie sich mit ihrem Koch- und Kulinarik-Projekt “Geheime Schnatterei” bereits einen Namen gemacht und ihr erstes Kochbuch danach benannt hatte.

Bianca Gusenbauer auf Reisen

Begonnen hat Bianca Gusenbauer ihre Reisen im März 2013. Nicht alle Destinationen haben es ins Buch geschafft, denn neben Rio de Janeiro, Tokyo, Seoul, Shanghai, Hamburg, Bratislava, Lissabon, Tel Aviv, Wien und Venedig hat sie auch zahlreiche andere Städte besucht. Von jeder ihrer Reisen hat sie sieben Rezepte als Souvenirs mitgebracht. Neben den Rezepten gibt es aber auch konkrete Tipps für Reisende: Bianca Gusenbauer empfiehlt beispielsweise einen Besuch auf dem größten Fischmarkt der Welt in Tokio, verweist auf eine “Tea Therapy Clinic” in Südkorea, nennt die vermutlich beste Adresse für Hummus in Tel Aviv, verrät, wo man in Bratislava eine Prager Bierstube findet und stellt die besten Kaffeehäuser Wiens vor.

Die Dauer der Reisen war höchst unterschiedlich: Während sie nur ein verlängertes Wochenende in Bratislava verbrachte, blieb sie für sechs Wochen in Brasilien – und vor dieser Reise lernte sie extra Portugiesisch. Und auch bei der Organisation gab es erhebliche Unterschiede: Während sich ihre Kochpartner in Japan bereits Wochen im Voraus einen Termin mit ihr ausmachen wollten, bei dem sie die exakte Uhrzeit und sogar den Ausgang der U-Bahnstation, an der man sich treffen würde, bereits vereinbaren wollten, hieß es in Brasilien hingegen: “Ja, komm einmal und dann schauen wir.”

Mehr als nur ein Kochbuch

“Geheime Schnatterei auf Reisen” ist mehr als nur ein Kochbuch. Es ist ein Kochbuch, das Appetit auf Neues und aufs Reisen macht. Die Rezepte wurden dem europäischen Lebensmittelangebot angepasst und die Autorin rät, Zutaten, die man nicht auftreiben kann, einfach wegzulassen. Ihre Tipps zielen darauf ab, sich einfach einmal – ob auf Reisen oder in der heimischen Küche – auf Unbekanntes einzulassen und entspannt damit umzugehen. “Haben Sie keine Angst vor Garküchen!”, macht die gelernte Köchin Mut, auch das Streetfood eines Landes kennenzulernen.

Das Buch ist sehr aufwendig und liebevoll gestaltet, auf ihren Reisen hat die Autorin bereits Geschirr und Requisiten besorgt, um die Gerichte später entsprechend präsentieren zu können. Bei Rezepten mit Fleisch werden für Vegetarier in vielen Fällen fleischlose Alternativen aufgelistet. Ungewöhnlich für ein Kochbuch: Abgesehen vom Layout hat Bianca Gusenbauer bei “Geheime Schnatterei auf Reisen” alles alleine gemacht: Von ihr stammen nicht nur die Texte und die Rezepte, sondern auch sämtliche Fotos. Sogar das Foodstyling hat sie nicht aus der Hand gegeben. “Man muss sich einfach nur trauen”, meint sie lächelnd und achselzuckend, wohlwissend, dass sie in ihrer Branche einige der wenigen ist, die alle diese Dinge auf einmal beherrschen.

Kulinarisch die Welt entdecken

Sie selbst isst am liebsten asiatisch oder mediterran, grundsätzlich eher vegetarisch und mag “die vollen, herausfordernden Aromen”. Österreichische Gerichte, so gesteht die Mühlviertlerin, seien ihr oft “zu fad”. Bei aller Aufgeschlossenheit gegenüber exotischem Essen gibt es jedoch auch für sie Grenzen: In Korea gibt es ein Gericht mit fermentiertem Fisch, der stark nach Ammoniak riecht. Diesen wollte, bzw. konnte sie aufgrund des Geruchs nicht probieren. Portugiesisches Essen hingegen hat sie positiv überrascht: “Visuell können die Speisen zwar oft nur wenig punkten, aber geschmacklich durchaus mehr.”

Häufig wird sie gefragt, wie sie die Reise finanzieren konnte. Sie kann gut organisieren und war nicht als klassische Touristin unterwegs. Übernachtet hat sie in Hostels, bei Freunden bzw. Freunden von Freunden oder hat über Airbnb einen Schlafplatz gefunden. Kontakte hat sie schon vor den Reisen geknüpft. Hotels hat sie ausgelassen und zum Essen war sie häufig eingeladen. Das Kochen war für sie ein guter Ausgleich zum “passiven Reisen”, von dem sie bald genug hatte. Aber auch beim Kochen warnt sie vor Passivität: “Es geht nicht nur darum, Rezepte nachzukochen, sondern da steckt ja auch Kultur dahinter.”

Die Reise ist noch nicht vorbei

Zwei gegenläufige Trends seien es, die sie während ihrer Reisen beobachten konnte: Einerseits gleiche sich durch die Globalisierung vieles an (“wir werden nivelliert beim Geschmack”), andererseits gibt es in allen Ländern eine Rückbesinnung auf nationale Esskultur und eine Wiederentdeckung alter Obst- und Gemüsesorten.

Nach dem kulinarischen Wanderjahr ist Bianca Gusenbauers Reise noch nicht vorbei, im Gegenteil: Ihre großen Leidenschaften Essen und Reisen sollen auch weiterhin im Mittelpunkt ihrer Arbeit stehen. Aber “im Büro sitzen” mag sie nicht mehr. Stattdessen arbeitet sie selbstständig an unterschiedlichen Kulinarikprojekten: Bei der Wiener Sinnestour bietet sie gemeinsam mit Elisabeth Buchinger “sensorische Spaziergänge” durch Wiener Grätzel an, außerdem leitet sie Kochkurse und ist als freie Journalistin tätig. Neben dieser “beruflichen Reise” wird es weitere Reisen geben: “Ich bin eh immer unterwegs”, meint sie lachend.

Schnatterei_CoverBuch-Tipp: Bianca Gusenbauer: Geheime Schnatterei auf Reisen – Die besten Rezepte aus meinem kulinarischen Wanderjahr, Pichler, ISBN 978-3-85431-682-4, 224 Seiten, 24,99 Euro (SVA)

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