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Gefühlte 50 Grad beim AKH

©APA/HANS KLAUS TECHT
Gastkommentar von Johannes Huber. Die Politik ist zwar nicht fürs Wetter zuständig. Auf die Hitze muss sie jedoch reagieren. Und zwar nicht nur dort, wo sie unerträglich ist.

Sind Sie im Hochsommer schon einmal in einer U6-Garnitur ohne Klimaanlage gewesen? Nein? Dann stellen Sie sich eine Sauna vor, das kommt dem Erlebnis nahe. Extremer sind die Verhältnisse nur noch in der Überführung, die von der Station Michelbeuern zum AKH führt. Sie ist intelligenterweise mit einem Blechdach versehen, sodass ein gewisser Backofeneffekt entsteht. Gefühlte 50 Grad sind dort die Regel. Das ist absurd: Wer ohnehin schon geschwächt ist und mit öffentlichen Verkehrsmitteln das Allgemeine Krankenhaus aufsucht, der muss da durch; das ist eine echte Qual.

Immerhin kann man sowohl die U6 als auch diese Überführung meiden in der gegenwärtigen Hitzewelle. Bei vielem anderen ist das nicht möglich: In einer klimatisierten Wohnung, einem klimatisierten Auto und einem klimatisierten Büro spielt sich nur der Alltag einer verschwindend kleinen Minderheit ab. Sie darf sich glücklich schätzen. Die Masse schwitzt zumindest vorübergehend, ziemlich viele Menschen leiden sogar darunter. Das ist nicht mehr lustig. Im Gegenteil.

Und zumal Volksgesundheit auch eine Aufgabe der Politik ist, muss sie sich darum kümmern. Die Stadt Wien bietet auf ihrer Website alle möglichen Tipps sowie eine Telefonnummer (1450) an, unter der man sich beraten lassen kann: Was trinken, was essen? Wie kann man bei diesen Temperaturen überhaupt noch Schlaf finden? Und so weiter und so fort. Das Rote Kreuz hat im Shoppingcenter Nord in Floridsdorf sogar einen Kühlraum eingerichtet: Jeder könne sich dort für ein paar Stunden vom Hitzestress erholen, wie es heißt.

Viel mehr ist nötig. Und jetzt ist ausnahmsweise nicht von der Klimapolitik die Rede, die erst längerfristig wirken könnte: Die beste Klimaanlage sei die Natur, behaupten Experten. Wenn man dieser Tage von bewohnten Gebieten in den Prater oder in den Wienerwald geht, dann kann man das nur bestätigen. Schlagartig wird’s frischer. Soll heißen: Wir brauchen mehr grün. Und zwar auch auf den Straßen: Warum nicht das Ziel ausgeben, in jeder Gasse, in der es noch keinen gibt, zumindest alle 50 Meter einen Baum zu setzen. Und wenn es auf Kosten einiger Parkplätze geht: Es nützt allen und ist daher sinnvoll. Wie es im Übrigen auch mehr Wasserflächen und begrünte Dächer tun würden.

Und dann muss man sich zu guter Letzt auch noch einer Frage zuwenden, die man vor ein paar Jahren wohl noch belächelt hätte: Wie kann gekühltes Wohnen gefördert werden? Kein Witz: Heizkostenzuschüsse sind schon lange selbstverständlich. Niemand soll erfrieren. Hitze ist jedoch ebenso ein Gesundheitsrisiko – besonders für Babys und Kleinkinder, Menschen mit Behinderungen, Kranke und Heimbewohner, wie der Sanitätsrat ausführt. Tatsächlich nimmt mit den Temperaturen auch die Sterblichkeit zu. Da darf man nicht wegschauen. Wobei man ja nicht gleich stromfressende Klimaanlagen verteilen müsste. Es gibt zum Glück auch andere Möglichkeiten. Sie müssten nur ausgebaut werden. Übers Wiener Fernwärmenetze läuft zum Beispiel schont seit mehr als zehn Jahren kaltes Wasser zur Gebäudekühlung.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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