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Gas-Streit: Einigung auf einen höheren Preis

Russland und Ukraine haben sich auf eine Preiserhöhung geeinigt. Russisches Gas werde in Zukunft zu einem Preis von 230 Dollar (194 Euro) an den Zwischenhändler Rosukrenergo verkauft. EU zufrieden | Presse

Nach wochenlangem Tauziehen haben Russland und die Ukraine ihren Streit über höhere Gaspreise beigelegt, der auch in Europa zu Lieferausfällen geführt hatte. Moskau und Kiew einigten sich am Mittwoch auf eine komplexe Vereinbarung mit einer fünfjährigen Laufzeit, die beide Seiten als Erfolg werteten. Auch die EU begrüßte die Einigung.

Der Streit ließ Zweifel an der Verlässlichkeit Russlands als Energielieferant aufkommen, da der russische Gasmonopolist Gazprom der Ukraine vorübergehend den Gashahn zugedreht hatte. Zudem befürchteten die Europäer und die USA, dass Russland seine Gas-Exporte als politisches Druckmittel gegen den Westkurs der Ukraine einsetzen könnte. „Diese Vereinbarung wird eine stabile Versorgung Europas gewährleisten“, sagte Gazprom-Chef Alexej Miller in Moskau. Russland liefert rund 25 Prozent des europäischen Gasbedarfs, davon den allergrößten Teil über die Ukraine.

Der Vereinbarung zufolge wird die Ukraine weniger Gas direkt aus Russland importieren, dafür aber rückwirkend mit 1. Jänner den von Gazprom geforderten Preis von 230 Dollar je 1.000 Kubikmeter bezahlen. Durch eine spürbare Erhöhung der Importe billigeren Gases aus Turkmenien (Turkmenistan) und Kasachstan bezahlt die Ukraine jedoch letztlich im Schnitt lediglich 95 Dollar je 1.000 Kubikmeter. Das Geschäft läuft über das Energieunternehmen Rosukrenergo, dessen Aktionäre je zur Hälfte eine Gazprom-Tochter und die Raiffeisen Investment AG (RIAG) sind.

Gazprom verkauft künftig jährlich 17 Milliarden Kubikmeter Gas zum Preis von 230 Dollar je 1.000 Kubikmeter an den Zwischenhändler. Zugleich wird Rosukrenergo aber mehr als 40 Milliarden Kubikmeter günstigeres Gas aus Zentralasien dazukaufen. Hier soll der Preis bei 50 Dollar liegen. Aus diesem Gasmix ergibt sich dann für die Ukraine ein Bezugspreis von 95 Dollar pro 1.000 Kubikmeter. Bisher bezahlte das Land 50 Dollar an Russland sowie einen ähnlich niedrigen Preis an Turkmenien.

Die Ukraine importiert jährlich etwa 60 Milliarden Kubikmeter Gas. Gazprom und die ukrainische Gasgesellschaft Naftogaz (Naftogas) einigten sich zudem auf eine Erhöhung des Durchleitungspreises für russisches Gas, das durch Pipelines über die Ukraine in die EU geliefert wird. Gazprom bezahlt nun künftig 1,65 Dollar statt 1,09 Dollar je 1.000 Kubikmeter.

„Es ist ein Erfolg für Gazprom, und wir sind zufrieden“, sagte der Chef des weltgrößten Gaskonzerns, Miller. Auch Naftogaz-Chef Alexej Iwtschenko zeigte sich zufrieden. „Wir haben eine beiderseits akzeptable Einigung erzielt, die uns die Möglichkeit gibt, den Gasbedarf der Ukraine zu decken und den Gastransit nach Europa zu gewährleisten“, sagte er bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Miller. Auch die ukrainische Regierung begrüßte die Einigung. Ministerpräsident Juri Jechanurow kündigte aber zugleich an, das Land unabhängiger vom russischen Gas machen zu wollen. „Es war uns eine große Lehre“, sagte er.

Die EU will als Konsequenz aus dem Gas-Streit eine koordiniertere Energiepolitik entwickeln. „Abgehakt ist der Gaspreisstreit zwischen Russland und der Ukraine. Aber das ist eine Lektion, aus der wir lernen müssen“, sagte der österreichische Wirtschaftsminister und amtierende Ratsvorsitzende Martin Bartenstein (V) in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit EU-Energiekommissar Andris Piebalgs nach einem Treffen einer Gas-Expertengruppe in Brüssel. Piebalgs betonte, dass das Abkommen „keine Preisauswirkungen für die Europäer“ habe, da die Gaspreise an den Erdölpreis gebunden seien.

Außenministerin Ursula Plassnik (V) begrüßte die Einigung und erklärte laut einer Aussendung, Russland und die Ukraine hätten gezeigt, „dass sie sich ihrer Verpflichtungen in der Energieversorgung Europas bewusst sind“. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel zeigte sich nach Angaben eines Sprechers zufrieden, dass beide Staaten ihre Zusagen über die Lieferung und Durchleitung des Erdgases nach Deutschland und Europa erfüllen wollten.

Die Gazprom-Lieferungen an die Ukraine waren am 1. Jänner eingestellt worden, weil Naftogaz die verlangte Verfünffachung des Preises auf 230 Dollar abgelehnt und eine mehrjährige Anpassungszeit gefordert hatte. Daraufhin kam es auch zu einem Rückgang der über die Ukraine geführten Gaslieferungen an die EU-Länder. Russland beschuldigte die Ukraine, illegal Gas für sich abgezweigt zu haben. Kiew führte die Lieferdrosselung hingegen auf technische Probleme wegen eines Druckabfalls in den Leitungen zurück. Die an der Londoner Börse gehandelten Gazprom-Aktien reagierten mit einem Plus von mehr als vier Prozent auf das Ende des Gas-Streits.

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