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Ganz lieb, Herr Düringer!

Johannes Huber hat sich die Parteigründung des Kabarettisten genauer angesehen
Johannes Huber hat sich die Parteigründung des Kabarettisten genauer angesehen ©APA
Gastkommentar von Johannes Huber. Der Kabarettist spürt, dass irgendetwas nicht stimmt. Daher hat er eine Partei gegründet. Doch das reicht nicht.

Auf ein „G!LT“-Programm wird man wohl lange warten müssen. Die Partei, die Roland Düringer gegründet hat, hat seinen Angaben zufolge nämlich nur einen Zweck: Sie soll allen, die so wie er ein Problem mit „dem System“ haben, die Möglichkeit geben, nicht weiß oder ungültig, sondern irgendetwas zu wählen. Mehr nicht. Düringer selbst will sich dann auch nicht weiter engagieren.

Was ja lustig werden kann: Man stelle sich vor, „G!LT“ kommt bei den nächsten Nationalratswahl auf vier Prozent und erhält fünf Mandate. Leute zu finden, die diese übernehmen würden, wäre wohl ein Leichtes. Allein schon die 8686,30 Euro brutto im Monat würden dafür sorgen. Und im Notfall wären da ja noch immer die verbliebenen Team-Stronach-Abgeordneten, deren Tage im Hohen Haus gezählt sind; der eine oder andere wäre über ein Engagement vielleicht sogar froh.

Das wäre also nicht das Problem: Die „G!LT“-Vertreter müssten sich vielmehr erst überlegen, was sie mit ihrer Macht anfangen. Systemkritik üben und allgemeines Unbehagen äußern, wie es Düringer tut? So berechtigt dies sein mag: Dazu müssten sie nicht in die Politik. Das könnten sie auch in Leserbriefen und Facebook-Postings tun. Oder in Theatersälen und Kinofilmen. Das wäre einfacher. Allein schon das zeigt, wie schwer es für die Gruppe werden würde; und wie sehr die Sache bei der Ernsthaftigkeit, mit der Düringer ans Werk geht, von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.

Was der Schauspieler, TV-Moderator und Kabarettist abgesehen davon möglicherweise übersieht, ist, dass der Markt mit Parteien, die sich gegen „das System“ stellen, bereits voll ist. Allein im Nationalrat sind vier sehr unterschiedliche vertreten: Die FPÖ, die Grünen, die NEOS und das Team Stronach. Gemeinsam blasen sie Rot-Schwarz, Proporz und allem, was dazugehört, den Marsch. Freiheitliche und Grüne haben wiederum ein Problem mit Großkonzernen und der Globalisierung und die NEOS ein solches mit den Kammern, die Eigenverantwortung und freies Wirtschaften behindern.

Und wenn sie bei alledem nach Düringers Geschmack zu unspektakulär sind, dann verkennt er, was ihr Geschäft alles umfasst: Wenn sie ihrer Aufgabe gerecht werden, dann können sie natürlich die Verhältnisse so pauschal anprangern, wie er es tut, müssen sich darüber hinaus aber immer auch überlegen, wie sie sie ändern würden. Und nebenbei dürfen sie sich auch noch mit Justiz-, Gesundheits-, Bildungs-, Föderalismus- und vielen anderen Fragen auseinandersetzen. So wirkungs- und witzlos das sein mag. Aber das gehört nun einmal zur Politik.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.

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