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"Fress-Skandal!" Schweizer erheben schwere Vorwürfe gegen deutsche Bodenseefischer

Schweizer attackieren Deutsche.
Schweizer attackieren Deutsche. ©dpa
Das Fischesterben im Rhein hat begonnen, zumindest auf Schweizer Seite. Es könnte schlimmer werden als im Hitzesommer 2003 fürchten sie. Die Schweizer machen den Bodenseefischern Vorwürfe. Die fragen sich, warum.
Eine Tonne toter Fische aus Rhein geborgen

Bei mehr als 27 Grad Wassertemperatur sind im Hochrhein auf Schweizer Seite mehrere tausend Fische verendet. Nach Angaben des schweizerischen Fischereiverbandes wurde bis Sonntag bereits eine Tonne toter Fische geborgen. Betroffen seien vor allem Äschen, aber auch vereinzelt Barben, Aale und Forellen. Der Verband erhob am Montag schwere Vorwürfe gegen einige deutsche Bodenseefischer: Die Fische müssten gerettet werden, aber stattdessen verkauften einige deutsche Fischer am Bodensee Fänge weiter an Restaurants. “Fress-Skandal” nannte der Verband dies.

“Gnadenlos Kapital aus Situation geschlagen”

“Während die Fischer am Rhein pausenlos mit allen verfügbaren Kräften und bis zur Erschöpfung um jeden einzelnen Fisch kämpfen, wird am Untersee und dem Seeauslauf durch einige deutsche Berufsfischer gnadenlos Kapital aus der aktuellen Situation geschlagen”, schrieb der Verband. “Aktuell sind Äschen und Forellen das Angebot des Tages. Unglaublich und umso schockierender: Etliche Restaurants bieten Äschen auf der Karte an – wobei dies oft im Verborgenen geschieht und die Fische beim Nachfragen als “Beifang” taxiert werden.”

Vorwürfe zurückgewiesen

Der Vorsitzende des Fischereivereins Untersee und Rhein, Stefan Riebel, wies die Vorwürfe zurück. Ein einziger Fischer habe in einem unter Privatrecht stehenden Gebiet in der vergangenen Woche acht Äschen gefangen, die wahrscheinlich in der Gastronomie gelandet seien. Warum die Vorwürfe kämen, wisse er nicht. “Das finde ich sehr schade, es vergiftet die Situation”, sagte Riebel. “Man sollte jetzt zusammenhalten und nach Lösungen suchen und nicht einen Kleinkrieg anfangen.” Die Situation im Untersee, der ein Teil des Bodensees ist, sei recht entspannt. “Es ist nichts Auffallendes.”

Die Schweizer Fischer versuchen, ihren größten Äschenbestand im Hochrhein seit Jahren zu schützen. Die Fische wanderten sowohl stromauf- als auch abwärts, sagte deren Verbandssprecher Kurt Bischof. Die Schweizer Schutzmaßnahmen würden durch die Tätigkeit der deutschen Bodenseefischer zunichte gemacht. Schaffhausen liegt etwa 20 Kilometer westlich des Bodensee-Untersees.

Baden-Württemberg: Lage entspannter

In Baden-Württemberg ist die Lage nach Angaben des Ministeriums für ländlichen Raum insgesamt entspannter. Die Lebensbedingungen für Fische hätten sich zwar deutlich verschlechtert, aber es habe noch kein größeres Fischsterben gegeben, sagte eine Sprecherin. Die Wassertemperaturen von Rhein, Neckar und Donau liegen nach Angaben der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) zum Teil über 26 Grad. Verschiedene Fischarten reagieren unterschiedlich empfindlich auf Wärme. Spätestens bei 28 Grad ist eine kritische Grenze erreicht.

Schweizer See: Temperaturen vor allem für Äschen ein Problem

Auf Schweizer Seite kletterte die Temperatur im Rhein am Sonntag schon auf mehr 27,6 Grad. Äschen sind ab Temperaturen von 23 Grad gestresst. Die Schweizer Behörden hatten im Juli zwischen dem Bodensee und Schaffhausen sechs Kaltwasserbecken als Zufluchtsorte für die Fische ausgebaggert. Die Maßnahmen wirkten zumindest in den ersten Tagen der großen Wasserhitze. In den Becken sammelten sich nach Angaben des Verbandes Tausende Fische.

Im heißen Sommer 2003 kamen nach Schätzungen des schweizerischen Bundesamtes für Umwelt 52 000 Äschen zwischen dem Bodensee und Eglisau rund 20 Kilometer südlich von Schaffhausen um. “Herausragendes Ereignis war das Massensterben von Äschen im Rhein unterhalb des Bodensee-Untersees”, hieß es in dem Bericht. Insgesamt wurden 23,6 Tonnen Fische tot geborgen oder notgefischt. Mehr als 40 000 Fische wurden tot eingesammelt. Zum Vergleich: der durchschnittliche Fang pro Jahr lag zu der Zeit bei gut 17 000. Nach Angaben des Department des Inneren im Kanton Schaffhausen wurden damals 90 Prozent der Äschenbestände vernichtet.

Die Schweizer sind nach eigenen Angaben jetzt besser gewappnet, etwa mit der Möglichkeit, Kühlwasserzonen zu schaffen. Allerdings sind die Temperaturen schon höher als 2003, als die Höchsttemperatur in Ufernähe 27 Grad nicht überschritt. Ob eine ähnliche Entwicklung wie 2003 aufzuhalten ist, ist fraglich.

(dpa/Red.)

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