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"Freispruch" nach Vergewaltigung in Wiener Bad: Putin-Kritik an Justiz

Putin übt Kritik an Österreichs Justiz:"Schuldgefühl Migranten gegenüber"
Putin übt Kritik an Österreichs Justiz:"Schuldgefühl Migranten gegenüber" ©AP
Eine Reaktion auf den angeblichen Freispruch eines Flüchtlings, dem die Vergewaltigung eines Buben in einem Hallenbad in Meidling vorgeworfen wurde, kommt von Russlands Präsident Wladimir Putin. Dieser hat am Montag heftige Kritik an diesem Vorgehen in "einem europäischen Staat" geübt.
Bilder vom Prozess
Urteil wurde aufgehoben
Sechs Jahre Haft
Mann geständig - vertagt
Zehnjähriger vergewaltigt
Anklage gegen Vergewaltiger

Durch einen impliziten Verweis auf Medienberichte wurde deutlich, dass sich Putins Vorwurf auf eine Entscheidung des österreichischen Obersten Gerichtshofs (OGH) vom 20. Oktober 2016 bezieht.

Präsident Putin: “Unvorstellbar, was sie dort anrichten”

“In einem europäischen Staat wird ein Kind von einem Migranten vergewaltigt. Das Gericht sprach ihn aus zwei Gründen frei: Er spricht die Landessprache schlecht und er verstand nicht, dass der Bub, ja es war ein Bub, etwas dagegen sagte”, erzählte Putin bei einer Besprechung zur Nationalitätenpolitik im südrussischen Astrachan. Es sei unvorstellbar, was sie (die politisch Verantwortlichen, Anm.) dort anrichten, sagte er.

“Das ist das Ergebnis der Auflösung traditioneller nationaler Werte und von einem Schuldgefühl Migranten gegenüber”, erklärte der russische Präsident. Eine Gesellschaft, die ihre Kinder nicht verteidigen könne, habe keine Zukunft.

Kein Freispruch des Flüchtlings – Urteil aufgehoben

Allerdings gab es in dem Fall gar keinen Freispruch: Österreichs Höchstrichter hatten am 20. Oktober das Urteil gegen einen Flüchtling aus dem Irak, der im Juni wegen Vergewaltigung sowie schweren sexuellen Missbrauchs eines Zehnjährigen in einem Hallenbad vom Wiener Straflandesgericht zu 6 Jahren Haft verurteilt worden war, in einem Anklagepunkt aufgehoben und eine teilweise Neudurchführung des Verfahrens angeordnet. Zur Vergewaltigung, so die Richter, hätten im schriftlichen Urteil formaljuristisch zwingend erforderliche Feststellungen gefehlt. Da bei dem Buben einem psychiatrischen Gutachten zufolge eine posttraumatische Belastungsstörung aufgetreten ist, die einer schweren Körperverletzung gleichzusetzen ist, wären im Fall einer erwiesenen Vergewaltigung bis zu 15 Jahre Haft möglich. Der Schuldspruch für sexuellen Missbrauch wurde rechtskräftig und der Täter befindet sich weiterhin in Haft.

“Himmelschreiende Toleranz” und angeblicher Freispruch

Am 26. Oktober berichtete das russische Staatsfernsehen über diesen Fall. “Perwy kanal”, so beklagte ein medienkritischer Blog im Internetmedium theins.ru noch vergangene Woche, verzichtete jedoch auf die juristischen Details und verdrehte die Fakten: Der Sender sprach von “himmelschreiender Toleranz” und einem angeblichen Freispruch, den die Richter gar mit der “sexuellen Notlage” des Angeklagten begründet hätten.

Ein betont vorsichtiges Verhältnis zu Migranten zeige wiederholt negative Auswirkungen für die Österreicher selbst, hieß es im Beitrag mit Verweis auf einen afghanischen Flüchtling, der in Österreich eine 72-Jährige verprügelt und vergewaltigt habe. Zur Illustration verwendeten die Fernsehgestalter unter anderem Wiens gleichgeschlechtliche Ampelpärchen: Homosexualität gilt im Kreml-nahen Politdiskurs als Ausdruck des westlichen Niedergangs, Europa wird deshalb abwertend oft auch als “Gayropa” bezeichnet.

>>Zehnjähriger von Flüchtling im Wiener Theresienbad vergewaltigt: Urteil aufgehoben

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