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Flüchtlingsdrama auf der A4: So reagiert Österreichs Politik

Das offizielle Österreich hat am Tag des Flüchtlingsdramas im Burgenland mit Trauer und Betroffenheit reagiert.
Flüchtlingsdrama auf A4

Österreich steht nach dem Fund eines LKWs auf der Ostautobahn A4, in dem sich die Leichen von zahlreichen Flüchtlingen befanden, unter Schock. VIENNA.AT fasst die Reaktionen aus der Politik zusammen.

Reaktionen der SPÖ

Heinz Fischer (Bundespräsident): “Es ist schrecklich, dass so etwas möglich ist, solche Brutalität, solche Inhumanität, dass diese Menschen offenbar erstickt sind”, sagte der Bundespräsident in einem Pressestatement zum Flüchtlingsdrama im Burgenland. “Es macht natürlich sehr betroffen.” Er habe auch nicht gezögert, bei der Westbalkan-Konferenz zu einer Trauerminute aufzurufen, wo “dieses schockierenden Ereignisses gedacht wurde”, so Fischer. Man müsse “mit allem Nachdruck auf die Eindämmung und Stilllegung dieses mörderischen Bürgerkriegs in Syrien drängen, der Hunderttausende Flüchtlinge produziert und auch die Instabilität im benachbarten Irak zu beenden”.

“Das Flüchtlingsproblem an der Wurzel zu bekämpfen ist das Wichtigste”, auch das Schlepperunwesen müsse schärfer ins Auge gefasst und bestraft werden, forderte Fischer als zweite Maßnahme. “Aber am wichtigsten ist die Ursache für solche Flüchtlingsbewegungen so weit wie möglich einzudämmen”, erklärte der Bundespräsident. Mit allen Mitteln müsse sichergestellt werden, “dass es aufhört, dass gebombt wird, mit Panzern auf Dörfer geschossen wird, dass Menschen umgebracht und Frauen vergewaltigt werden. Das ist eine Aufgabe der internationalen Gemeinschaft”, meinte Fischer.

Hans Niessl (Landeshauptmann Burgenland): Tief erschüttert und mit großer Betroffenheit reagierte der burgenländische Landeshauptmann auf den Tod dutzender Flüchtlinge auf der A4 zwischen Parndorf und Neusiedl am See. “Meine Gedanken sind in diesen schwierigen Minuten bei den Opfern, den Angehörigen und Freunden. Die organisierte Schlepperkriminalität muss viel härter bekämpft werden”, betonte der Landeshauptmann. “Ich unterstütze alle Bestrebungen, die den Kampf gegen die menschenverachtende Schlepperkriminalität zum Ziel haben. Härtere Strafen gegen Schlepper müssen umgehend umgesetzt werden. Weiters muss die Schleierfahndung intensiviert werden und wir müssen verstärkte Kontrollen an der Grenze durchführen.”

Michael Häupl (Bürgermeister Wien): “Ich bin tief betroffen, Europa ist jetzt – und nicht irgendwann – gefordert alles zu unternehmen, damit so etwas nicht mehr passieren kann. “Jetzt geht es darum, ohne gegenseitige Schuldzuweisungen Kriegsflüchtlingen so zu helfen, wie es die Menschlichkeit verlangt.”

Reaktionen der ÖVP

Reinhold Mitterlehner (Bundesparteiobmann und Vizekanzler): “Was hier geschehen ist, ist verabscheuenswürdig. Ein solch unmenschlicher Umgang mit Flüchtlingen kann und darf nicht hingenommen werden. Schlepper agieren höchst kalkuliert und sind nur auf ihren eigenen Profit aus. Dabei sind ihnen die Menschen nicht nur vollkommen gleichgültig, sondern sie nehmen den Tod offenkundig in Kauf. Darum braucht es ganz klar ein verschärftes Vorgehen gegen Schlepper. Wir müssen die Asylverfahren an den Außengrenzen Europas abwickeln und brauchen EU-weit festgelegte Quoten und eine faire Aufteilung der Flüchtlinge auf ganz Europa. Denn es ist klar, dass es für eine langfristige Lösung eine gemeinsame europäische Kraftanstrengung braucht. Die EU muss mehr tun. Wir müssen dafür sorgen, dass Menschen erst gar nicht fliehen müssen. Vor allem aber gilt es den Schleppern ihre Geschäftsgrundlage zu entziehen.”

Sebastian Kurz (Außenminister): “Das ist eine menschliche Tragödie mitten in Österreich und erschüttert zutiefst. Eine gemeinsame europäische Antwort auf die Flüchtlingskrise ist überfällig. Europa kann hier nicht mehr wegsehen, es geht um menschliche Schicksale. ‘Europäische Solidarität’ darf keine leere Formel sein, sie muss gelebt werden.”

Sophie Karmasin (Familien- und Jugendministerin): Als “tief erschütternd” hat Familien- und Jugendministerin Donnerstagnachmittag die Flüchtlingstragödie mit Dutzenden Toten auf der A4 bezeichnet. Wie der Außenminister klar gesagt habe, müsse man noch gezielter gegen die Schlepper vorgehen, sagte Karmasin zur APA. Auch angesprochen auf die Zustände im Erstaufnahmelager Traiskirchen betonte die Ministerin, “selbstverständlich geht mir das nahe”. Es sei alles daran zu setzen, die Bedingungen dort in den Griff zu bekommen. Als Familien- und Jugendministerin leiste sie ihren Beitrag im Hintergrund, versicherte sie. Man arbeite an vielen Projekten, zum Beispiel wie man Jugendorganisationen einbinden und anleiten könne, um die Freizeitmöglichkeiten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zu verbessern. Auf die Frage, wer an der Situation schuld sei, betonte Karmasin, dass sie nicht auf einen hindeuten wolle, wichtig sei einer gemeinsamer Lösungswille und dieser entwickle sich langsam stärker.

Reaktion der FPÖ

Heinz-Christian Strache (Bundesparteiobmann): Entsetzt über die furchtbare Flüchtlingstragödie im Burgenland zeigte sich auch der FPÖ-Chef. Diese Menschen, die einen solch grauenhaften Tod gefunden hätten, seien zutiefst zu bedauern. Dieses entsetzliche Ereignis zeigt laut Strache auf, wie dringend nötig es sei, den verbrecherischen Schlepperbanden ihr schmutziges Handwerk zu legen. Rigorose lückenlose Grenzkontrollen seien ein Gebot der Stunde, nämlich auch im Interesse der Opfer der Schlepperbanden. Denn wenn dieses Fahrzeug schon an der Grenze entdeckt worden wäre, könnten die Menschen, die qualvoll gestorben sind, noch leben.

Auch die Kontrollen im Inland müssten verstärkt werden. Es dürfe in Zukunft nicht mehr geschehen, dass ein solcher LKW erst nach Tagen entdeckt werde. Die Innenministerin müsse jetzt endlich handeln. Schlepper seien potentielle Mörder und müssten auch entsprechend behandelt werden. Man müsse die Strafen für diese Verbrecher drastisch erhöhen, um dieses widerliche Geschäft möglichst unattraktiv zu machen, forderte Strache.

Reaktionen der Grünen

EVA Glawischnig (Bundessprecherin): “Es erschüttert mich zutiefst, dass schutzsuchende Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und Terror flüchten, in unserem Land auf diese Weise zu Tode kommen. Diese schreckliche Tragödie zeigt eines sehr klar: Es braucht mehr Hilfseinsätze, es kann nicht nur um Grenzschutz gehen, im Mittelpunkt muss der Schutz der Menschen stehen. Flüchtlinge begeben sich in ihrer Notsituation nicht freiwillig in die Hände von Schleppern. Sie tun es, weil sie keine andere Möglichkeit sehen, in Sicherheit zu kommen. Solange Menschen Krisengebiete in Todesangst verlassen und EU-Länder nur illegal erreichen können, werden sie jedes Risiko für einen sicheren Aufenthaltsort eingehen. Europa muss alles unternehmen, um Tragödien wie sie sich heute in Österreich ereignet haben in Zukunft zu verhindern. Mit einer Abschottungspolitik wird das nicht gelingen.”

Alev Korun (Menschenrechtssprecherin): “Je höher die Grenzzäune gegen Schutzsuchende aus Syrien oder Irak in Europa werden, desto gefährlicher und tödlicher werden leider die Schlepper-Praktiken. Es liegt in der Verantwortung Europas, legale Fluchtwege zu öffnen und dem Sterben von Kriegsflüchtlingen ein Ende zu setzen.”

Reaktion der NEOS

Niki Scherak (Menschrechtssprecher): “Wir haben immer befürchtet, dass es zu einer solchen Tragödie kommen könnte. Nun muss sich die österreichische Regierung die Frage gefallen lassen, ob sie auf bundes- und europäischer Ebene genug getan hat, um ein Unglück in diesem Ausmaß zu verhindern. Wir können jetzt nicht zum Tagesgeschäft übergehen. Das Wegschauen auf allen politischen Ebenen muss endlich ein Ende haben. Die Antwort auf dieses Unglück kann nicht die alleinige Verstärkung der Grenzkontrollen und den Kontrollen in Zügen aus Ungarn sein. Flüchtlinge ohne Perspektive in ihren Heimatländern werden mit allen Mitteln probieren nach Europa zu gelangen und immer größerer Risiken in Kauf nehmen. Wenn wir die Zäune noch höher Bauen und die Grenzen verstärken, wird das nicht letzte Schreckensmeldung bleiben. Es muss endlich legale Wege geben, um in die europäische Union zu gelangen, wie zum Beispiel die Möglichkeit in Botschaften in den Herkunftsländern Asyl zu beantragen. Wir müssen alles daran setzen, dass solche Unglücke auf europäischem Boden nie wieder passieren.”

Reaktion des Team Stronach

Christoph Hagen (Generalsekretär): Er sprach sich für eine eigene Grenzpolizei und temporäre Grenzkontrollen nach Ungarn, Slowenien, Italien und zur Slowakei aus. Als Sofortmaßnahme schlägt er vor, Bundesheersoldaten binnen 48 Stunden mit den Kompetenzen der Grenzpolizei auszustatten.

Reaktion aus dem Burgenland

Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl hat sich am Freitag betroffen über das Flüchtlingsdrama auf der Ostautobahn (A4) gezeigt. Niessl sprach bei einer Pressekonferenz von einer “unfassbaren Tragödie”, die es in Österreich und im Burgenland noch nie in dieser Form gegeben habe: “Das Burgenland trauert.” Zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität forderte er ein Fünf-Punkte-Programm. Er unterstütze die Forderung von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) nach einer gerechten Verteilungsquote in Europa und von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), die sage, es müsse an der EU-Außengrenze Erstaufnahmezentren geben. “Aber diese Worte habe ich teilweise auch schon länger gehört”, meinte Niessl.Manche EU-Länder würden sich aber nicht an die Einführung einer europäischen Quote halten. So habe Wien “mehr Asylwerber aufgenommen als Polen” und das deutsche Bundesland Nordrhein-Westfalen mehr als Frankreich. Andere Länder wie die Slowakei hätten “beinahe gar keine” Flüchtlinge aufgenommen. “Diese Situation in Österreich, in Europa und bei uns im Burgenland ist länger so nicht mehr hinzunehmen”, sagte Niessl. Das Fünf-Punkte Programm umfasst zum Teil bereits bekannte Forderungen: Neben Hundert zusätzlichen Polizisten für das Burgenland und einem Assistenzeinsatz des Bundesheeres zur Unterstützung der Polizei brauche es eine verstärkte Schleierfahndung in der Grenzregion und temporäre Grenzkontrollen sowie “Null Toleranz gegen die Schleppermafia”.

Wenn man beispielsweise die entsprechenden Konzepte für temporäre Grenzkontrollen entwickle, “dann wird weder der Lkw-Verkehr zusammenbrechen, noch der Personenverkehr”, hielt Niessl etwa dem Argument von langen Wartezeiten an den Grenzen entgegen. Härtere Strafen für Schlepper seien “überfällig”. Wenn man diese fünf Maßnahmen umsetze, sei er “überzeugt davon, dass die Wahrscheinlichkeit, dass es zu ähnlichen Fällen kommt, eine deutlich geringere” sei, als wenn man weiter zusehe. Der Landeshauptmann dankte auch den Einsatzkräften, die unter schwierigsten Bedingungen gearbeitet hätten: “Hier werden psychische und physische Grenzen nicht nur erreicht, sondern auch überschritten.”

AI: “Wer von Tragödie spricht, ist ein Heuchler”

“Wer immer hier von Tragödie spricht, ist ein Heuchler. Das ist ein vorhersehbarer und bei all jenen, die krampfhaft an einem nicht mehr funktionierenden Dublin-System festhalten, auch fahrlässig in Kauf genommener, grauenhafter Kollateralschaden”, reagierte der Generalsekretär von Amnesty International Österreich, Heinz Patzelt, auf die Flüchtlingstragödie im Burgenland. “Das wird nicht die einzige Katastrophe bleiben”, meinte Patzelt im Gespräch mit der APA. Das Entsetzen setze immer erst dann ein, “wenn diese Dinge vor unseren Augen passieren. Dabei waren die 1.000 Toten im Mittelmeer und die ungezählten Toten auf der Balkan-Route die Ankündigung dazu”.

Abgesehen davon betonte Patzelt, jene, die Schlepper-Transporte durchführen, seien “Verbrecher, die festgenommen und vor Gericht gestellt werden müssen”.

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