Flüchtlinge helfen Flüchtlingen. Das ist das Ziel des Integrationsprojekts CORE. “Wir wollten nicht für die Menschen Programme zu entwickeln, sondern mit ihnen”, erklärt Ursula Struppe, Abteilungsleiterin der MA17 (Integration und Diversität). “Wir wollen Flüchtlinge nicht als Objekte von gut gemeinten Maßnahmen sehen, sondern als Subjekte und als Gestalter ihrer eigenen Geschichte und ihrer eigenen Lebenssituation”, so Struppe. Das Projekt besteht aus vielen Teil-Projekten, wovon eines ein Peer Mentoring-Projekt der MA17 ist. Flüchtlinge wurden dabei zu Experten in eigener Sache ausgebildet, die ihr Wissen innerhalb ihrer Community weitergeben sollen. 36 Flüchtlinge haben das Wissenstransfer-Programm im Juni 2017 abgeschlossen.
Peer Mentoring -Programm für jugendliche Flüchtlinge und Frauen
Das Peer-Programm ist zweigeteilt. Zum einen wurden geflüchtete Frauen ausgebildet, die in ihrem Heimatland im Frauengesundheitsbereich als Hebammen oder Gynäkologinnen gearbeitet hatten. Diese Frauen wurden in Themen der Frauengesundheit geschult, um anderen geflüchteten Frauen beispielsweise in Fragen zum Mutter-Kind-Pass helfen zu können. “Damit sie eine Brücke sein können zwischen Geburtsabteilungen, Hebammen und den geflüchteten Frauen”, meint Struppe. Zum anderen wurden rund 20 jugendliche Flüchtlinge ausgebildet. “Der Gedanke war, dass sie sich in ihrer Peer-Group engagieren können”, so Struppe. Ziel des Peer Mentoring-Projekts war es, den Jugendlichen eine breite Palette an Themen näherzubringen. Von Demokratie und Asylrecht über Gender bis hin zu Sicherheit und Polizei.
Jugendliche Peers helfen anderen Flüchtlingen
Einer der rund 20 Jugendlichen, die das Peer-Programm absolvierten, ist Ali Reza Ahmadi. Der 21-Jährige ist seit über zwei Jahren in Österreich. Seine Familie floh vor circa 30 Jahren vor dem Krieg in Afghanistan in den Iran. “Als Kind habe ich mich nicht als Iraner gefühlt, ich habe mich fremd gefühlt. Es gab viel Rassismus im Iran. Aus persönlichen Gründen habe ich den Iran verlassen”, erzählt Ahmadi. Er kam mit seinem kranken Vater nach Österreich. Um alle organisatorischen Angelegenheiten musste er sich alleine kümmern. “Ich musste alles alleine machen, ich hatte keine Freunde. Am Anfang wusste ich gar nichts. Ich wusste nicht, was die E-Card ist, was die Versicherungsnummer, was ein Meldezettel ist”, berichtet Ahmadi von seinen Anfangsschwierigkeiten.
Mit dem Wissen, das er in den Schulungen der MA17 erworben hat, möchte er andere Flüchtlinge unterstützen, damit sie diese Probleme nicht haben.
Schulungen für Erwachsene und Aufklärungskurse für Jugendliche
“Ich bin der Meinung, wenn jemand neu in ein Land kommt, muss man seine Rechte und Pflichten lernen”, so Ahmadi. Die Themen der Schulungen hätten ihn interessiert, deshalb habe er beschlossen, bei dem Projekt mitzumachen. Neben den Kursen bemühte er sich deutsch zu lernen. Außerdem machte er den Pflichtschulabschluss und wird im Oktober mit einem Vorstudienlehrgang beginnen. Ahmadis Ziel ist es, Pharmazie zu studieren.
“Ich bin immer beeindruckt gewesen über die Begegnungen. Über die enormen Kompetenzen und die Persönlichkeiten”, erzählt Struppe über ihren Eindruck von jenen Flüchtlingen, die an dem Peer-Projekt teilnahmen. Struppe und ihre Kollegen überlegen, einen Lehrgang für Erwachsene anzubieten. “Es gibt auch Wünsche nach einem weiteren Lehrgang für Jugendliche und für Frauen”, so Struppe. Ab September gibt es auch Workshops für jugendliche Flüchtlinge zum Thema Sexualität. Dabei sollen sie über Themen wie Verhütung und den Umgang mit Frauen informiert werden.
CORE-Zentrum im 15. Bezirk
Ab September öffnet das CORE-Zentrum in der Pfeiffergasse im 15. Bezirk seine Türen. Laut Struppe soll das Zentrum einerseits den Projektpartnern, neben der MA 17 dem Fonds Soziales Wien, der Wirtschaftsagentur Wien, dem Stadtschulrat für Wien/Europabüro und dem waff, die Möglichkeit bieten, dort Workshops und Seminare abzuhalten. Andererseits steht das Zentrum auch Initiativen und Einzelpersonen offen, die mit und für Flüchtlinge Projekte machen wollen. “Ziel ist es auch, Ideen von geflüchteten Menschen umzusetzen und dafür einen Raum zur Verfügung stellen zu können”, erklärt Struppe.
Auch die Jugendlichen des Peer-Projekts haben Ideen, was sie dort für andere Jugendliche machen wollen. Auch Ahmadi wird sich weiter bei CORE engagieren. Er konnte während der Schulungen nicht nur Wissen erwerben: “Durch dieses Projekt habe ich auch viele Freunde kennengelernt”, so Ahmadi.
Red.