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Filmreif: Mass Effect Xbox 360

Intrigen und Action: Bei Mass Effect bleibt kein Stein auf dem anderen.
Intrigen und Action: Bei Mass Effect bleibt kein Stein auf dem anderen. ©Waibel
Bioware steht für Rollenspiel vom Feinsten. Mit KOTOR erschufen sie eine RPG-Weltraumsaga erster Güte. Mass Effect hebt das Genre auf ein neues Niveau. 

Am Anfang eines jeden RPG´s steht die Charaktergenerierung, wobei man bei Mass Effect auch den vorgefertigten Hauptprotagonisten wählen kann. Über zahlreiche Regler lässt sich ein relativ unverwechselbares Gesicht kreieren. Da sich je nach Geschlecht des Spielechars auch zuweilen der Einfluss auf NPCs und somit die Geschichte in Einzelheiten ändert, lohnt das experimentieren. In jedem Fall startet man mit Commander Shepard, nur der Vorname ändert sich dann – die Shepards sind ja eine große Familie. Optisch sehen die Charaktere jedenfalls beeindruckend aus. Ein lebendig wirkendes Gesicht, lippensynchron gesprochene Dialoge und ein umfangreiches Repertoire an äusserlichen Änderungsmöglichkeiten, vom Raumanzug über getragene Waffen und Gegenstände, wissen Fans des Genres zu überzeugen.

Die Wahl fällt auf eine von sieben Spezialisierungen, auch wählt man die Persönlichkeit anhand der Vergangenheit des virtuellen Alter Egos – das ist Rollenspiel at its best. 

Dann gehts ab zur ersten Erkundungsmission über das Schiff, nach ersten Einstiegsdialogen auf den ersten Planeten zum Aufklärungs- und Kampfeinsatz. Der Schwierigkeitsgrad steigt sehr sanft an, auch von den Menüs wird man nicht erschlagen. Im Grunde lässt sich Mass Effect als eine Mischung zwischen sehr gelungenem, textlastigem tiefgehendem Rollenspiel und Action-Shooter mit Taktik-Anteilen beschreiben. Wobei der Textpart sehr umfangreich geworden ist, je nach Skillung des Spielecharakters sich zuweilen tiefergehende Interaktionen mit dem Gegenüber ergben. Je nachdem, wie gut man den NPC eben beeinflussen kann. Auch hat man zuweilen die Wahl zwischen friedlicher und aggressiver Interaktion und somit alternativen Lösungswegen einer Aufgabe. Auch kann, muss man aber nicht alle Aufgaben in einem Bereich lösen, was aber von Vorteil ist, denn die Kurve des Anspruchs steigt mit fortschreitendem Spielverlauf. Die Möglichkeit, Beziehungen mit gewissen NPCs aufzubauen, mündet zuweilen in Romanzen mit harmlosen Liebesszenen, weswegen das Spiel in den USA vor kurzem als jugendgefährdend gebrandmarkt wurde.

Die Story ist schnell erzählt. Commander Shepard soll die Welt, besser gesagt das Universum retten, weiß das aber noch gar nicht. Ihm/ihr zur seite stehen bis zu zwei Mitstreiter im jeweiligen Einsatzteam, aquirieren kann Shepard mehr, die dann quasi auf der Ersatzbank sitzen und nach individueller Spezialsierung nach Belieben ausgetauscht werden können. Die erste heikle Mission führt Shepard mit einem Team von zwei farblosen NPC-Mitstreitern auf einen Planeten, auf dem Verräter im Geheimen alte Mächte heraufbeschwören, um damit die Kontrolle des Universums an sich zu reißen. So weit so abgedroschen. Damit aber im Zuge der kurzen Einführungsmission das erste weibliche Crewmitglied zur Besatzung von Shepard stoßen kann, muss ein NPC ins Gras beißen. Wie die restlichen maximal fünf austauschbaren Mitstreiter hat sie eine eigene Geschichte und Persönlichkeit. Diese lohnt es mittels Gesprächen mit dem jeweiligen Crewmember über die sich durchs ganze Spiel ziehenden Multiple-Choice Dialoge zu erforschen.

So erfährt Shepard mehr über die Personen, die Sie/ihn umgeben und baut eingangs erwähnte Beziehungen auf, die eine in RPGs bisher unerreichte Tiefe ermöglichen. Daneben steht die Entwicklung des eigenen Alter Egos natürlich an erster Stelle. Durch Erfüllen von Missionen erhält Shepard Erfahrungspunkte, die genauso wie die moralische Bewertung der Mission zum einen den Levelaufstieg und die Entwicklung in Richtung Gut oder Böse ermöglichen. Es lohnt, möglichst alle annehmbaren Missionen eines bestimmten Spielabschnitts zu absolvieren, denn im späteren Spielverlauf können die Kämpfe sonst sehr knackig werden, dem Levelunterschied sei Dank. Hardcore RPler werden natürlich nicht wahllos Aufträge annehmen, sondern in der Rolle ihres Protagonisten aufgehen, und Aufgaben erledigen, die am Wegesrand liegen. Doch nicht nur Shepard bekommt XP, sondern auch ihre Seite an Seite kämpfenden Kameraden. Wahlweise werden gewonnene Erfahrungspunkte automatisch verteilt, Genießer können aber auch selbst Hand anlegen.Die KI weiß zu überzeugen. – In den Kämpfen selbst verhält sich das Team recht intelligent, kampffaule Shepards können sich auch auf den Support verlegen und ihre Mitstreiter die Drecksarbeit erledigen lassen. Fallen allerdings die Crewmitglieder, muss Shepard selbst ran und das Ruder herumreißen, fällt auch Shepard, gilt die Mission als gescheitert. Nach dem Kampf stehen die Crewmembers noch geschwächt, aber durchaus quicklebendig wieder vom Boden auf.

Das Missionsdesign und die damit verbundenen Geschichten gehen zuweilen sehr in die Tiefe – was man alles erforschen kann, aber nicht muss. Wer Mass Effect als oberflächliches Action RPG spielen will, kann das auch tun, und wird nach absehbarer Zeit durchgezockt haben. Wer sich jedoch auf die cineastische Geschichte einlässt, wird mit grandiosen Momenten belohnt, dazu muss man sich aber durch viele Dialoge lesen. Besonders die bereits erwähnte Beziehungsebene spielt eine große Rolle.

Technisch ist Mass Effect der Hammer. Abgesehen von einigen nicht ganz homogenen Textur-Streamings ist das Game als filmreif zu bezeichnen. Die Gesichter, die Animationen, die Lippensynchronität machen es leicht, zu den Crewmembern und anderen NPCs eine ganz spezielle Beziehung aufzubauen. Auch die Umgebungen sind grandios anzusehen, wenngleich man sich gegen Ende eines jeweiligen Abschnitts an der Optik der Umgebung meist sattgesehen hat. So ein Aufenthalt kann nämlich unzählige Spielstunden dauern, je nachdem, wie sehr man in die Tiefe gehen möchte. Shepard wird aus der 3rd-Person Perspektive gesteuert, in Kampfeinsätzen ist auch eine Shooter-Ansicht möglich, aber nicht unbedingt notwendig. Wenns brenzlig wird, kann Old Shool-typisch auch pausiert werden, um etwa seinen Mitstreitern Befehle zu erteilen, oder Waffen und Ausrüstungsgegenstände zu wechseln.  

 

Fazit:

Mass Effect ist eine Offenbarung für Xbox 360 Besitzer mit einem Hang zum RPG mit Action-Anteilen. Mit einer noch nie dagewesenen Optik, einem ausgefeilten Beziehungs-System und einer filmfreifen Darbietung stellt es für Kenner des Genres derzeit die Krone dessen dar, was möglich ist. Wenn kleinere Fehler wie Textur-Pop-Ups (beim näherkommen werden detailliertere Texturen bei Charakteren verzögert geladen) oder zuweilen KI-Schnitzer nicht wären, würde ich Mass Effect 100 von 100 möglichen Prozentpunkten geben. Dass das Game an den technischen Möglichkeiten der MS-Konsole kratzt, zeigt das lästige Hochdrehen des Lüfters, was etwas an der Atmosphäre nagt. PC-Eigner ohne Xbox 360 dürfen sich übrigens freuen: Bereits im Mai dürfen PC-Rollenspieler mit ordentlich motorisierten Maschinen in der Person von Commander Shepard auf Alienjagd gehen. Das wurde gerade jüngst von offizieller Seite bestätigt. Summa Summarum ein Rollenspiel, das in keiner Sammlung eines Fans fehlen darf. Kaufempfehlung und ein guter Grund, sich eine Xbox 360 anzuschaffen, die übrigens aktuell gerade enorm preisgesenkt wird.

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