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Fatah und Hamas: Koalitionsbildung?

Vor der palästinensischen Parlamentswahl haben die regierende Fatah und die islamische Hamas ihre Bereitschaft zur Bildung einer Koalition signalisiert. Abbas ruft Palästinenser zu massiver Wahlbeteiligung an.

Zugleich kündigten militante Gruppen an, der Abstimmung zum Erfolg verhelfen zu wollen. Sie solle die „Grundlage für eine politische Partnerschaft“ legen, sagte ein Hamas-Sprecher am Dienstag in Gaza. Präsident Mahmoud Abbas rief zu einer massiven Wahlbeteiligung auf, die er als „nationale Aufgabe“ bezeichnete.

Das Wahlrecht sei ein Bürgerrecht, das ausgeübt werden sollte, sagte Abbas am Dienstag nach einem Treffen mit dem Friedensnobelpreisträger und früheren US-Präsidenten Jimmy Carter in Ramallah. Der palästinensische Präsident begrüßte, dass Beobachter der EU und der USA die Wahl überwachen. Carter leitet eine US-Wahlbeobachtermission. Auch Ministerpräsident Ahmed Korei rief zur Stimmabgabe auf. Nach jüngsten Umfragen kann die Fatah mit einer knappen Mehrheit rechnen. Wie das Institut „Near East Consulting“ in Ramallah ermittelte, käme sie auf 59 der 132 Sitze im neuen Legislativrat, die Hamas läge demnach mit 54 Mandaten nur knapp hinter ihr.

Der Hamas-Ideologe Ghazi Hamad deutete am Montagabend in Gaza an, seine Partei könnte sich mit einer Juniorrolle in der Regierung zufrieden geben. „Wir wollen Abu Mazen (Mahmoud Abbas) keine Hindernisse in den Weg legen“, sagte Hamad, „aber wir wollen seine Politik korrigieren und ihn dabei unterstützen, mehr Rechte für die Palästinenser zu erringen.“ Als Koalitionspartner komme in erster Linie die Fatah in Frage. Entschieden werde dies aber erst nach der Wahl. Führende Fatah-Mitglieder haben ebenfalls erklärt, dass sie eine gemeinsame Regierung mit der Hamas für möglich hielten.

Ein Sprecher der militanten Fatah-Splittergruppe Al-Aksa-Märtyrerbrigaden, Abu Adahm, sagte: „Wir alle wollen, dass der Tag ein Erfolg wird.“ Man wolle die palästinensischen Sicherheitskräfte unterstützen und am Wahltag keine Waffen tragen. In der Nacht auf Dienstag erschossen Bewaffnete in Nablus im Westjordanland den Fatah-Funktionär Abu Ahmed Hassuna, der sie nach Angaben seiner Familie aufgefordert hatte, nicht auf Wahlplakate an seinem Haus zu schießen. Es war der zweite politisch motivierte Todesfall während der Wahlkampagne. Rund 1.000 Anhänger des 44-Jährigen und andere Aktivisten demonstrierten in Nablus gegen die Gewalttat.

Die USA haben erklärt, dass Hamas-Mitglieder in einer palästinensischen Regierung kein Verhandlungspartner für sie seien. Außenministerin Condoleezza Rice sagte in Washington, die palästinensischen Wähler müssten bedenken, dass Terrorismus kein Weg zum Frieden sei. Eine Regierung könne nicht „ein Bein im Terrorismus und das andere in der Politik“ haben. Die israelische Arbeiterpartei hat ihrerseits Verhandlungen mit der Hamas ausgeschlossen, solange diese an ihrem Ziel der Zerstörung Israels festhalte.

Trotz der „klaren Polarisierung“ zwischen Fatah und Hamas sieht die palästinensische Abgeordnete und Ex-Bildungsministerin Hanan Ashrawi bei den Wahlen Handlungsspielraum für „pluralistische und reformorientierte demokratische Kräfte“ wie ihre eigene Liste „Der Dritte Weg“. „Wir erwarten acht bis 10 Prozent“, sagte Ashrawi in einem ORF-Radiointerview. Der Hamas bescheinigte sie, sich als „pragmatisch“ erwiesen zu haben.

Eine „einseitige mediale Berichterstattung“ über den israelisch-palästinensischen Konflikt hat die israelische Menschenrechtsanwältin Felicia Langer kritisiert. Das „Theater“ um die Gaza-Räumung, von der alle „entzückt“ gewesen seien, und die weithin unwidersprochene Darstellung des angeblichen Wandels von Ariel Sharon „vom Saulus zum Paulus“ würden keineswegs der Wahrheit entsprechen, betonte die Trägerin des Alternativen Friedensnobelpreises und des Kreisky-Menschenrechtspreises in Wien. Sie appellierte an „die Länder mit NS-Vergangenheit“ Deutschland und Österreich, zu israelischen Menschenrechtsverstößen nicht zu schweigen. „Schweigen hat den Beigeschmack der Mittäterschaft“.

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