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Fall Flora A.: Freispruch rechtskräftig, Mann will Haftentschädigung

Im Mord-Fall Flora A. kam es zu einem Freispruch
Im Mord-Fall Flora A. kam es zu einem Freispruch ©BPD Wien/APA
Vier Monate lang saß jener 45-jähriger Mann in U-Haft, der in Verdacht geraten war, seine Freundin Shqiponje Flora A. (28) im Oktober 2010 auf einem Acker östlich von Bratislava verbrannt zu haben. Beim Prozess wurde er freigesprochen. Nun will der Mann mit Hilfe seines Verteidigers eine hohe Entschädigung für die U-Haft seines Mandanten erwirken.
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Nun ist es entschieden: Der Freispruch für den 45-jährigen Baumeister, der im Mordfall Flora A. angeklagt war, ist rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft Wien wird gegen die am Donnerstag ergangene Entscheidung eines Schwurgerichts kein Rechtsmittel einlegen, gab Behördensprecher Thomas Vecsey am Freitag bekannt.

Haftentschädigung gefordert

Nikolaus Rast, der Verteidiger des damit rechtskräftig rehabilitierten Verdächtigen, fordert nun Haftentschädigung und Verdienstentgang für seinen Mandanten. Daneben sorgte nach dem Freispruch auch die Art und Weise, wie die Polizei gegen den Mann ermittelt hatte, für Diskussionen. Dieser war von einer an sich erfahrenen Beamtin ganz klar entgegen der in der Strafprozessordnung (StPO) verankerten Spielregeln vernommen worden.

Der Baumeister hatte als mutmaßlicher Mörder vier Monate in U-Haft verbracht, ehe ihn in der Hauptverhandlung das Gericht bereits vor dem letzten Verhandlungstag auf freien Fuß setzte, weil die Richter nach der Befragung der von der Staatsanwaltschaft geführten Belastungszeugen keinen konkreten Tatverdacht mehr sahen. Am Ende fällten die Geschworenen mit 7:1 Stimmen einen Freispruch.

Fünfstelliger Euro-Betrag für den Angeklagten

Die Anklagebehörde akzeptiert diesen Spruch, da in Schwurverfahren die Entscheidung über die Schuldfrage – der sogenannte Wahrspruch der Geschworenen – schwer bekämpfbar ist. Die Laienrichter müssen bei ihrer Entscheidungsfindung nach derzeitiger Rechtslage ihre Einschätzung der Beweislage nicht dokumentieren, womit sich in einem Rechtsmittelverfahren die Beweiswürdigung nicht bekämpfen lässt. Lediglich gegen einen gravierenden Verfahrensfehler – etwa eine mangelhafte Rechtsbelehrung der Geschworenen oder ein fehlerhafter Fragenkatalog – könnte mittels Nichtigkeitsbeschwerde vorgegangen werden.

Für die im Gefängnis verbrachte Zeit will der 45 Jahre alte Mann nun “in vollem Umfang entschädigt werden”, wie sein Verteidiger Nikolaus Rast betonte. Nachdem mit dem Rechtsmittelverzicht der Staatsanwaltschaft die Unschuld seines Mandanten endgültig feststehe, will Rast neben der Haftentschädigung – das Gesetz sieht dafür 20 bis 50 Euro pro Tag vor – vor allem Verdienstentgang geltend machen.

“Wir verlangen eine Abgeltung für alle Aufträge, die ihm als Baumeister während der Haft entgangen sind”, sagte Rast am Freitag. Dem Mann stehe auf jeden Fall “ein hoher fünftstelliger Betrag” zu.

Amtsmissbrauch im Fall Flora A.?

Weiteren Diskussionsstoff könnte auch noch das Verhalten einer Kriminalbeamtin im Ermittlungsverfahren liefern, die mit dem verdächtigen 45-Jährigen an der StPO vorbei und damit in gesetzwidriger Weise eine Beschuldigtenvernehmung durchgeführt hatte. Die Polizistin habe “am Rand des Amtsmissbrauchs” agiert, so ein mit dem Fall vertrauter Kenner der Strafprozessordnung.

Ohne die Beschuldigteneinvernahme zu protokollieren und als solche auszuweisen und ohne den 45-Jährigen über seine Rechte zu belehren, hatte die Beamtin im Plauderton mit dem Mann über die gegen ihn gerichtete Verdachtslage gesprochen. Den Inhalt des Gesprächs hielt sie in einem Aktenvermerk fest, der somit Eingang in den Gerichtsakt fand. Wäre dem vorsitzenden Richter nicht die bedenkliche Vorgangsweise der Ermittlerin aufgefallen und hätte er den Aktenvermerk nicht rechtzeitig aus dem Akt “entfernt”, wäre eine absolute Nichtigkeit des Verfahrens vorgelegen.

Der Polizistin, die im Rahmen der Hauptverhandlung als Zeugin vernommen wurde, dürfte zumindest zu diesem Zeitpunkt die Unrechtmäßigkeit ihres Vorgehens gedämmert sein. Sie soll im Zeugenstand bei dem Prozess um den Fall Flora A. sinngemäß erklärt haben, sie habe einen Fehler gemacht, sei sich damals dessen aber nicht gewusst gewesen.

(apa/red)

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