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"Existenzvernichtung" einer Wiener Ärztin: Vorwürfe der Ärztekammer an WGKK

Wiener Gynäkologin verlor Ordination wegen angeblicher Patientengefährdung und Betrugs
Wiener Gynäkologin verlor Ordination wegen angeblicher Patientengefährdung und Betrugs ©BilderBox.com (Sujet)
Schwere Vorwürfe erhebt die Ärztekammer gegen die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK). Sie habe die Existenz einer Wiener Gynäkologin "vernichtet". Die Frauenärztin wurde von der WGKK wegen angeblicher Patientengefährdung und gewerbsmäßigen Betrugs belangt.
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Laut Kammer hat sie aber lediglich irrtümlich einen bürokratischen Fehler gemacht. Die Kasse sieht das anders und verteidigt ihr Vorgehen.

Gynäkologin verrechnete nie durchgeführte Abstriche

Der konkrete Fall, den die Ärztevertretung am Donnerstag vor Journalisten aufs Tapet brachte, hatte bereits vor gut zwei Jahren für Schlagzeilen gesorgt. Dabei geht es um die Fachmedizinerin Clemence Aurelie Flore Yekpe, die mit dem heutigen Hintergrundgespräch selbst den Schritt an die Öffentlichkeit getan hat. Der Vorwurf gegen die – damals nicht namentlich genannte – Ärztin lautete, sie habe sogenannte PAP-Abstriche für Krebs-Vorsorgeuntersuchungen der WGKK verrechnet, ohne diese durchgeführt zu haben. Denn für die verrechneten Leistungen seien keine Befundungen erfolgt.

Die MA 40 veranlasste eine Ordinationssperre, die WGKK kündigte den Kassenvertrag von Yekpe. Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft wegen gewerbsmäßigen Betrugs und Patientengefährdung folgten. Für Johannes Steinhart, Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte in der Wiener Standesvertretung, ist dies ein Fall, der zeige, “wie leicht Beschuldigungen öffentlich in den Raum gestellt werden, die noch nicht bewiesen sind”. Denn für den Kammervertreter ist klar: “Es war ein simpler bürokratischer Fehler.”

Irrtümlich falsche Posten in die Verrechnungssoftware eingetragen

Yekpe, die ihre Ordination 2011 eröffnet hatte, habe – verkürzt gesagt – irrtümlich falsche Posten in die Verrechnungssoftware eingetragen. Das habe sich gezeigt, nachdem Kammer, Ärztin und deren Anwältin Monika Ploier den Sachverhalt aufgearbeitet hätten. Und durch den Fehler habe die Gynäkologin wiederum andere erbrachte Leistungen nicht verrechnet. Unterm Strich sei das gar ein Nullsummenspiel gewesen, wurde versichert.

Laut Anwältin Ploier ist das Verfahren der Staatsanwaltschaft eingestellt worden. Die Rechtsvertreterin kritisierte auch den Schritt der WGKK, trotz Vergleichsbemühungen um zu viel verrechnete Honorare ein Insolvenzverfahren eingeleitet zu haben. Dies sei wegen ausstehender Sozialversicherungsbeiträge eingebracht worden, die Yekpe aber wegen der Nichtauszahlung des Kassenhonorars nicht habe begleichen können. “So einen Umgang habe ich bisher noch nicht erlebt”, so Ploier. Dadurch habe die Ärztin keine wirtschaftlichen Handlungen mehr setzen können und sei endgültig vor dem Ruin gestanden.

Patientengefährdung und Betrug durch Wiener Ärztin

Für Steinhart ist unbestritten, dass die Medizinerin einen Fehler gemacht hat: “Mein Vorwurf ist die Eskalation der Konsequenzen.” Hätte die Kasse die Leistungen zurück- und dazu noch Pönalen gefordert, hätte man das als Ärztekammer durchaus verstanden. Hier sei aber eine Existenz vernichtet worden. Yekpe selbst beteuerte heute ebenfalls, einen bürokratischen Fehler gemacht zu haben. Sie habe am Anfang gar nicht verstanden, was ihr vorgeworfen wurde. Beim Versuch der Bereinigung habe die WGKK keine Reaktion gezeigt: “Ich habe das wie eine gezielte ökonomische Vernichtung erlebt.”

Bei der Gebietskrankenkasse weist man die Vorwürfe scharf zurück. “Wir haben zu 100 Prozent korrekt gehandelt und Frau Yekpe weder übermäßig noch unfair behandelt”, stellte Franz Schenkermayr, in der WGKK für Missbrauchsbekämpfung zuständig, im APA-Gespräch klar. Er betonte, dass für mehr als 6.000 verrechnete PAP-Abstriche kein Befund eines Pathologen vorgelegen sei. “Ich tue mir schwer, hier an einen Irrtum zu glauben”, sagte Schenkermayr.

Wiener Ärztin nach Unregelmäßigkeiten gefragt

Denn schon zwei Jahre vor den entsprechenden Schritten sei aufgefallen, dass bestimmte Leistungen in ungewöhnlich hohem Maße in Rechnung gestellt würden. Man habe Yekpe zum Gespräch eingeladen und sie darauf hingewiesen, dass es eventuell Fehler im Umgang mit der Verrechnungssoftware gebe. Die Ärztin habe dies aber verneint. Im November 2013 habe sich immer noch nichts geändert, worauf die WGKK dann eingegriffen habe, erklärte Schenkermayr. Schließlich hätte die Medizinerin spätestens beim nochmaligen Hinweis die Chance gehabt, Missverständnisse auszuräumen.

Die Ärztekammer forderte von der WGKK u.a. eine persönliche Entschuldigung sowie Schadenersatzzahlungen und die Wiederaufnahme in ein Vertragsverhältnis. Schenkermayr kann das nicht nachvollziehen: “Es gibt keine rechtliche und moralische Basis, dem nachzukommen.” Schließlich sei der Krankenkasse durch die Causa ein nicht unerheblicher Schaden entstanden.

(apa/Red)

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