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EU-Dienstleistungsrichtlinie: Sozialdumping?

Der norwegische Außenminister Jonas Gahr Störe hat im Zusammenhang mit der geplanten EU-Dienstleistungsrichtlinie (Bolkestein-Richtlinie) vor "Sozialdumping" gewarnt.

Nachdem er am Dienstagnachmittag von seiner Amtskollegin Ursula Plassnik (V) in Wien empfangen worden war, sagte der sozialdemokratische Politiker bei einer Pressekonferenz, die geplante Regelung dürfe weder das europäische Sozialmodell noch den jahrelangen Dialog zwischen Sozialpartnern in Frage stellen.

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso und der amtierende EU-Ratsvorsitzende Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) streben eine Einigung über die EU-Richtlinie bis zum Ende des österreichischen EU-Ratsvorsitzes Ende Juni an. Die Richtlinie soll einheitliche Rahmenbedingungen für Dienstleistungen bringen und so einen europaweiten Binnenmarkt für Dienstleistungen schaffen. Die EU-Kommission erhofft sich dadurch auch einen Wachstumsschub.

Umstritten dabei ist vor allem aber das so genannte Herkunftsland-Prinzip, dem zufolge sollen bei Arbeiten in anderen EU-Staaten die sozialen Standards des Landes des Anbieters gelten. Norwegen als Nicht-EU-Mitglieder, aber Teilnehmer am Europäischen Wirtschaftsraum EWR müsste die Richtlinie in sein nationales Recht übertragen, kann bei den Verhandlungen über die Richtlinie jedoch lediglich seine Meinung kund tun.

Oslo sei für eine Liberalisierung im Dienstleistungsbereich, betonte Gahr Störe, auch andere EU-Staaten hegten dieselben Bedenken wie Norwegen. Der Außenminister gab sich zum Zustandekommen der Bolkestein-Richtlinie zuversichtlich. Weiteres Thema bei dem routinemäßigen Treffen der beiden Außenminister zum Beginn der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs war die Energiepolitik. Plassnik erklärte, die Beiträge des skandinavischen Landes zur strategischen „Diskussion“ der Energieversorgung seien von großem Interesse. Auf die Journalistenfrage, wie sie die Rolle Norwegens als zukünftigen Energielieferanten für Europa beurteile, sagte die Außenministerin, sie betrachte Norwegen als „wichtigen“ und „zuverlässigen Partner“.

Als es wegen des ukrainisch-russischen Gas-Streits am Neujahrstag zu Lieferausfällen von russischem Gas nach Europa kam, konnte Norwegen nicht einspringen und fehlende Gasmengen bereitstellen; es produzierte bereits auf höchstem Niveau und hatte keine zusätzlichen Kapazitäten mehr. Als Geschenk erhielt der Gast eine Krawatte der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft. Die Norweger lehnten einen EU-Beitritt bei zwei Volksabstimmungen 1972 und 1994 mit knapper Mehrheit ab. Gahr Störe: „Eine EU-Mitgliedschaft steht nicht auf unserer Agenda (auf der Agenda der amtierenden norwegenischen Regierung, Anm.), aber wir setzen unsere sehr enge Zusammenarbeit mit der EU fort.“

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