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Equal Pay Day: Frauen verdienen in ihrem Leben 435.000 Euro weniger als Männer

Frauen verdienen in Österreich sehr viel weniger als Männer.
Frauen verdienen in Österreich sehr viel weniger als Männer. ©APA (Sujet)
Am Freitag, den 13, Oktober, ist wieder Equal Pay Day in Österreich. Das ist statistisch gesehen jener Tag, an dem Männer bereits das Einkommen erreicht haben, für das Frauen noch bis Jahresende arbeiten müssen. Damit arbeiten Frauen 80 Tage "gratis". Laut AK summieren sich die Einkommensnachteile im gesamten Erwerbsleben auf 435.000 Euro.

Ganzjährig vollzeitbeschäftigte Männer kamen laut Daten der Statistik Austria zuletzt auf ein Einkommen von 50.008 Euro, Frauen auf 39.143 Euro. Das ist eine Differenz von 10.865 Euro oder 21,7 Prozent weniger. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies eine leichte Verbesserung, als dieser Wert bei 22,4 Prozent lag. In Tagen lässt sich der Wert mit dem Vorjahr nicht vergleichen, da 2016 ein Schaltjahr war.

Geringste Einkommensdifferenz in Wien

Im Bundeslandranking sind die Einkommensunterschiede in Vorarlberg (29,2 Prozent oder 14.884 Euro weniger) und in Oberösterreich (26,1 Prozent oder 12.771 Euro weniger) am größten. Die geringste Differenz weist die Bundeshauptstadt auf, in Wien verdienen Frauen “nur” 17,1 Prozent oder 9.040 Euro weniger als Männer. Im Burgenland beläuft sich der Unterschied auf 20,9 Prozent, in Kärnten auf 21,3 Prozent, in Niederösterreich auf 22,3 Prozent und in Salzburg auf 24,6 Prozent. In der Steiermark sind es 22,9 Prozent und in Tirol 24,4 Prozent.

Der bundesweite Equal Pay Day findet am 13. Oktober statt. In Vorarlberg war dies bereits der 16. September, in Wien ist es erst am 30. Oktober so weit.

In Österreich werden seit Jahren zwei Tage der Einkommensgerechtigkeit begangen, was auf die Berechnungsmethode zurückzuführen ist. Neben dem Herbsttermin gibt es somit auch einen Equal Pay Day im Frühling.

Frauen entgehen im Leben laut AK 435.000 Euro

Die Einkommensnachteile durch den Gender Pay Gap summieren sich laut Berechnungen der Arbeiterkammer (AK) über ein ganzes Erwerbsleben betrachtet für Frauen auf durchschnittlich 435.000 Euro. AK-Vizedirektorin Alice Kundtner fordert daher anlässlich des Equal Pay Days, die Einkommensschere endlich zu schließen.

Basis für die Berechnungen der AK sind die jüngsten Daten der EU-weiten Verdienststrukturerhebung. Demnach bekommen Frauen durchschnittlich 900 Euro monatlich weniger bei durchschnittlich 34,5 Erwerbsjahren.

Um Kinderbetreuung, Hausarbeit und Altenpflege zu leisten, verringern Frauen oft ihre Erwerbsarbeitszeit und verlieren dadurch durchschnittlich 586 Euro im Monat. Auf das Erwerbsleben hochgerechnet ergibt dies inklusive Abfertigungen 310.000 Euro. Mangelndes Kinderbetreuungsangebot sowie eine geringe partnerschaftliche Arbeitsteilung drängen Frauen in die Teilzeitarbeit. Laut AK sind Frauen pro Woche 65 Stunden mit bezahlter und unbezahlter Arbeit beschäftigt, Männer 63 Stunden.

Die schlechte Bezahlung “typisch weiblicher” Berufe, die unterschiedlichen Branchen und schlechtere Karrierechancen betragen auf das Erwerbsleben hochgerechnet 35.000 Euro des Gender Pay Gap. Benachteiligungen wie Teilzeit oder schlechtere Bezahlung frauentypischer Berufe dienen als Erklärung für Lohnunterschiede. Aber selbst wenn diese Faktoren herausgerechnet werden, bleibe ein Rest von 187 Euro durchschnittlich im Monat, den Frauen weniger verdienen – im Laufe des Erwerbslebens summiert sich dies auf 90.000 Euro.

Kundtner pocht darauf, dass diese Einkommensschere geschlossen wird. Konkret brauche es eine ausgewogene Verteilung der Arbeitszeit zwischen Paaren und wie in Deutschland soll daher eine Familienarbeitszeit diskutiert werden. Weiterhin soll das ganztägige Angebot für Kinderbetreuung ausgebaut werden, ebenso wie jenes für die Pflege. Die AK drängt auch auf verbindliche Maßnahmen in den betrieblichen Einkommensberichten zum Abbau der Einkommensschere.

Mini-Verbesserung für Frauen im Gleichstellungsindex

Der vom Arbeitsmarktservice (AMS) veröffentlichte Gleichstellungsindex Arbeitsmarkt zeigt nur marginale Verbesserungen für Frauen. Die größte Veränderung gab es demnach noch beim Einkommen, erklärte Martina Maurer von der Abteilung Arbeitsmarktpolitik für Frauen im Gespräch mit der APA.

Für den vom Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) entwickelten Gleichstellungsindex werden 31 Indikatoren zu vier Teilindizes und einen Gesamtindex gebündelt. Die vier Themenbereiche umfassen Arbeit und dessen Schnittstellen Einkommen, Bildung und Familie. Der Frauenwert in Prozent des Männerwertes spiegelt dabei das Geschlechterverhältnis wider. Bei einem Wert von 100 Prozent wäre die Gleichstellung zwischen Frauen und Männern am Arbeitsmarkt erreicht. Der Index wird alle zwei Jahre aktualisiert und liegt nach 2015 nun zum zweiten Mal vor.

Am Arbeitsmarkt sind 71 Prozent Gleichstellung erreicht, das ist eine kleine Verbesserung zur Erhebung 2015, als es laut WIFO 70 Prozent waren. Damit ist weiterhin ein Verbesserungspotenzial von rund einem Drittel vorhanden. Die größte Verbesserung gab es beim Einkommen, dies ist auf die Faktoren Niedriglohnbeschäftigung und Niedrigeinkommen zurückzuführen. Erklärt werden kann dies damit, dass in den Kollektivverträgen in den letzten Jahren die Niedriglöhne besser berücksichtigt wurden, zunehmend mehr Frauen höher qualifiziert sind und es im Vergleich zu den Männern bei Frauen einen stärkeren Rückgang bei den Hilfsarbeiterinnen gab. Dennoch sind Frauen weiterhin wesentlich stärker von Niedriglöhnen betroffen, gibt Maurer zu bedenken: 22,4 Prozent und damit jede fünfte Frau in Österreich ist niedriglohnbeschäftigt, während es bei Männern jeder zehnte ist.

Gender Pay Gap in Österreich sehr groß

Die Verbesserungen dürfen auch nicht darüber hinweg täuschen, dass der Einkommensunterschied in Österreich im Vergleich zu anderen europäischen Staaten sehr groß ist. Im Teilbereich “Einkommen beim Berufseinstieg” etwa liegt die Indexzahl österreichweit bei 70 Prozent, das heißt, Frauen bekommen bereits beim Berufseinstige seltener als Männer Einkommen von mindestens 1.800 Euro brutto. Frauen sind im Durchschnitt auch höher gebildet als Männer, hier erreichen sie einen Indexwert von 118 Prozent. Dies schlägt sich aber nicht in den Faktoren Arbeit und Einkommen nieder, stellt Maurer fest.

Den größten Nachholbedarf sieht sie im Bereich Familie, hier erreichen Frauen nur 39 Prozent der Werte der Männer (2015: 38 Prozent). Zwar gehen mehr Männer in Karenz als in den Vorjahren, tun dies allerdings kürzer. Während bei Frauen das Einkommen hinterher sinkt, erhalten Männer nach einer Karenz teils sogar ein höheres Gehalt. Gründe dafür sind, dass Frauen oft nur in Teilzeit zurückkehren oder sogar die Branche wechseln. “Frauen sind gut ausgebildet, werden aber weniger ausbildungsadäquat beschäftigt. Da geht viel Potenzial verloren”, so die Expertin.

Von den 31 Indikatoren gibt es laut Maurer lediglich zwei, bei denen Frauen besser gestellt sind. Es sind dies die Arbeitslosenquote sowie die wiederkehrende Arbeitslosigkeit.

Weshalb Wien besser abschneidet

Im Vergleich der Bundesländer schneidet Wien bei der Gleichstellung wesentlich besser ab (Indexwert von 81 Prozent). Dies liegt laut Maurer unter anderem am Kinderbetreuungsangebot, dem Öffi-Angebot, der eine größere Mobilität ermöglicht, und dem großen öffentlichen Dienst in der Bundeshauptstadt.

Das AMS hat bereits auf diese Analysen mit einem arbeitsmarktpolitischen Frauenprogramm reagiert, das auf Laufbahnberatung und Qualifizierung setzt. Frauen werden etwa auch beim Wiedereinstieg in den Beruf unterstützt.

Um die Gleichstellung zu fördern, braucht es aus Sicht des AMS flächendeckend ein ganztägiges Kinderbetreuungsangebot – auch für die Jüngsten und für Schulkinder. Für eine höhere Väterbeteiligung seien Anreizsysteme gefordert und Frauen soll ein früher Wiedereinstieg in den Beruf ermöglicht werden. Nötig seien auch eine neue Arbeitsbewertung und mehr Einkommenstransparenz. Maurer verwies hier auch auf die neue Toolbox für Einkommensberichte.

SPÖ-Frauen drängen auf Lohntransparenzgesetz

Die SPÖ-Frauen fordern anlässlich des diesjährigen Equal Pay Days dringend Schritte gegen die Einkommensschere. Unter anderem brauche es ein Lohntransparenzgesetz für Unternehmen, den Mindestlohn von 1.500 Euro für alle, steuerfrei, sowie den Ausbau der Kinderbetreuung und der Ganztagsschulen, erklärte Bundesfrauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek in einer Aussendung am Sonntag.

(APA/Red)

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