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Ein Scherbenhaufen für den Häupl-Nachfolger

Wiens Bürgermeister Häupl mit Zilk und Gratz.
Wiens Bürgermeister Häupl mit Zilk und Gratz. ©APA (Sujet)
Gastkommentar von Johannes Huber. Die Partei ist im Gestern stehen geblieben und die Stadt ist dabei, gegen eine Wand zu krachen.

Die Gemeinde Wien wird sehr gut verwaltet, die Lebensqualität könnte größer nicht sein; und die Sozialdemokratie ist eine stolze Parteiorganisation, wie man sie auf der ganzen Welt kaum noch ein zweites Mal finden wird. Das muss vorweggeschickt werden. Zumal der Schein trügt. Das Niveau ist in Wirklichkeit kaum noch zu halten; da wie dort.

Genaugenommen wird die Nachfolge von Bürgermeister und SPÖ-Chef Michael Häupl zu spät geklärt. Und noch genauer genommen macht es ohnehin schon keinen Unterschied mehr, ob die Wahl auf dem morgigen Parteitag auf Michael Ludwig oder Andreas Schieder fällt. In wesentlichen Fragen sind sie sich einig: Beide wollen gegen die schwarz-blaue Bundesregierung auftreten und im Rathaus die rot-grüne Koalition fortsetzen. Wie sie das im Detail anstellen werden, ist offen. Zumal sie sich mit einer Kürzung der Mindestsicherung für Zuwanderer eher auf ÖVP und FPÖ zu- bzw. von den Grünen wegbewegen. Und zumal sie nicht davon ausgehen können, dass es die Grünen nach der Gemeinderatswahl 2020 überhaupt noch gibt. Aber gut; man muss ja nicht alles verstehen.

Im Übrigen haben die Kandidaten keine großen Zukunftspläne, geschweige denn Visionen, wie Wien in zehn, 20 Jahren ausschauen soll: Sicher, es sollen weiter mehr Wohnungen gebaut werden. Und auch Kaffeehäuser soll es dann noch geben. Aber soll das jetzt irgendjemanden begeistern? Es entspricht eher der Überzeugung, dass die Stadt solide werden soll.

Wenn es denn überhaupt noch irgendeinen Spielraum gibt: Vor allem aus dem Sozial- und Gesundheitssektor ist immer öfter die Klage zu hören, dass es zunehmende Sparzwänge gebe. Kein Wunder, muss man sagen: Ein Blick in die Budgetabschlüsse zeigt, dass die Aufwendungen in den vergangenen Jahren explodiert sind. Haben sie 2001 noch knapp ein Fünftel der Gesamtausgaben ausgemacht, so sind es 2016 bereits 46 Prozent gewesen. Wofür nicht allein budgetäre Umschichtungen ausschlaggebend sein können. Sondern zum Beispiel auch Dinge, wie Pleiten, Pech und Pannen beim Krankenhaus Nord: Um 2013 hätte es ursprünglich eröffnet werden und rund 600 Millionen Euro kosten sollen. Jetzt soll es erst 2019 soweit sein und mehr als doppelt so viel ausmachen.

Doch das spürt noch niemand. Im Unterschied zu den „Gangbetten“, die aufgrund der Kapazitätsengpässe nötig sind. Sie sind wirklich unangenehm für Patienten und eine Katastrophe für die SPÖ: Nicht nur, weil Boulevardzeitungen täglich von „Horror“ und „Katastrophen“ berichten, sondern weil regierende Parteien für so etwas in der Regel auch abgestraft werden.

Und weil die SPÖ aus vielen Gründen nicht mehr so wirkungsvoll darauf antworten kann, wie ihr das in besseren Zeiten möglich gewesen ist: Erstens, die Kassen sind leer. Zweitens, allfällige Investitionen versanden zu einem erheblichen Teil (siehe Krankenhaus Nord). Und drittens, die Partei ist selbst sanierungsbedürftig; die ohnehin längst überfällige Erneuerung, die Häupl nach der Wahlniederlage 2015 angekündigt hat, hat nie stattgefunden.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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