In Ferguson selbst blieb es in der Nacht unter Aufsicht von mehr als 2.000 Nationalgardisten etwas ruhiger. US-Präsident Barack Obama verurteilte die Gewalt in der Kleinstadt und rief zum Dialog auf. Der Polizist, der den 18-jährigen Michael Brown im August erschossen hatte, sagte, er habe ein reines Gewissen.
Protestwelle gegen Rassismus und Polizeigewalt
Aus der Kleinstadt im Mittleren Westen breitete sich eine Protestwelle bis in die Großstädte der Ost- und Westküste aus. In New York marschierten Hunderte Demonstranten vom Manhattans Union Square zum Times Square und nach Harlem. Ein Teilnehmer sagte CNN, er wolle nur helfen, Veränderungen einzufordern. Er habe sich spontan dem Protestzug angeschlossen. “Manchmal werde ich aufgrund meiner Hautfarbe diskriminiert.”
In Atlanta, dem Geburtsort des Bürgerrechtlers Martin Luther King, blockierten Demonstranten eine Schnellstraße. “Es ist ein Hohn”, meinte die Demonstrantin ShaCzar Brown. “Vor 70 Jahren war es erlaubt, Schwarze umzubringen”, sagte sie mit Hinweis auf Lynchmorde in den US-Südstaaten. “Im Prinzip ist es das immer noch.”
US-Medien: Es geht es um mehr als Gerechtigkeit
Die US-Medien waren sich in den vergangenen Tagen größtenteils einig: Es geht um mehr als den Einzelfall Michael Brown, es geht um die Probleme zwischen Schwarz und Weiß.
- “New York Times” (Dienstag): “Ein Land mit einem afroamerikanischen Präsidenten und einer beträchtlichen…schwarzen Mittelschicht bleibt, was das Justizsystem betrifft, genauso gespalten wie noch vor Jahrzehnten.”
- “Washington Post” (Dienstag): “Ferguson hat das Land von der Fantasievorstellung weggezwungen, dass Amerika in eine ‘post-ethnische’ Ära eingetreten ist.” Doch weder habe eine nationale Debatte eingesetzt, noch werde das tief greifende Gefühl von Ungleichheit und Ungerechtigkeit thematisiert, das bei vielen im Land herrsche.
- “St. Louis Post-Dispatch” aus Missouri (Dienstag): “Die Welt hat gesehen, wie Ferguson brannte, und die Realität war genauso schlimm, wie es spätabends im Kabelfernsehen aussah.” Randalierer hätten die Wut der Demonstranten über gefühlte Ungerechtigkeiten ausgenützt.
- Im konservativen Sender Fox News kritisierte der schwarze Kommentator Juan Williams gewaltbereite Provokateure: “Diese Selbstdarsteller sind niemals zum Aufräumen zur Stelle, wenn Unruhen ein schwarzes Viertel zerstören und das Vertrauen zwischen Menschen aller Hautfarben vernichten.”
Gewalt und Plünderungen
Demonstranten in Oakland in Kalifornien warfen Scheiben ein und plünderten Geschäfte, während in Los Angeles eine Schnellstraße blockiert wurde.
Auch aus Großstädten wie Boston, Denver, Seattle, Washington und Dallas wurden Proteste gemeldet.
Keine Anklage gegen weißen Polizisten
Auslöser war die Entscheidung von Geschworenen, den Polizisten, der die tödlichen Schüsse abgegeben hatte, nicht anzuklagen. In Ferguson skandierten Demonstranten vor einer Polizeiwache “Keine Gerechtigkeit, kein Friede”. Trotz einer erhöhten Präsenz der Nationalgarde ging im Zentrum ein Polizeiauto in Flammen auf.
Polizei geht mit Tränengas gegen Demonstranten vor
Die Beamten trieben Demonstranten mit Tränengas auseinander. Die Polizei nahm nach eigenen Angaben 44 Personen fest. In anderen Teilen der Stadt waren die Proteste dagegen weniger von Gewalt begleitet als in der Nacht zuvor.
Obama: “Keine konstruktive Antwort”
Obama sagte, Gebäude und Autos in Brand zu setzen und Menschenleben zu gefährden, sei keine konstruktive Antwort. “Dafür gibt es keine Entschuldigung.” Solche Taten müssten bestraft werden. Er betonte aber auch, dass “die Frustration, die wir gesehen haben”, nicht nur auf ein spezielles Ereignis zurückgehe. Viele Menschen in den USA hätten das Gefühl, dass die Gesetze nicht immer einheitlich und fair angewandt würden.
Ermittlungen auf Bundesebene
Die Entscheidung der Jury bedeutet nicht, dass der Fall nicht juristisch aufgearbeitet wird. Justizminister Eric Holder machte klar, dass auf Bundesebene wegen des Todes des 18-jährigen Brown sowie wegen des Verhaltens der Polizei bei den folgenden Unruhen ermittelt werde.
Darren Wilson: “Ich habe ein reines Gewissen”
Der Bürgermeister von Ferguson, James Knowles, sagte, es sei noch keine Entscheidung zur beruflichen Zukunft des Polizisten gefällt worden. Der 28-jährige Darren Wilson ist seit August beurlaubt, wird aber weiterhin bezahlt. Er hat ausgesagt, sich von Brown bedroht gefühlt und daher aus Notwehr gehandelt zu haben. Dem Fernsehsender ABC sagte Wilson, er habe ein reines Gewissen, weil er seine Arbeit richtig gemacht habe. Er hätte den Tod des Teenagers nicht verhindern können. Wilsons Anwalt sagte später auf CNN, die Karriere seines Klienten als Polizeioffizier sei beendet.
Bilder der Gewalt und Zerstörung
Diese Karte mit Bildern aus dem Social Web zeigen die zum Teil ausufernde Gewalt und Zerstörungswut bei den Ausschreitungen in Ferguson.
(APA/red)