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Ein Jahr in Wien: Deutsche berichtet über ihre (sprachlichen) Probleme

Tonja Pölitz berichtet in ihrem Buch über ihre (sprachlichen) Probleme in Wien.
Tonja Pölitz berichtet in ihrem Buch über ihre (sprachlichen) Probleme in Wien. ©Verlag Herder GmbH
Glaubt man den Ausführungen von TV-Korrespondentin Tonja Pölitz, so haben Deutsche es in Wien sehr schwer. Vor allem sprachlich. Ein Jahr hat sie in Österreich gearbeitet und verarbeitet diese Zeit als "Reise in den Alltag" in Buchform.
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“Wer wissen will, wie sich Vorurteile gegen Ausländer anfühlen, der muss bloß mal als Deutsche nach Österreich auswandern”, schreibt TV-Korrespondentin Tonja Pölitz in ihrem Buch “Ein Jahr in Wien. Reise in den Alltag.” Und diese Zusammenfassung steht auch exemplarisch für die Message ihres Buches: Vor allem, aber nicht nur, sprachliche Probleme warten vor allem zu Beginn auf deutsche Auswanderer in der österreichischen Bundeshauptstadt.

Wien-Beschreibungen in Klischees

Eins muss vorneweg betont werden: Nicht alle Anekdoten der “Reise in den Alltag” beruhen, wie die Autorin angibt, auf wahren Begebenheiten. Mit Klischees und Stereotypen wird bei der Mischung aus Fakt und Fiktion der Geschichte nicht gespart. Erste Bekanntschaft schließt die Korrespondentin mit trinkfesten Alt-Wienern am Würstelstand, bleibt diesen auch treu und verkehrt trotzdem fortan hauptsächlich mit Galeristen und Immobilienmaklerinnen. Gerade der Gegensatz von Extremen scheint ihr zu gefallen und ist ihrer Meinung nach auch charakteristisch für Wien: “Würstelboxmilieu neben Penthousewohnung, Gewöhnlich neben Extravagant, Fantasie neben Wirklichkeit, Genie hier, und um die Ecke wohnte der Wahnsinn.”

Auch die weiteren Wien-Beschreibungen bleiben an der Oberfläche: “In Sachen Kitsch war man in Wien natürlich goldrichtig. Die ganze Stadt war eine alte Kramschatulle, deren gesammelte Schätze hier und da zwar schon ordentlich muffelten, die man aber für immer behalten wollte, weil sie so schön waren oder weil sie einen an wundervolle Tage erinnerten”, heißt es in etwa, oder: “Wien tat das, was es in dieser Jahreszeit am besten konnte, es ließ sich Puderzucker auf seine Zuckerbäckerfassaden rieseln.”

(Start-) Probleme einer Deutschen

Die Versetzung nach Österreich scheint zu Beginn nicht der große Glücksgriff für die Journalistin zu sein. Die Wohnungssuche gestaltet sich schwierig, die Freude an der Freizeitgestaltung hält sich ohne Bekanntschaften in Grenzen.

Zu Beginn wurde ihr beigebracht, dass es für in Österreich eingewanderte Deutsche nur zwei Regeln gebe: “Nie mit der Tür ins Haus fallen” und “Unbedingt vermeiden, Negatives zu sagen.” Sich an diese im Alltag zu halten, fällt nicht immer leicht, Fettnäpfchen bleiben jedoch größtenteils aus, bzw. beschränken sich auf das Sprachliche. “Es haaßt do oba ‘Kaffeeeee’!!!”, wird sie zurechtgewiesen und dass man im Supermarkt nicht um eine Tüte, sondern ein Sackerl, bittet, wird ihr laut, deutlich und wenig freundlich klar gemacht. “Und ich dachte nur: Nach der Kaffee-Polizei nun noch Tüten-Aufsicht!”, so ihre Reaktion.

In Wien spricht man Wienerisch

Obwohl sie ihrer Geschichte einen “kleinen Vokabeltrainer” anfügt, hat Tonja Pölitz aber anscheinend selber noch Probleme mit dem Wienerischen und verwechselt Häfn und Häferl – “wie der Österreicher seinen Knast nennt.” Man merkt, hier kam wohl auch der für das Lektorat Verantwortliche aus Deutschland. Es sind aber nicht nur bestimmte Vokabeln, die Schwierigkeiten bereiten, sondern viel mehr die Zwischentöne. “Des is des, was man hören kann. Dann is da aber a noch des, wasma net hörn kann!”, wird sie aufgeklärt und lernt auch schnell, mit der Schaumamal-Mentalität umzugehen: “Jeder in Wien weiß, das heißt nichts Gutes. Denn sagt der Wiener “Schaumamal!”, meint er keineswegs verbindlich “ja”, sondern das absolute Gegenteil.”

Auch wenn die gemeinsame Sprache ihrer Meinung nach etwas Trennendes hat, kann sie dem Wienerischen dennoch etwas abgewinnen: “Den neben dem Dialekt etwas altbackenen und manchmal umständlichen Sprachstil der Wiener mochte ich hingegen sehr”, gibt sie zu. Mit den Umgangsformen hingegen hadert sie zum Teil: “Konservativ und galant zugleich bestellten Männer in Wien auch gern in aller Öffentlichkeit für die Frau am Tisch. Dieses für deutsche Frauen eher unangenehme, schwülstige Verhalten galt in Wien als Etikette.” Schwerer als der Start in Wien, so lässt einen ihre Erzählung glauben, scheint ihr nur der Abschied von Wien zu fallen.

Buch-Tipp:
Tonja Pölitz: Ein Jahr in Wien. Reise in den Alltag, erschienen im Verlag Herder (2014), ISBN 978-3-451-06681-8, 13,40 Euro
(SVA)

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