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Ein Hoch auf die Azoren

Natur pur gibt es auf den neun Azoren-Inseln inmitten des Atlantik
Natur pur gibt es auf den neun Azoren-Inseln inmitten des Atlantik ©VN-C. Jörg-Brosche
Die neun portugiesischen Azoreninseln sind Gärten im Atlantik mit viel Natur.
Azoren-Hoch

Erschöpft lasse ich mich auf den Gipfelfelsen fallen: Ich habe exakt 1160 Höhenmeter steil bergauf über loses Lava-Geröll in den Beinen – doch nun ist der Pico Alto (2351 Meter) mein! Aber ich bleibe nicht lange sitzen, der Felsen ist glühend heiß! „It’s a volcano“, lacht Bergführer João. Wie zur Bestätigung zischt neben mir mit schwefeligem Gestank eine Fumarole aus einer Felsspalte. „70 degrees“, meint João trocken.

Die wildeste und steilste Insel

Nirgendwo sonst in Europa kann man die Vielfalt, wilde Schönheit und landschaftsformende Gewalt vulkanischer Aktivität sowie die fruchtbare Kraft ihrer Lava-Flanken so eindrucksvoll erleben, wie auf den Azoren. Pico ist die wildeste, steilste und höchste der neun Inseln: Das Eiland misst zwar nur 46 mal 15 Kilometer, ihr gleichnamiger „Gipfel“ (Pico = Gipfel auf Portugiesisch) ist aber die höchste Erhebung Portugals. Ein Berg von völlig ebenmäßiger Kegelform – typisch Vulkan. Zuletzt war er 1963 aktiv, allerdings nur bei einer Flankeneruption unter der Meeresoberfläche. Mein neuer Ruhefelsen ist zwar nicht gar so bequem wie ein Flugzeugsitz, doch Aussicht und Tiefblick sind grandios: Unter mir ziehen weiße Wattewölkchen vorbei, darunter erstreckt sich azurblau das Meer und die Nachbarinseln Sao Jorge und Faial. Ostwärts liegt die giftgrüne Hochfläche der Insel Pico, gesprenkelt von kleinen, kreisrunden Vulkankratern.

Nicht nur Pico, auch die Hauptinsel Sao Miguel demonstriert ihre vulkanische Vergangenheit bzw. Aktivität – und zwar auf höchst unterschiedliche Art und Weise: Lieblich-sanfte Zeugen sind die herrlichen Kraterseen im Landesinneren.

Baden in „Senf-Seen“

Berühmt als Gegenstand von Azoren-Werbefotos sind die Lagoa Azul und Lagoa Verde im Inselwesten. Umgeben sind sie von einem imposanten Ringkrater (12 km Umfang), auf dem wie Unkraut kitschblaue Hortensien wuchern. Völlig unberührt liegt die Lagoa do Fogo in 610 Meter Seehöhe – da gibt es nichts außer Wiesen und Wälder an den Gestaden. Ein kleiner Wanderweg führt hinab, unten laden in völliger Stille die Fluten zu einem erfrischenden Bad (was übrigens eine Seltenheit auf den Azoren ist, die meisten Seen sind wegen Überdüngung durch die Tausenden Kühe nicht zum Baden geeignet). Ein himmlischer Ort!

Schaut man hingegen bei den Caldeiras (Quelltöpfe) von Furnas auf die brodelnd-kochenden, blubbernden Schlammlöcher im Boden, aus der übelst riechende Schwaden aufsteigen, glaubt man sich beinahe in der Hölle. Dreht man sich um, blickt man wiederum in die lieblichste Landschaft: Ein runder, hellgrüner See, das Städtchen Furnas mit strahlend weißen Häusern und roten Ziegeldächern. Im Zentrum liegt inmitten des botanischen Gartens „Parque Terra Nostra“, das größte Thermal-Naturbecken der Welt. Sein Wasser hat konstant 38 Grad, und obwohl die Fluten die Farbe von Senf haben, ist ein Bad darin einfach köstlich.

Die starke Erdwärme wird auch zum Kochen verwendet: Rund einen halben Meter tief in die Erde eingebuddelt gart der sogenannte „Cozido“, ein Eintopf aus Huhn, Schwein, Rind, Wurst, Kartoffel, Yams und verschiedenen Gemüsesorten. Die freigesetzten Mineralstoffe und die sanfte Gartemperatur verleihen dem Gericht eine besondere Geschmacksintensität. In vielen Restaurants kann man den Cozido probieren – allerdings nur gegen Vorbestellung, denn er benötigt fünf bis acht Stunden Garzeit.

Badefreuden und Wanderwege

Die neun Azoreninseln begeistern nicht nur mit giftgrünen, von Hortensien überwucherten Bilderbuchlandschaften und versprenkelten Seen, sondern auch mit Badefreuden im Meer. Auf dem „Badeeiland“ Santa Maria findet man sehr schöne, helle Sandstrände. Auf den anderen Inseln sind sie zumeist lava-schwarz. Noch besser haben uns die wildromantischen Natur-Felspools in den Steilküsten gefallen. Die Azoreninseln werden auch als Wanderziel propagiert, doch hier wartet so manche Enttäuschung: Idyllische, kleine Wanderpfade sind leider Seltenheit. Vielmehr findet sich der Wanderer oft auf asphaltierten Straßen oder – mit Glück – Forststraßen wieder. Die sind oft tief ins Erdreich eingeschnitten oder so überwuchert, dass sie keine Aussicht bieten. Ein sportliches Muss allerdings ist die Besteigung des Pico Alto, auch wenn er ein wirklich konditionsschindender „Hatscher“ ist . . .

 

REISE-INFOS

Anreise: TAP Portugal (www.flytap.com) bietet Direktflüge ab München oder Zürich nach Lissabon, von hier geht es mit TAP oder der Azoren-Airline SATA International (www.sata.pt) auf die unterschiedlichen Inseln. Flug über Lissabon auf eine Insel (ohne Inselhüpfen) ab ca. 438 Euro. Wer mehrere Inseln anfliegen möchte, dem empfiehlt sich der SATA-Airpass. Air Berlin (www.airberlin.com) fliegt einmal pro Woche (Mittwoch) z. B. ab München über Düsseldorf nach Ponta Delgada auf Sao Miguel (www.laudaair.com).
Infos im Internet unter: www.visitazores.org, www.artazores.com, www.visitportugal.com.
Unterkünfte: Erfreulicherweise setzen die Azoren ganz auf sanften Tourismus. Ländlicher Tourismus in typischen Azoren-Häusern wird forciert: Auf der Homepage www.casasacorianas.com findet man sehr charmante, landestypische Unterkünfte.

 

(VN-C. Jörg-Brosche)

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