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Ehefrau in Leopoldstadt stranguliert: Mordprozess-Urteil lautet auf Totschlag

Beim Mordprozess in Wien
Beim Mordprozess in Wien ©APA
Jener 35-Jährige, der am 7. Oktober 2015 in seiner Wohnung in der Oberen Augartenstraße in Wien-Leopoldstadt seine Ehefrau stranguliert hat, ist am Donnerstag im Straflandesgericht zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden.
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Das Urteil lautet auf sechs Jahre Haft. Die Geschworenen verwarfen mit 7:1 Stimme die Mordanklage und erkannten auf Totschlag. Sie billigten dem Mann zu, in einer allgemein begreiflichen, heftigen Gemütsbewegung den Gurt einer Umhängetasche über Kreuz um den Hals der 35-Jährigen geschlungen und heftig zugezogen zu haben.

Mordprozess: Urteil nicht rechtskräftig

Laut Gerichtsmediziner Christian Reiter dürfte der Würgeakt mindestens vier Minuten angedauert haben. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Während Verteidiger Timo Gerersdorfer mit der Entscheidung einverstanden war, meldete Staatsanwältin Ursula Kropiunig Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an.

Reaktion des Angeklagten: “Ich danke Euch”

“Liebe Geschworene, ich danke Euch, dass Ihr mir eine zweite Chance gegeben hat”, reagierte der 35-Jährige mit Tränen der Erleichterung auf den Wahrspruch. Er werde diese nützen, um sich um seine Kinder zu kümmern, kündigte er an.Seine Ehefrau, die sich nach außerehelichen Beziehungen von ihm scheiden lassen wollte, soll ihm unmittelbar vor der Bluttat angedeutet haben, dass er möglicherweise gar nicht der Vater seiner drei Töchter ist. Außerdem soll sie ihn als “Esel” bezeichnet und als Niete im Bett hingestellt haben. Nach Ansicht der Geschworenen nahm der Mann, der seiner Aussage nach seit Monaten von der 35-Jährigen schlecht behandelt und gedemütigt worden war, ihr darauf “aus Wut und Verzweiflung” das Leben, wie es in der Urteilsbegründung hieß.

Ehefrau in Leopoldstadt stranguliert: Mildernde Umstände

Bei einem Strafrahmen von bis zu zehn Jahren erschienen dem Schwurgericht sechs Jahre tat- und schuldangemessen. Mildernd wurden die bisherige Unbescholtenheit des Witwers, ein “gewisser Beitrag zur Wahrheitsfindung” sowie sein Verhalten nach der Tat gewertet. Als er bemerkte, dass sich das Gesicht seiner Frau blau verfärbte und sie offenkundig keine Lebenszeichen mehr von sich gab, hatte er den Notruf der Rettung kontaktiert und auf Anweisung eines Mitarbeiters Reanimationsmaßnahmen durchgeführt.

Das Paar hatte sich 2006 kennengelernt und bald darauf geheiratet. Da die Frau – eine gebürtige Slowakin – unter ihren Arbeitsbedingungen in einer Wiener Anwaltskanzlei litt, schlug ihr der Ehemann vor, ihren Job aufzugeben und zu Hause zu bleiben. Er werde stattdessen mehr arbeiten. Die Ehe verlief trotzdem nicht harmonisch. Die Frau ging angeblich fremd, unter anderem mit einem Mann, der in dem Haus in der Slowakei, dessen Ankauf der gehörnte Ehemann finanziert hatte, Malerarbeiten durchführte. Dem eigenen Mann dagegen verweigerte sie sich, was intime Kontakte betraf.

Schwierige Ehe – Frau wollte Scheidung

Schließlich zog sie mit den drei Töchtern in die Slowakei und wollte die Scheidung. Die Kinder dürften der Frau als “Druckmittel” gedient haben, um von ihrem Noch-Mann weitere finanzielle Zuwendungen zu bekommen. So soll sie 2.500 Euro verlangt haben, ehe sie die Kinder mit ihrem Vater in den Wiener Prater gehen ließ. Der 35-Jährige kaufte ihr auch eine neue Waschmaschine, und als er seine Frau eines Tages in der Slowakei besuchte, musste er feststellen, dass sich in der Wäschetrommel fremde Männerunterhosen befanden.

Obwohl die Frau nichts mehr von ihm wissen wollte, sperrte sich der Mann gegen die endgültige Trennung. Er versuchte sie vielmehr an sich zu binden, indem er ihr – wie sich im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren zeigte – monatlich bis zu 3.000 Euro überwies. Das war ihm nur möglich, indem er an seinem Arbeitsplatz doppelte Schichten übernahm. Arbeitskollegen fiel der schlechte Allgemeinzustand des 35-Jährigen auf, der im Frühjahr 2015 eigenen Angaben zufolge aufgrund der seelischen Belastung 22 Kilogramm an Gewicht verloren hatte.

Streit vor Anwaltstermin in Wien eskalierte

Am 6. Oktober 2015 kam die 35-Jährige nach Wien, um am darauf folgenden Tag einen Mediationstermin bei ihrem Scheidungsanwalt wahrzunehmen. Sie forderte den Mann auf, mitzukommen, der einvernehmlichen Scheidung zuzustimmen und die entsprechenden Papiere zu unterschreiben, sonst werde er – wie der Angeklagte vor Gericht zu Protokoll gab – “alles verlieren” und die Kinder “nie wiedersehen”.

Am 7. Oktober holte die Frau gegen 9.30 Uhr ihren Noch-Mann. Er servierte ihr ein Frühstück, ehe er erklärte, dass er der Scheidung nur zustimmen werde, wenn sein Sorgerecht für die Kinder gesichert sei und sie das Haus in der Slowakei den Töchtern überschreibe. Darauf hin sei es “eskaliert”, so der Angeklagte am ersten Verhandlungstag am Mittwoch. Die Frau, der er sogar eine Brust-OP bezahlt hätte, habe ihn “massiv provoziert” und unter anderem erklärt, es werde bald einen neuen Freund geben, der von seinen Unterhaltszahlungen leben werde: “Sie hat mich sekkiert. Sie hat mich heiß gemacht.” Als sie auch noch seine Vaterschaft in Frage stellte, ihm einen Tritt versetzte und in den Finger biss, “war ich wirklich außer Kontrolle.”

Der 35-Jährige strangulierte die Frau mit dem Tragegurt, bis diese zu Boden stürzte. “Ich war wirklich wütend auf sie”, stellte der Angeklagte fest. Seine Absicht sei es gewesen, “dass sie Schmerzen spürt”. Ihr sollte bewusst werden, dass er “kein Weichei” sei: “Ich bin ein Mann. Ich hab’ verdammt auch Kraft.”

(apa/red)

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