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Deutschland nimmt Kurs auf Einführung der "Ehe für alle"

Kursänderung bei Merkel
Kursänderung bei Merkel ©APA (dpa)
Nach dem Schwenk der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der "Ehe für alle" wird es noch in dieser Woche eine Parlamentsabstimmung dazu geben. Dies kündigte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann am Dienstag in Berlin an. Parteichef Martin Schulz hatte zuvor angedeutet, dass die SPD in dieser Frage zu einem Koalitionsbruch bereit wäre. Das Votum "wird diese Woche passieren", sagte Oppermann.

Die SPD werde dafür sorgen, dass ein Antrag der rheinland-pfälzischen Landesregierung aus dem Bundesrat zur Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare im Bundestag zur Abstimmung gebracht werde, sagte Schulz. Er äußerte die Hoffnung, “dass die Kollegen der Union dabei mitziehen werden. Ansonsten wird die sozialdemokratische Bundestagsfraktion heute Nachmittag in ihrer Sitzung die weiteren prozeduralen Schritte beschließen und einleiten”.

SPD, Grüne und Linke fordern schon länger die Öffnung des Rechtsinstituts der Ehe für gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Kürzlich legte sich auch der potenzielle Koalitionspartner von Merkels Union nach der Bundestagswahl, die liberale FDP, darauf fest.

Der Vorsitzende der Lesben und Schwulen in der Union (LSU), Alexander Vogt, begrüßte Merkels Aussagen. Nun sei “klar, wo die Reise hingeht”, sagte Vogt. Die Homosexuellenvereinigung in CDU und CSU würde sich “eine Abstimmung bereits am Donnerstag wünschen”. Merkels Vorschlag könne aber auch darauf abzielen, “die Union auf die Koalitionsverhandlungen vorzubereiten”. Auch die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, forderte eine sofortige Abstimmung. “Die Abgeordneten sollten jetzt ohne Fraktionszwang entscheiden, und das noch vor der Sommerpause”, sagte Lüders in Berlin. “Lesben und Schwule sollten jetzt nicht wieder monatelang warten müssen.”

Ehe für alle im Gespräch

In sozialen Netzwerken war die #Ehefueralle in der Nacht auf Dienstag ein viel diskutiertes Thema. “Merkel will erst in nächster Wahlperiode frei über die Ehe für alle entscheiden lassen? Warum? Wir können diese Woche abstimmen. Auf geht’s!”, twitterte der gleichstellungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sönke Rix. Gleiches forderten mehrere Grünen-Politiker, die Parteivorsitzende Simone Peter schrieb in dem Kurznachrichtendienst: “Wir warten auf die politische Initiative, nachdem die Ehe für alle letzte Woche im Bundestag zum 30. Mal vertagt wurde!”

Merkel war zuvor vom klaren Nein der CDU zur gleichgeschlechtlichen Ehe abgerückt. Die CDU-Vorsitzende erklärte am Montagabend in Berlin, sie wünsche sich eine Diskussion, die “eher in Richtung einer Gewissensentscheidung geht”. Bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag ohne Fraktionszwang gilt eine Mehrheit für die Ehe für alle als sicher. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa hat Merkel die Linie mit CSU-Chef Horst Seehofer abgesprochen.

Die Union hatte die völlige Gleichstellung homosexueller Partnerschaften bisher abgelehnt. SPD, Grüne und FDP machen sie zur Bedingung für eine Koalition – und auch in Teilen der CDU gibt es Zustimmung: So schrieb der CDU-Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann kurz nach Merkels Äußerungen auf Twitter: “Danke Angela Merkel! Wie befreiend! Von mir aus könnten wir gerne noch diese Woche abstimmen!”

In Österreich hatte die SPÖ nach der Aufkündigung der Koalitionszusammenarbeit durch die ÖVP das Thema “Ehe für alle” aufgegriffen. Frauenministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) übermittelte ÖVP-Chef Sebastian Kurz und Vizekanzler Wolfgang Brandstetter (ÖVP) Anfang Juni einen Gesetzesentwurf. Sie zeigten sich ablehnend. Anders als ihre deutschen Schwesterparteien CDU und CSU ist die ÖVP in der Frage der “Ehe für alle” aber parlamentarisch nicht isoliert. In Österreich konnten bisher auch FPÖ und Team Stronach nichts mit der sogenannten “Homo-Ehe” anfangen. Befürwortet wird die “Ehe für alle” von SPÖ, Grünen und NEOS. Die drei Parteien haben 84 Abgeordnete im Nationalrat, um acht weniger als die absolute Mehrheit.

(APA/dpa)

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