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"Ego-Shooter" auf der Theaterbühne

"Ego-Shooter": Ein "heftiges" Stück Theater in der St. Pöltner Bühne im Hof rüttelt auf und sensibilisiert für Ursprung und Erschaffung von Amokläufern - und das ganz weit abseits der Titel gebenden Ausrede-Schuldigen Ego-Shooter.

Ein Musical über Gewalt in der Schule? Der Schriftsteller Helmut Korherr hat gemeinsam mit Franz Dorfner (Musik) den Versuch unternommen, das brisante Thema für Jugendliche dramatisch aufzubereiten. Das Stück “Ego-Shooter” läuft derzeit als Produktion der Bühne im Hof in St. Pölten in Zusammenarbeit mit dem Kulturverein SABA vor Schülerpublikum.

“Ein heftiges Stück Theater”

“Kein Musical im klassischen Sinn, sondern ein heftiges Stück Theater für junge Menschen” hat Regisseur Kurt Ockermüller (“Echte Wiener”) inszeniert. Es geht um Mobbing, um Intrigen und Erpressung, um Lieblosigkeit im Elternhaus und Leistungszwang in der Schule: Eine Spirale, die in einen gewaltsamen Ausbruch mündet. “Wobei ich finde, dass das unser momentanes westliches Gesellschaftssystem widerspiegelt. Der Kapitalismus wurde in den letzten Jahren immer brutaler und unmenschlicher”, zieht Korherr im Programmheft eine klare Parallele.

Das Interesse ist groß: Alle zehn Vorstellungen sind bereits ausverkauft, im Herbst wird eine weitere Aufführungsserie an Vormittagen stattfinden. “Unbeirrt versuche ich soziale Themen in Auftrag zu geben”, sieht sich Mimi Wunderer, künstlerische Leiterin der Bühne im Hof, auf ihrem Weg bestätigt. Auch sie ortet allenthalben “schwere Menschlichkeitsdefizite” und steigendes Aggressionspotenzial. Die Theatermacher seien zwar nicht in der Lage, die Ursachen von Gewalt lückenlos aufzuzeigen, könnten aber doch zumindest Nachdenken bewirken.

Gequält, vereinsamt, unter Druck

Den von den Mitschülern gequälten Georg spielt Florian Feik sehr sympathisch, seinen waffennärrischen Vater gibt Stephan Paryla-Raky als Sheriff, die unterdrückte Mutter ist Heidelinde Pfaffenbichler.

Die in den Suizid getriebene Laura wird von Corinna Pumm glaubhaft dargestellt. Alle Mitwirkenden stellen deutlich unter Beweis, dass Jugendtheater keinesfalls mittelmäßig zu sein braucht. Dass es kein Happy End und keine Lösung gibt, mag irritieren. Doch warum auch sollte Theater leisten, was in der Realität offenbar misslingt?

Flottes Tempo und fetzige Musik

Auch am Mittwochvormittag waren die Reihen im Zuschauerraum lückenlos mit Jugendlichen besetzt. Sie erlebten eine hoch professionelle Aufführung, rasche Szenenwechsel, flottes Tempo, fetzige Musik und ungekünstelte Dialoge. Die anfängliche Unruhe im sichtlich nicht theatererfahrenen Publikum wich bald gebannter Aufmerksamkeit. Zu denken gibt allerdings die auch vom Regisseur so sicher nicht beabsichtigte Reaktion beim Massaker – lautstarker Beifall! Da bleibt wohl noch einiger Nachbesprechungsbedarf in den Klassen.

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