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Egal was kommt - Kritik und Trailer zum Film

Mit einer BMW GS 1200 ADV hat Christian Vogel über 50.000 Kilometer auf der Straße zurückgelegt. Eine Reise, die dem Regisseur dieses Films 333 Tage an Abenteuer bescherte und ihn in 22 Länder führte: von den Wäldern Kanadas bis in die Steppe der Mongolei, von den Stränden Goas bis in die Berge des Himalaya.

Es ist nicht die klassische Aussteigergeschichte alias ein Mann und sein Motorrad gegen die Widrigkeiten der Natur. “Egal was kommt” ist die Lightversion davon. Die Visa sind organisiert, Hotels gebucht, Christian Vogel hat sich mit Bikern in Internet kurzgeschlossen und die Go-Pro am Lenker. Entstanden ist eine Mischung aus Reisedoku, Graphic Novel und Familien-Diashow. Ab Freitag im Kino.

Egal was kommt – Kurzinhalt zum Film

Vogel, der seinen Job als Fernsehjournalist beim Hessischen Rundfunk gekündigt hat, machte aus seinem Lebenstraum ein Projekt. Er wollte Freiheit und er wollte sie auf seinem Motorrad in fremden Ländern erleben. Von Orlando (USA) fuhr er einmal um den Globus bis nach Cabo da Roca, der westlichste Teil des europäischen Festlandes. 333 Tage lang saß er im Motorradsattel und durchquerte 22 Länder. Die rund 600 Stunden Material hat Vogel als Protagonist, Kameramann und Co-Produzent in zwei Stunden Film verpackt.

Die in dem Streifen oft angesprochene Freiheit hat für manche Zuschauer einen schalen Beigeschmack, wenn der propagierte Aussteiger für eindrucksvolle Bilder augenscheinlich Szenen arrangiert. Obwohl er das 300 Kilogramm schwere Motorrad nur unter Ächzen aufrichten kann und sich zwei Rippen anbricht, sieht man ihn nach der Tortur wegfahren. Die Kamera bleibt zurück, er muss also unweigerlich wieder zurückgekommen um sie zu holen. Er hat also ein erneutes Umfallen des Motorrads riskiert – alles für die guten Aufnahmen.

Man merkt, Vogel hat den professionellen Blick für Bilder. Die Graphic-Novel-Elemente sind wundervoll animiert, der Schnitt ist schwungvoll, lehrbuchhaft wird versucht, Spannung aufzubauen. Mal sitzt er in China unter Aufsicht in einem Hotel fest, ein anderes Mal ist die einzige mögliche Strecke, ein Pass in Nepal, zugeschneit. Klingt alles spannend und ein wenig nach Actionfilm. Es fehlt dann aber sowohl Aufklärung als auch Bildmaterial: wieso ihm in China der Kontakt mit der Außenwelt verboten wurde, wie hat er es über den verschneiten Pass geschafft? Der Film geht darüber weg, als wäre es nicht passiert und verliert sich wieder in Straßenaufnahmen.

Egal was kommt – Die Kritik

Darüber hinaus greift “Egal was kommt” den Pathos vieler Reisefilme auf. Von “Er will das Leben, davon hat er nur eins” über “Nur durch Loslassen hält man eine Person fest”, mit Kalendersprüchen wird nicht gespart. Dabei kommt erst in den unkommentierten Momenten Emotion auf. Wenn Vogel in der Abflughalle seine Freundin – sie sind erst während der Reisevorbereitungen zusammen gekommen – ein letztes Mal an sich drückt, wenn seine Eltern die benötigten Motorradteile in Deutschland besorgen und weder Kosten noch Mühe scheuen, um sie ihrem 34-jährigen Sohn auf die andere Seite des Erdballes zu schicken.

In diesen Momenten kann sich der Zuschauer in Vogel hineinfühlen. Während die Stimme aus dem Off kurz schweigt und die Plattitüden eine Minute aussetzen, können eigene Erinnerungen an die Oberfläche kommen. Man kann sich an Landschaften erfreuen, die so aussehen wie die eigenen Handyaufnahmen – zwar schön, aber nie so imposant wie in echt oder in Hollywoodfilmen.

Leider sind die authentischen Momente schnell vorbei und werden von flachen Geschichten über Vogels Wegbegleiter verdrängt. Zwar flimmern immer wieder selbstlose Biker-Brüder (ja, es sind ausschließlich Männer, die ihn begleiten) über die Leinwand, man spürt aber nicht sehr viel Verbundenheit. Das Schema “Auf der Straße unterwegs – Unterkunft bei Bikerfreund – Einblick in seine Motorradstory – zurück auf die Straße” wird in dem zweistündigen Film wiederholt und wirkt nach dem dritten Mal überstrapaziert.

Und auch wenn die Motorradlegende Helge Pedersen zu Anfang verkündet: “Meistens hält uns nicht das Motorrad zurück. Wir sind es selbst. Es steht dort, du musst nur den Schlüssel reinstecken und losfahren”, ist es dann doch das Gefährt, dass Vogels die Reise aufhält. Es bleibt in den schlammigen Straßen der Mongolei stecken, die Vorradaufhängung zerreißt während eines Unfalls und hält ihn wochenlang in Indien fest. Das zeigt: Das Leben hält sich dann doch nicht an Allgemeinplätze. Und auch “Egal was kommt” würden weniger davon gut tun.

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(APA/Red)

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