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Dürrenmatt - Eine Liebesgeschichte - Trailer und Kritik zum Film

Im Mittelpunkt des Dokumentarfilms "Dürrenmatt - Eine Liebesgeschichte", der am Freitag im Kino anläuft, steht eine Frau, über die man kaum etwas weiß - außer, dass der Schweizer Dramatiker und Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt (1921 - 1990) ohne sie kaum leben konnte.

Aus alten Ton- und Bilddokumenten hat Regisseurin Sabine Gisiger eine fiktive Autobiografie über Lotti Geissler montiert.

Dürrenmatt – Die Geschichte

Zu Beginn des Films ein Blick ins Fotoalbum: Friedrich Dürrenmatt, mit zugekniffenen Augen an Lottis Seite, Dürrenmatt mit seinen Kindern, harmonisch sieht es aus. Und wieder: Dürrenmatt mit Lotti und Freunden im Restaurant, das Klischeebild von Intellektuellen in einem angeregten Gespräch. Danach verschwindet Lotti Geissler, die einst Schauspielerin und danach mehr als 40 Jahre lang treue Ehefrau war, allmählich von der Bildfläche. Als wäre sie mit Dürrenmatts zunehmendem Erfolg immer unsichtbarer geworden. 80 Stunden Archivmaterial hat Sabine Gisiger durchstöbert und keine weiteren Bild- oder Filmdokumente von ihr gefunden.

Die Zürcher Filmemacherin griff zu anderen Mitteln, um jene Frau, die dem Autoren zahlreicher Klassiker während Jahrzehnten Rückhalt bot, sichtbar zu machen. So kommt Dürrenmatts Sohn Peter zu Wort, der die Position Geisslers in der Familie in einem Satz umschreibt: “Meine Mutter musste sterben, damit ich begriff, dass ich eine Mutter und einen Vater hatte, die beiden waren immer zusammen.”

Auch Dürrenmatts Schwester Verena und seine Tochter Ruth treten in Erscheinung. Letztere liest jene Passage aus “Stoffe”, in der Dürrenmatt auf berührende Weise über den Tod seiner Frau schreibt. Und dann ist da noch das “Lied für Lotti” von Züri West – der Titelsong, der auf Dürrenmatts Gedicht “Vor uns hintastend, Liebes” basiert. An diesen Stellen wird die Doku zum Gefühlskino.

Dürrenmatt – Die Kritik

Die Zürcher Regisseurin rückt anstelle der Person die Lücke, die Dürrenmatts erste Frau nach ihrem Tod hinterließ, ins Zentrum. Indem der Zuschauer die Leere, die Stille, den verlorenen Dürrenmatt miterlebt, nimmt Lotti Geissler wie von selbst neue Gestalt an. Die Vorstellung, wer und wie sie war und wie sehr sie gebraucht wurde, entwächst den Interviews, in denen Dürrenmatt über seine Einsamkeit als Witwer spricht. Den zahlreichen Filmdokumenten, in denen man ihn zu Hause sieht, niedergeschlagen und lediglich in Gesellschaft eines Kakadus. Meist vertieft in seine Arbeit.

“Ich finde es schön, dass man weiß, dass es Lotti Geissler gegeben hat”, sagte Sabine Gisiger im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda. Sie habe ihre Wertschätzung jener Frau gegenüber zeigen wollen, die Dürrenmatt in der Öffentlichkeit nur selten erwähnte, “und nach der er von Journalisten wohl auch nie gefragt worden ist”. Weil abgesehen von den aktuellen Interviews mit Familienmitgliedern ausschließlich Dürrenmatt zu Wort kommt, sind der Humor und die Gedanken des “geduldeten Verrückten” hautnah erlebbar. Mehr als über die Ehe spricht er über die Passion für seine Arbeit – der Filmtitel ließe sich im Prinzip auch darauf beziehen.

Offen bleibt die Frage, wie Lotti Geissler gestorben ist und wie sich die Ehejahre davor, die im Film nur kurz als schwierig beschrieben wurden, gestaltet haben. Zu gerne würde man erfahren, wie sie mit der Berühmtheit ihres Mannes umgegangen ist, ob sie litt oder in ihrer Rolle aufging. Ein Jahr nach ihrem Tod heiratete der Schriftsteller die Schauspielerin und Regisseurin Charlotte Kerr. Und auf einmal gibt es wieder Bilder eines glücklichen Dürrenmatts – an der Seite seiner neuen Lotti. Ruth Dürrenmatt dazu: “Er konnte nicht alleine sein”.

(APA)

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