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Drehscheibe des urbanen Lebens

©Stefan Hauer
Einen Bahnhofplatz hat Dornbirn zwar schon sehr lange, zu einem wirklichen Platz ist dieser aber erst kürzlich geworden. Nicht zuletzt durch den Umbau des „Storchenhauses“ durch Architekt Johannes Kaufmann.
Drehscheibe des urbanen Lebens

Der Dornbirner Bahnhofplatz ist viel mehr als „nur“ das Entrée zu den Zügen der ÖBB. Als Auch-Busbahnhof ist er der zentrale Verkehrsknotenpunkt der Stadt, frequentiert täglich von Tausenden von Menschen, die hier ankommen, ein- oder umsteigen. Und so ist es ganz im Sinn der örtlichen Stadtplaner, dass der Platz von attraktiven Gebäuden umstellt ist. Angefangen mit dem umgebauten Bahnhof und der architektonischen Attraktivierung des Postgebäudes. Vis-á-vis steht ein feudales – unter Denkmalschutz stehendes – gründerzeitliches Haus, neben dem sachlich reduzierten „Haus Mittelmeer“, dem in Bälde ein Hochhaus zur Seite gestellt werden soll. In Sichtweite des Bahnhofplatzes wächst aber auch gerade die neue Zentrale der BTV in die Höhe, was die hier versammelten Architektursprachen um noch eine Facette erweitern wird. Deren auch qualitative Heterogenität für Dornbirns Stadtplaner Stefan Burtscher der beste Beweis für eine „lebendige, sich ständig verändernde, junge Stadt“ ist.

Am Bahnhofplatz steht auch das sogenannte „Storchenhaus“. Der Massivbau mit der für die Sixties typischen Rasterfassade und Walmdach war längst in die Jahre gekommen, durfte auf Wunsch der Stadt allerdings nicht abgerissen werden. Die Typologie der Fassade sollte erhalten bleiben, aber eine neue, heutige Interpretation erfahren. Die Arbeiterkammer hat sich auf dieses Wagnis eingelassen, das Gebäude gekauft und 2014 einen – geladenen – Generalplanerwettbewerb ausgeschrieben, den Johannes Kaufmann für sich entscheiden konnte.

Das Architekturbüro erarbeitete einen Entwurf, der sich raffiniert auf das Bestehende einlässt. Die ehemals durch durchgehende Lisenen gegliederten Fensterbänder wurden durch kastenartige, bronzefarben eloxierte Alu-Elemente akzentuiert, die der thermisch perfekt isolierten weißen Putzfassade vorgesetzt worden sind. Wodurch diese an Tiefe gewinnt, fast plastisch daherkommt, nicht zuletzt deshalb, weil die Fenster innen bündig eingesetzt sind.

Diese Fassadenelemente verpassen dem „Storchenhaus“ rundum ein markantes Profil. Etwas variiert kommt es teilweise im dritten und im vierten Obergeschoß daher, das statt des ehemaligen Walmdachs aufgesetzt wurde. Fensterbänder unterschiedlicher Länge haben nach dem gleichen Muster wie der Rest des Hauses Alu-Kästen bekommen. Noch an das alte „Storchenhaus“ erinnert dagegen das Erdgeschoß, das in einigen Jahren ebenfalls umgebaut werden soll. Nur der etwas schwer zu findende, in das Gebäude hineingezogene mittige Eingang in die oberen Etagen ist hier neu, genauso wie das aus Fertigteilelementen gebaute Stiegenhaus samt Lift.

Der Umbau des „Storchenhauses“ sei in mehrfacher Weise eine „tricky“ Angelegenheit gewesen, sagt Dark Schick vom Architekturbüro Johannes Kaufmann. Nicht zuletzt deshalb, weil der Betrieb der Lokale im Erdgeschoß während der ganzen Zeit nicht wesentlich gestört werden durfte. Und dies, obwohl die drei bestehenden Obergeschoße komplett ausgehöhlt wurden. Nur die massive Hülle wurde zugunsten von Grundrissen, die sehr flexibel sind, stehen gelassen.

Im ersten Obergeschoß hat die AK ihre Büros, darüber das BFI seine Seminarräume, die Hälfte des dritten und vierten Stocks belegt ein Physiotherapiezentrum. Die Atmosphäre ist durchwegs hell und angenehm unaufgeregt. In den Büros liegen graue Teppichböden, die Trennwände und Türen sind aus Holz genauso wie die tiefen, teilweise zu Regalen ausgebildeten Stauräume unter den Fenstern.

Hofseitig wurde ein kleines flaches Haus für die Müllsammlung bzw. die Fahrräder gebaut. Zur Straße hin wurden die Autos zugunsten einer neuen Bushaltestelle verbannt. Mit dem Effekt, dass dort, wo früher sechs Menschen ihre Autos parken konnten, nun täglich Tausende Buskunden bequem warten und unbehindert aus- und einsteigen können.

Daten & Fakten

Objekt Generalsanierung Bahnhofstraße 23, Dornbirn
Bauherr Kammer für Arbeiter und Angestellte Vorarlberg
Architektur Johannes Kaufmann Architektur / Johannes Kaufmann GmbH
Projektleitung DI (FH) Dark Schick
Mitarbeiter DI (FH) Dark Schick, an diesem Projekt DI Christos Hantzaras
Statik zte Leitner ZT GmbH, Schröcken
Fachplaner: Elektroplanung: Ludwig Schneider, Egg; HKSL: Koller & Partner Ges.m.b.H., Bregenz; Bauphysik: DI Dr. Lothar Künz ZT GmbH, Hard; Wasserwirtschaft: Ingenieurbüro Landa GmbH, Dornbirn
Wettbewerb (Jahr) 2014
Planung 2014-2015
Bau 12/2015-12/2016
Ausführende Firmen: Baumeister: Rhomberg Bau GmbH; Außenanlagen und Nebengebäude: Hilti & Jehle GmbH; Holzbau und Dämmfassade: Fussenegger Holzbau GmbH; Böhler Fenster GmbH; Dachdecker: Peter GesmbH; Verputzarbeiten: Manfred Fehr; Elektro: Elektro Kirchmann GmbH; HKS: Markus Stolz Gmbh 6 Co.KG; Lüftung: Hörburger GmbH; Trockenbau: Fischer Trockenbau GmbH; Malerarbeiten: Günter Schwendinger; Alu-Fassadenelemente: Felder Metall GmbH u. v. a.
Bauweise: Massiv, Holz, Stahl, Mischkonstruktion, Renovierung, Zubau/Ausbau; EG–OG3 (Sanierung): Gemauerter Massivbau mit tragendem Betonskelett und Ziegeldecken; OG4 (Aufstockung): gedämmte Hohlkastenelemente und tragende BSH-Konstruktionen, Dachscheibe und Technikzentrale mit BSP
Grundstücksfläche ca. 944 m²
Nutzfläche EG (Bestand) ca. 222 m², OG 1–OG 4 (Sanierung) 897,5 m² Technikzentrale (Dach) 43,5 m² Nebengebäude ca. 54 m²
Energiekennwert 14 kWh/m²a
Gesamtkosten 3.150.000 Euro netto

Leben & Wohnen – Immobilienbeilage der VN

Für den Inhalt verantwortlich:
vai Vorarlberger Architektur Institut
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Mit freundlicher Unterstützung durch Arch+Ing

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