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Dragon Age Origins: Rollenspiel Deluxe

Filmreif: Helden gegen Dunkle Brut. Nicht immer so unblutig.
Filmreif: Helden gegen Dunkle Brut. Nicht immer so unblutig. ©Waibel
Wenn EIN Spiel aus der durchwegs guten grauen Masse 2009 herausragt, dann fällt mir nur ein Titel ein, der für Rollenspieler schlichtweg eine Offenbarung war: Dragon Age Origins von Bioware.  

Fans wissen es ohnehin: Was die Kanadier anpacken, das wird. So war denn auch die Erwartungshaltung nach Baldurs Gate hoch, ob es die Entwickler schaffen, an die Klasse dieses Rollenspiels aus längst vergangenen Zockertagen anzuknüpfen. Erste Previews und Vorschaubilder und Videos deuteten auf ein intensives Spielerlebnis mit hohem Gewaltgrad hin.

Zur Geschichte von Dragon Age Origins. Jahrhunderte sind ins Land gezogen, seitdem die Grauen Wächter siegreich über die Dunkle Brut triumphiert haben. Ferelden war somit erst einmal vor dem Untergang gerettet. Doch unter der Führung eines Erzdämons erhebt sich die dämonische Brut neu. Der Beginn des Spiels klärt den ominösen Zusatz „Origins“ im Titel. Man wählt nämlich nicht nur irgendeinen Charakter, einen namenlosen Kämpfer, sondern durchlebt in der Person des Hauptprotagonisten und seiner Gefährten auch deren höchstpersönliche Geschichte. Während des Spielens schreibt sich quasi ein Buch um die Handlung, die durch persönliche Entscheidungen und das Verhältnis seiner gewählten Streiter untereinander maßgeblich geprägt wird. Und während der Spieler sich noch in einer Anwärterschaft um die Aufnahme zu den Grauen Wächtern plagt, braut sich hinter seinem Rücken bereits drohendes Unheil zusammen.

Plötzlich findet sich der Protagonist in einer Schlachtszenerie wieder, die frappant an das Herr der Ringe-Setting und im speziellen an die Belagerung von Helms Klamm erinnert. Nebst vielen fantastischen Videos gehört der Sturm der Dunklen Brut auf die Festung der Fereldianer zu meinen größten Gänsehautmomenten im Spiel. Ab diesem Zeitpunkt entwickelt sich ein Story-Sog, dem man nicht mehr entkommt. In einer schier aussichtslosen Schlacht glaubt man an das Gute im Menschen, während man eines fürchterlichen Verrats gewahr wird. Der König, viele gute Fereldaner und der persönliche Mentor und Ausbildner der Grauen Wächter, Duncan fallen in einem sinnlosen, brutalen Gemetzel der Dunklen Brut zum Opfer. Ab diesem Zeitpunkt hasse ich den Verantwortlichen in Gestalt von Loghain, und ich schwöre insgeheim, den Typen eines Tages über meine Klinge springen zu lassen. Und so wird es auch kommen, unzählige spannende Spielstunden später, obgleich er ein guter und harter Mitstreiter sein hätte können. Derart heimtückischer Verrat kann nur mit Blut gesühnt werden. Überhaupt schafft es Dragon Age Origins wie kaum ein anderes Spiel, den Spieler emotional zu binden.

Fortan zieht mein Avatar durch die Welt von Ferelden, um Verbündete zu finden im Kampf gegen die Dunkle Brut. Und während sich mehr und mehr Helden dem persönlichen Heldentrupp anschließen, zieht man die Sympathie von mehr und mehr Allierten auf seine Seite, für die große Schlacht gegen die Dunkle Brut. Dass man dabei die Herzen der grummlig grantigen Zwerge wie auch der verstoßenen und verbitterten Elfen gewinnen muss, erinnert auch frappant an Tolkiens Werk. Natürlich lassen sich erste Scharmützel mit Vorhut-Trupps der Dunklen Brut nicht vermeiden, und man lernt sich schnell in die eingängige Steuerung und das übersichtliche Interface ein. Dass sich Kämpfe pausieren lassen, nimmt Stress aus dem Spiel. Nach der jeweils ersten Eröffnungspause steht es Action-Freaks aber auch frei, in Echtzeit zu kämpfen. Dabei kommt Magie zum Zuge, wie auch rohe Gewalt mit Schwert und Schild, garstig vergiftete Pfeile und die heilenden Hände unserer Priesterin. Dabei ist der Gewaltfaktor entsprechend hoch, der Lebenssaft sprudelt in Fontänen. Die Blutdarstellung darf für zarter besaitete Zeitgenossen im Menü etwas entschärft werden, dann sehen zumindest die Rüstungen der Streiter nach dem Kampf nicht aus, als hätten sie eine Blutdusche genommen.

Während der Reise durch Ferelden und auch eine Art Traumwelt, in der man gegen Dämonen in ihrer wahren Gestalt und Macht zu kämpfen hat, wachsen nicht nur der Hauptprotagonist sondern auch seine Mitstreiter an der Erfahrung und steigen im Level auf. Mehr Fähigkeiten und mehr Durchschlagskraft im Kampf sind die Belohnungen. Gegner lassen, wie es sich für ein gutes Rollenspiel gehört, auch Gegenstände fallen, auch Kisten gilt es auszuräumen. Ein guter Schurke in der Truppe vorausgesetzt, der verschlossene Türen und Kistenschlösser aufbrechen kann, kommt man recht rasch zu einem bescheidenen Wohlstand und einer gut ausgerüsteten Mitstreiterschaft. Daneben lassen sich Heiltränke brauen, Fallen bauen und den Hauptprotagonisten an den Diplomatiefähigkeiten arbeiten.   

Während zu Beginn die Kämpfe noch sehr leicht ablaufen, ist ab dem zweiten Drittel des Spiels taktisches Geschick und gutes Teamplay und Pausieren des Spiels erforderlich, um aus den Scharmützeln siegreich und ohne Verluste hervorzugehen. Durch die unterschiedlichen Möglichkeiten, seine Gruppe aus verschiedenen potentiellen Mitstreitern zusammenzusetzen. Je nach Geschmack und persönlichen Vorlieben stellt man aus einem immer größer werdenden Pool von Mitläufern sein Kampfteam zusammen oder wechselt im Lager Mitstreiter aus. Denn nebst den Fähigkeiten bringt auch jeder der Kameraden eine eigene Persönlichkeit mit. Was sich auf die Stimmung in der Gruppe und somit auch die Kampfmoral auswirkt. Da Situationen unterschiedlich gelöst werden können, erntet man hier auch Sympathie oder Antipathie von den Mitstreitern. Eine heißspornige Magierin beispielsweise möchte Konflikte prinzipiell mit viel Gewalt lösen. Andere Mitglieder des Teams könnten einem das krumm nehmen und einen sogar verlassen, wenn die Sympathie gen Null sinkt.  

Steuern lassen sich die KI-Kameraden entweder auch durch Wechsel in die Person desselben während des Kampfes – man kann hier zwischen den Protagonisten hin und herwechseln – oder durch ein vorgefertigtes, aber auch selbst noch fein definierbares Regelwerk nach dem „WENN-DANN“-Muster. Die KI funktioniert beachtlich gut. Auch sonst weiß der Titel, der auf PC, 360 und PS 3 parallel erscheint, durchaus technisch zu überzeugen. Wenngleich: Auch hier hat der PC die Nase vorn, nicht nur was die Knackigkeit der Texturen und die Schärfe der gesamten Grafik anbelangt. Denn mit dem Game lieferte Bioware einen Editor aus, der es der Modder-Community ermöglicht, nicht nur optische Veränderungen am Spiel vorzunehmen. So waren bereits kurz nach Release zahlreiche Texturmods sowie Ausrüstungsmods im Umlauf, die nach dem Download im Spiel aktiv sind und dieses nicht nur optisch aufmotzen. Sogar ganze neue Kampagnen sind in Arbeit, da können Gamer nach dem Durchspielen des Spiels auf eine Vielzahl spannender Inhalte hoffen.

Fazit

Dragon Age Origins zähle ich zu den Höhepunkten des Jahres 2009, Rollenspiel-Fans werden im neuesten Bioware-Machwerk ihre Erfüllung finden und die düstere Geschichte rund um den Kampf gegen die Dunkle Brut zu ihrem persönlichen 2009er Highlight küren. Bioware hat einmal mehr abgeliefert. Und so blicken Fans der kanadischen Edel-Softwareschmiede erwartungsvoll in Richtung Veröffentlichung des ersten Bioware/Lucas Arts MMO, das Ende 2010 erwartet wird: Mit Star Wars The Old Republic werden die Kanadier einmal mehr beweisen, dass sie den meisten Entwicklerstudios etwas voraus haben, dessen bin ich mir sicher. Sie werden einmal mehr zeigen, dass sie nicht nur Qualität abliefern, sondern die Fans immer wieder insbesondere mit erzählerischen Inhalten zu fesseln vermögen. Und bis dahin wird Dragon Age Origins nicht zuletzt aufgrund der treuen Fangemeinde noch einiges an Erweiterungen erleben, bis letztlich Dragon Age Origins 2 irgendwann neue Maßstäbe setzen wird. Dragon Age Origins hat die Baldurs Gate-Reihe mit Bravour beerbt. Exzellente Unterhaltung für erwachsene Rollenspieler!

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