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„Don’t Smoke“ nützt Strache

©APA/EXPA/Jakob Gruber
Gastkommentar von Johannes Huber. Mag sein, dass Hunderttausende für ein generelles Rauchverbot unterschreiben und sich über den FPÖ-Chef ärgern. Wieder einmal aber sollte man ihn nicht unterschätzen.


Klar, im Zusammenhang mit dem Volksbegehren für ein generelles Rauchverbot in Lokalen muss man Vizekanzler Heinz-Christian Strache einiges vorwerfen: Was hat er sich nicht jahrelang als großer Verfechter der direkten Demokratie ausgegeben und auch gefordert, dass ein Begehren ab 250.000 Unterschriften zwingend zu einer Volksabstimmung führen soll? Sie erinnern sich? Klar, es ist ja erst vier, fünf Monate her, dass er das zum letzten Mal getan hat; vor der Nationalratswahl im Oktober 2017 nämlich. Also wird ihm das wohl auch selbst noch erinnerlich sein.

Umso verwerflicher ist, dass er jetzt, da es konkret wird, nichts mehr davon wissen will. Wobei man unterstellen kann, dass das ausschließlich daran liegt, dass ihm dieses eine Volksbegehren missfällt. Anders ausgedrückt: Direkte Demokratie soll es ganz offensichtlich nur dann geben, wenn es in seinem Sinne ist; was natürlich vollkommen widersinnig ist, weil das bedeutet, dass im Zweifelsfall rein gar nichts vom Volk ausgehen soll.

Das muss gesagt sein. Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass sich der FPÖ-Chef einzig und allein in der Frage des Rauchverbots nicht und nicht bewegen will. Bei der sofortigen Abschaffung der Kalten Progression hat er genauso nachgegeben wie bei der Streichung der Pflichtmitgliedschaft bei den Kammern. Ersteres wird in ein paar Jahren nur „geprüft“ und letzteres nicht einmal mehr angedacht.

Da muss man sich schon die Frage stellen: Warum ist Strache so vieles andere ungleich weniger wert als das Rauchen? Daran, dass er ein so großer Anhänger von Freiheitsrechten wäre, kann es nicht liegen; sonst würde er nicht gleichzeitig ein neues Überwachungspaket begrüßen. Unterschätzen würde man ihn wiederum, unterstellte man, es gehe ihm ausschließlich darum, selbst auch in Zukunft da und dort eine Zigarette anzünden zu können.

Es geht um viel mehr. Und das sollten all jene beachten, die meinen, das „Don’t Smoke“-Volksbegehren schade Strache. Es ist vielmehr umgekehrt, es nützt ihm.

Wenige Themen polarisieren so sehr wie das Rauchen. Und wenn drei Viertel der Österreicher zu 100 Prozent entschieden dagegen sind, dann ist ein Viertel ebenso stark dafür. Und wenn rote, grüne, türkise, schwarze und pinke Politiker auf der Seite der Mehrheit stehen, dann vertreten die Blauen die Minderheit allein. Rein strategisch gesehen ist das ein Punkt für sie: So etwas bindet, so etwas ist Wählerpflege wie aus dem Lehrbuch.

Und das kann Strache gerade in Zeiten wie diesen nur passen, in denen die Regierungsarbeit mit Ankündigungen wie dem 12-Stunden-Tag sowie eigene Parteifreunde mit antisemitischen Liedertexten mehr Probleme machen als er ertragen kann; da ist das sogar eine willkommene Geschichte.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analyse und Hintergründe zur Politik

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