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Disney für Erwachsene: Split Second Velocity

Da fliegen die Fetzen: Split Second Velocity mit Adrenalingarantie.
Da fliegen die Fetzen: Split Second Velocity mit Adrenalingarantie. ©Waibel
Mit Split Second reiht sich ein weiteres Spiel in die Reihe der Fun-Racer ein, und kann seine Wurzeln bei der genialen Burnout-Reihe nicht verleugnen. Hier fliegen die Fetzen, und das ist auch schon das zentrale Spiel-Element.
Split Second

Dabei ist Split Second beileibe keine tumbe Schrottorgie: Zwar werden Blechzerstörungen ähnlich fulminant in Szene gesetzt wie die kultigen Burnout-Crashs, doch der Hintergrund ist hier ein anderer.

Als Fahrer am Steuer eines lizenzfreien doch nicht minder schnittigen Renners ist man Teil einer Real-Life-Fernsehshow. Quasi als Stuntman geht es darum sich mit einigen weiteren Verrückten irrwitzige Rennen zu liefern, deren Inhalt es nicht unbedingt ist, der schnellste Fahrer zu sein. Denn das zahlenden Volk vor der Glotze zuhause will unterhalten werden, dafür scheut das Studio, in dessen Kulisse die Rennen stattfinden, keine Mühen und Kosten. Flugzeuge können vom Himmel stürzen, Schiffe auf Land laufen, Häuser und andere Bauwerke brechen, durch eine Sprengung ausgelöst, effektvoll in sich zusammen und – natürlich auch auf die Rennstrecke. Ausgelöst werden diese Powerplay genannten Effektgewitter á la Hollywood durch die Fahrer selbst und durch Trigger, die auf der Strecke verteilt sind.

Zuvor steht aber die hohe Kunst des coolen Rennfahrens – durch Drifts, Sprünge oder auch geschickte Fahrmanöver im Windschatten des Vordermanns lädt man die Energieanzeige auf, um sie je nach Füllung an gewissen Stellen des Rundkurses in mehr oder weniger starke Events umzusetzen. Das können defensive oder auch offensive Events sein, hier ist taktisches Feingefühl angesagt: Soll es eine eigens freigesprengte Abkürzung sein, oder einfach nur ein paar fiese Explosionen am Rande der Strecke, um die Gegner vom Kurs abzubringen? Bei voller Energieanzeige holt man bei Bedarf auch Flugzeuge vom Himmel, um sie den vorausfahrenden Opponenten vor den Kühler zu knallen, oder sprengt einfach die Strecke, um die Kursführung total zu ändern, indem eine darunter verlaufende Alternativstrecke freizulegen. Bei soviel Effekten am Screen kommt garantiert keine Langeweile auf.

Wenn dann ein monströser LKW ins Fahrerfeld kracht oder ein großer Teil der Strecke wie von Geisterhand in Flammen aufgeht, dann hatte garantiert einer der Fahrer die Hand am Knöpfchen. Man hat aber zum Teil bei den ultimativen Zerstörungseffekten alle Hände voll zu tun, um nicht selber in die Zerstörungsorgie hineingezogen zu werden, selbst wenn sie von einem ausgelöst wurden. Dabei garantiert Split Second Velocity Adrenalinschübe am laufenden Band – die eigentliche Stärke des ansonsten sehr arcadigen Racegames. 

Während es bei den eigenen Initiativen eher taktisch zugeht – sollen mit kleinen Störaktionen die Gegner ständig gefrotztelt werden oder spart man seine Punkte für die filmreifen Mega-Effekte – kann die Defensive ordentlich stressig sein. Denn obwohl gegnerische Aktionen auch kurz vorher angekündigt werden, bleibt oft einfach nicht mehr die Zeit, ihnen auszuweichen. Das kann, insbesondere kurz vor dem rettenden Ziel und einer Bestplatzierung, zuweilen ärgerlich sein, weil es einen den Sieg kostet. Man sollte sich im Klaren sein, dass Siegen in Split Second auch Glück voraussetzt, nicht nur fahrerisches Können und geschickte Planung. Das  Gewinnen der Rennen ist aber gottlob nicht für den spielerischen Fortschritt überlebensnotwendig, da man auch auf den hinteren Plätzen Credits einheimst, mit denen neue Spielmodi oder neue Wagen freigeschaltet werden können. Mit dem neuen Boliden, der schneller beschleunigt oder besser driftet, steigen die Chancen auf einen der vorderen Plätze dann auch wieder.

Angesichts der sanft ansteigenden Lernkurve dürften größere Frusterlebnisse eher Seltenheitswert besitzen, die Motivation bleibt erhalten, auch spätere, lustige Events freizuschalten. Nebst genretypischer Rundrennen gilt es in witzigen Veranstaltungen zum Beispiel vor LKWs mit herabfallenden Explosionsfässern oder mit Raketen schießenden Hubschraubern zu flüchten oder eine Art „Last Man Standing“-Modus zu überleben. Das gesamte Renngeschehen wird durch eine skurrile TV-Show-Präsentation untermalt.

Nebst dem Spielwitz liegt die eigentliche Stärke von Split Second Velocity in der Technik. Da zeigt sich Disney Interactive als Newcomer der Branche nämlich durchaus als sehr versiert. Die verwendete Engine spielt locker mit den fulminant inszenierten Effekten: Rauch, Explosionen, Trümmer, riesige Objekte, die in die Rennstrecke krachen. All das zeigt Split Second in geschmeidigen 60 Bildern pro Sekunde. Dabei sind selbst die Strecken selbst und ihre Umgebung durchaus sehr schön gestaltet, Pappkameraden von anno dazumal sind hier passé. Die Steuerung der Boliden ist eingängig, die Soundkulisse wuchtig, einzig die Synchro ist wieder einmal halbgar bis katastrophal.

Fazit

Mit Split Second Velocity präsentiert sich Disney Interactive erstmals als ernstzunehmender Produzent von Videospielen. Split Second hat eine witzige Grundidee, die in seiner Crashromantik durchaus seine Wurzeln in der Burnout-Reihe hat und fulminant in Szene gesetzt wurde. Dabei ist das Geschehen ein grafischer Leckerbissen und durchaus familientauglich – Personen kommen hier nicht sichtbar zu Schaden. Abseits der klassischen Strategie, Rennen zu gewinnen, will der Titel primär eines: Mit Effektgewittern und Spielwitz unterhalten. Ein integrierter Split-Screen-Modus sorgt dabei für allerlei Kurzweil in Gesellschaft, Spieltiefe erwartet man hier aber vergebens. Das größte Manko von Split Second Velocity ist es aber, dass es fast zeitgleich mit dem ebenso großartigen Blur veröffentlicht wurde und somit einiges an Potential verschenkt hat. Wer auf bildgewaltige adrenalinhaltige Action in technischer Vollendung steht, sollte hier aber unbedingt zugreifen!

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